Von Andrea Schawe
Meißen/Dippoldiswalde. Ihre Vergangenheit wird sie hier einholen, kündigt der Staatsanwalt vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde an. „Haben Sie einmal darüber nachgedacht, was diese Anklage für Sie bedeutet?“, fragt er. „Sie machen genau das, was man nicht machen darf und jetzt sitzen wir hier.“ Ariane D. wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, neben ihr schläft ihr zwei Monate altes Baby. „Ich weiß, dass es falsch war“, sagt die 30-jährige Angeklagte.
Die Meißnerin soll im August 2014 in die Wohnung ihres Ex-Verlobten in Freital eingebrochen sein und dort einen Fernseher, einen DVD-Player, einen Laptop, den Verlobungsring und Kosmetikartikel mitgenommen haben – Gesamtwert etwa 1 500 Euro. Sven S. war zu dieser Zeit im Urlaub. Ariane S. hatte noch einen Schlüssel zu der Wohnung, erklärt ihr Verteidiger Martin Wissmann. „Ja, sie hat die Sachen mitgenommen.“ Sie seien ein Pfand gewesen, weil ihr Ex Ariane D. noch Geld schulde. Etwa 700 Euro sollen das sein. Den Laptop und den Fernseher habe sie aber dabei, die Sachen könne er heute wiederkriegen. „Es war immer geplant, die Sachen zurückzugeben“, sagt der Anwalt. Sven S. war allerdings entschuldigt, weil er zum Gerichtstermin im Urlaub war.
„Ich habe alles bezahlt“, sagt Ariane D. Die Einrichtung, als sie zusammenzogen, die Miete. „Als wir uns kennenlernten, hatte ich 3 500 Euro auf dem Konto, bei der Trennung war ich pleite.“ Sven S. habe sie von heute auf morgen verlassen, sei dann drei Monate abgetaucht und habe sich nicht mehr gemeldet. Später soll er Ariane D. per SMS bedroht haben. „Er schrieb, mich werden Leute abholen, um mich in den Wald zu schaffen, oder dass meine Galgenfrist langsam aber sicher ablaufe.“
Irgendwann habe sie nicht weiter gewusst, wie sie an ihr Geld kommen sollte, sagt ein Freund der Angeklagten als Zeuge aus. „Sie sagte, sie wusste keinen Ausweg mehr.“ Zu der Zeit habe sie selbst Geldprobleme gehabt. „Sie hat gesagt, entweder er zahlt jetzt oder die Sachen werden zu Geld gemacht“, berichtet der Zeuge. Den DVD-Player habe sie bereits für 30 Euro verkauft – eigentlich ist das Hehlerei, angeklagt ist die 30-Jährige aber nur wegen Einbruchdiebstahls.
Vorbestraft wegen Drogenhandels
Außerdem seien nach der Trennung sehr viel Wut und Hass zwischen den beiden gewesen. „Das war so eine italienische Beziehung“, sagt der 28-Jährige. Sie seien sehr temperamentvoll gewesen, aber Sven S. habe sie nie geschlagen. Er sei schnell laut und ausfällig geworden, habe oft die Fassung verloren und dann die Wohnungseinrichtung demoliert – „ein reizbarer Mensch“. Außerdem habe er Probleme mit Alkohol, „das ist für ihn ein Grundnahrungsmittel“, sagt der Zeuge, der auch ein Arbeitskollege von Sven S. war. Früher sei er auch in dubiosen Kreisen unterwegs gewesen, hatte mit Drogengeschäften, Gewalttaten und Prostitution zu tun. Richterin Daniela Höllrich-Wirth möchte auch Sven S. als Zeugen hören.
„Die Beziehung war offenbar schwierig“, sagte Rechtsanwalt Wissmann. „Das ist eine besondere Situation: Trennung, Schwangerschaft, Bewährung.“ Ariane D. ist mehrfach wegen Drogenhandels vorbestraft, die Freiheitsstrafen wurden alle zur Bewährung ausgesetzt. 2014 wurde sie aber erneut wegen des Handels mit 500 Gramm Haschisch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt – die Strafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
„Sie wissen, dass es bei mir keine zweite Bewährung gibt“, sagt die Richterin. Im Falle einer Verurteilung droht Ariane D. Gefängnis. „Ich habe einfach rot gesehen. Er hat mich nur ausgenutzt“, sagte die Angeklagte unter Tränen. Der Prozess wird fortgesetzt. Anfang September soll Sven S. aussagen.