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Millionenaufträge für Waggonbau Niesky

Die Produktion im insolventen Werk läuft weiter, das dürfte bei der Investorensuche helfen.

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© André Schulze

Von Thomas Staudt

Trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das zuständige Amtsgericht Dresden am 1. März, läuft die Produktion im WBN Waggonbau Niesky GmbH weiter. Jetzt wurde ein bedeutender Großauftrag über 149 Autotransportwaggons für einen namentlich nicht genannten Logistiker mit einem Gesamtvolumen von mehr als 23 Millionen Euro unterzeichnet. Darüber hinaus konnten kleinere Aufträge über elf Millionen Euro gesichert werden, deren Erfüllung durch den Insolvenzantrag gefährdet war.

Schon Anfang März hatte Insolvenzverwalter Jürgen Wallner den Abschluss eines Auftrags über den Neubau von 160 Schüttgutwaggons für die K+S AG mit einem Auftragsvolumen im unteren zweistelligen Millionenbereich bekannt gegeben. Damit ist die Produktion bis Ende 2018 größtenteils ausgelastet.

Beeinflussen die positiven Nachrichten aus dem operativen Geschäft auch die Suche nach einem neuen Investor? Insolvenzverwalter Wallner meint ja. Die erfolgreiche Auftragssicherung habe durchaus einen positiven Einfluss auf den strukturierten Prozess zum Unternehmensverkauf. Die aktuelle Auftragslage sowie die Perspektive für zukünftige Projekte verschafften dem Unternehmen Luft und böten dem neuen Investor eine gewisse Sicherheit. „Durch die positive Resonanz der Investoren sind wir weiterhin zuversichtlich, bis zum 30. Juni einen finanzstarken Investor mit tragfähigem Konzept zu finden“, so Wallner.

Der Ausleseprozess, wer im Waggonbauwerk Niesky bei der künftigen Ausrichtung des Unternehmens das letzte Wort hat, geht in die finale Phase. Bekundeten Mitte März noch 45 strategische sowie Finanzinvestoren aus Europa und Übersee ihr Interesse an einer Übernahme des insolventen Schienenfahrzeugbauers, waren es Ende des Monats noch 13. Das geht aus einer Mitteilung des Insolvenzverwalters Wallner vom Freitag hervor. Es handele sich um unverbindliche Angebote von potenziellen Investoren, so Wallner. Mit einzelnen Interessenten seien bereits persönliche Gespräche geführt worden, in die auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) einbezogen gewesen seien. Darüber hinaus habe es mit einzelnen Interessenten Werksbesichtigungen gegeben. In den nächsten Tagen werden ausgewählte Investoren mit der vertieften Prüfung des Waggonbau beginnen, so Wallner weiter. Um wen es sich handelt, teilte er nicht mit.

Positiv äußerte sich auch der Chef der IG Metall Ostsachen. Jan Otto war teilweise an den Gesprächen in Dresden beteiligt. „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es durchaus Interessenten, die wir unterstützen würden.“ Voraussetzung für ein positives Votum seitens der Gewerkschaft sei die komplette Übernahme aller Liegenschaften und des gesamten Personals. Deshalb setze man bevorzugt auf strategische Investoren. Mit Kapitalbeteiligungsgesellschaften aus dem Private-Equity-Bereich habe man schließlich schlechte Erfahrungen gemacht. Die Strategie, sich seitens der Gewerkschaft mit Streiks zurückzuhalten, wertete er als klug und richtig. Neue Aktionen seien vorerst nicht geplant. „Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt keine erheblichen Befürchtungen, dass die Suche nach einem Investor scheitern könnte“, sagte Otto.

Im Werk in Niesky gilt trotz der guten Nachrichten noch immer Kurzarbeit. Das wird sich voraussichtlich auch im nächsten Monat nicht ändern. Laut dem Betriebsratsvorsitzenden Peter Jurke sind die verschiedenen Funktionsbereiche in unterschiedlicher Weise betroffen. Die Insolvenz hemme den Produktionsprozess, so Jurke gegenüber der SZ. Die momentane Stimmung unter den 300 Beschäftigten beschrieb er als verhalten positiv. Die jetzt bekannt gewordene Neuakquise von Aufträgen habe kein Gefühlsbeben ausgelöst.