Von Jens Hoyer
Döbeln. Reingard Pritsche sitzt mit Gustav auf einem der winzigen Stühle im Gruppenraum und versucht mit dem Dreijährigen, mit einem Handbohrer ein Loch in einen Papprolle zu stechen. „Das geht aber heute schwer“, meint sie. Es ist Bastelstunde in der Gruppe der Kita St. Florian. Und Reingard Pritsche ist keine Erzieherin. Die 62-Jährige hilft – ganz freiwillig.
Weil sie nicht gern zu Hause sitzt. Und weil es ihr Spaß macht. Und auch, weil die Kinder sie mögen. „Ich habe mein ganzes Leben lang gearbeitet und kann nicht einfach aufhören“, sagt sie. Bis 60 war sie bei der Deutschen Rentenversicherung angestellt. Jetzt ist sie dreimal in der Woche im Kindergarten. „In der Kirche wurden Omas gesucht, die mal etwas vorlesen“, erzählt sie. Dabei blieb es nicht. Ganz spontan half sie beim Anziehen, wenn die ganze Gruppe auf einmal in die Anoraks gesteckt werden musste. „Da gehen die Schuhe nicht zu oder der Reißverschluss klemmt.“ Ganz schnell seien die Kinder auf sie zugekommen „Tante, hilf mal“, erzählt sie.
„Es macht Spaß, den Kindern zu helfen“, sagt Reingard Pritsche. Sie hat zwar selbst zwei erwachsene Kinder, Enkel hat sie aber nicht. Beim gemeinsamen Kochen mit den Kindern passt sie auf, dass beim Schälen der Möhre noch etwas übrig bleibt und dass beim Backen nicht aus Versehen ein Ei zerdrückt wird. „Bei so kleinen Kindern geht das schnell.“ Auch bei der Abschlussfahrt der Schulanfänger hatte das Team des Kindergartens gerne die Hilfe der Döbelnerin angenommen.
Für die Erzieher ist Reingard Pritsche schon etwas mehr als die nette Tante. „Das ist Spitze, dass sie hilft. Bei dem Personalschlüssel kann man jede Hilfe brauchen, wenn jemand Herz hat und mitdenkt“, sagt Stefan Hagedorn, stellvertretender Leiter der Kita. Gerade in der kälteren Jahreszeit, wenn viel anzuziehen ist, sei jede zusätzliche Hand gefragt. „Die schnelleren Kinder können dann schon in den Garten und die anderen Kinder können unter Aufsicht das in ihrem Tempo zu Ende bringen.“ Helfer seien immer nötig, auch wenn mal personelle Not herrscht. Etwa für eine Schlafwache. „Es gibt bei uns eine Notfallliste mit Leuten, die wir dann anrufen können. Das ist ganz praktisch.“
Mit ihrem Engagement im Kindergarten ist die Reingard Pritsche noch nicht ausgelastet. Zweimal in der Woche hilft sie auch in einer Familie mit vier Kindern. „Ich spiele und lese mit den Kindern und mache mit ihnen Hausaufgaben.“