Berlin/Kiew. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vom russischen Präsidenten Wladimir Putin ein klares Bekenntnis zu den Genfer Vereinbarungen für die Ukraine verlangt. Merkel forderte Putin nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in einem Telefonat dazu auf, öffentlich deutlich zu machen, dass er die Vereinbarungen aus der vergangenen Woche „voll unterstützt“. Der bisherige Verlauf sei „absolut enttäuschend“.
Der Westen wirft Russland vor, weder die Entwaffnung von prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine noch andere Zusagen aus Genf umgesetzt zu haben. „Nichts davon ist bisher geschehen“, sagte Seibert. Deutschland sei deshalb auch zu einer neuen Runde von Sanktionen gegen Moskau bereit. „Da möge sich keiner täuschen. Diese Bereitschaft besteht weiterhin“, sagte Seibert.
Weitere Telefonkonferenzen geplant
Im Laufe des Tages sollte es zur Entwicklung im Osten der Ukraine noch eine Telefonkonferenz der Kanzlerin mit US-Präsident Barack Obama und europäischen Staats- und Regierungschefs geben. Am Nachmittag wurde zudem Polens Ministerpräsident Donald Tusk im Kanzleramt zu einem Gespräch erwartet. Auch dabei dürfte es vor allem um den Konflikt in der Ukraine gehen.
In dem Telefonat mit Putin äußerte Merkel abermals ihre „großen Sorgen“ über die Lage im Osten der ehemaligen Sowjetrepublik. Dennoch gilt nach Seiberts Worten weiterhin: „Es bleibt weiter richtig, das Gespräch zu suchen. Es müssen immer wieder Möglichkeiten ausgelotet werden, ob es einen politischen Ausweg aus dieser sehr schweren Krise gibt.“ Aus deutscher Sicht kommt dabei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Schlüsselrolle zu.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte in einem Schreiben an den amtierenden OSZE-Vorsitzendenden, den Schweizer Außenminister Didier Burkhalter, mehr Unterstützung an. Von zentraler Bedeutung sei, dass die vier Unterzeichner des Genfer Vereinbarungen - die USA, die EU, Russland und die Ukraine - „sichtbare politische Rückendeckung“ zeigten. Dies könne etwa „durch gemeinsame hochrangige Reisen im Vierer-Format nach Kiew, in den Osten und den Westen des Landes“ geschehen. (dpa)
„Anti-Terror-Operation“ läuft weiter
Prorussische Separatisten zerstörten in der krisengeschüttelten Ostukraine einen Armeehubschrauber. Ein Scharfschütze habe auf dem Militärflugplatz in Kramatorsk in den Tank der am Boden stehenden Maschine geschossen, sagte der Chef des Antiterrorzentrums, Wassili Krutow, in Kiew. Der Hubschrauber vom Typ Mi-8 sei explodiert, der Pilot sei beim Sprung aus der Maschine verletzt worden.
Die Sicherheitskräfte würden ihre „Anti-Terror-Operation“ unverändert fortsetzen, sagte Krutow. So versuchten Sondereinheiten, die Stadt Slawjansk abzuriegeln. „Damit soll verhindert werden, dass die prorussischen Kräfte Verstärkung erhalten“, sagte er.
Krutow bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass am Vortag bei Zusammenstößen in Slawjansk fünf prorussische Aktivisten getötet worden waren. Ein Militärangehöriger sei verletzt worden.
Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko machte unterdessen Kremlchef Wladimir Putin „persönlich verantwortlich“ für den Tod des Politikers Wladimir Rybak von ihrer Vaterlandspartei. „Der Krieg, welcher der Ukraine aufgezwungen wurde, wird zum Ende Ihres Regimes“, schrieb Timoschenko in einem Offenen Brief an den russischen Präsidenten. Rybak war vor wenigen Tagen nahe Slawjansk ermordet gefunden worden. (dpa)