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Mit Brief und Siegel

Das Handwerk in Ostsachsen feiert am Sonnabend seinen Führungsnachwuchs. Die Meisterfeier der Dresdner Kammer ist auch ein Statement.

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© Robert Michael, André Wirsig

Von Michael Rothe

Auf Dresdens Messegelände werden immer wieder tolle Sachen ausgestellt – und viele Hände geschüttelt. Aber selten geht es dabei so feierlich zu wie an diesem Samstag. Dann feiert Ostsachsens Handwerk seinen Führungsnachwuchs.

Aufgeweckte Bäckermeisterin: Ich bin gelernte Backwaren-Verkäuferin und wollte eigentlich mit meinem Mann die Bäckerei meines Vaters übernehmen. Doch seit der Trennung vor gut zwei Jahren stehe ich allein da – mit drei Kindern. Die Entscheidung für den Me
Aufgeweckte Bäckermeisterin: Ich bin gelernte Backwaren-Verkäuferin und wollte eigentlich mit meinem Mann die Bäckerei meines Vaters übernehmen. Doch seit der Trennung vor gut zwei Jahren stehe ich allein da – mit drei Kindern. Die Entscheidung für den Me © Robert Michael
Mobiler Tischlermeister: Ich bin handwerklich versiert und habe meinem Schwiegervater oft geholfen. Er baut Verkaufs- und Zirkuswagen. Das hat mich, einen studierten Maschinenbauer, fasziniert und bewogen, umzusatteln. Ich werde mich nächstes Jahr selbsts
Mobiler Tischlermeister: Ich bin handwerklich versiert und habe meinem Schwiegervater oft geholfen. Er baut Verkaufs- und Zirkuswagen. Das hat mich, einen studierten Maschinenbauer, fasziniert und bewogen, umzusatteln. Ich werde mich nächstes Jahr selbsts © André Wirsig
Schlagfertige Steinmetzmeisterin: Ich habe mich immer schon für Architektur und Kunst interessiert. Doch beim Studium fehlte mir was. Die Initialzündung war ein Urlaub in Böhmen, wo ich traumhafte Jugendstil-Friedhöfe gesehen habe. Nach Lehre und Gesellen
Schlagfertige Steinmetzmeisterin: Ich habe mich immer schon für Architektur und Kunst interessiert. Doch beim Studium fehlte mir was. Die Initialzündung war ein Urlaub in Böhmen, wo ich traumhafte Jugendstil-Friedhöfe gesehen habe. Nach Lehre und Gesellen © André Wirsig

Die Übergabe der Meisterbriefe mit der Schau ausgewählter Meisterstücke ist der handwerkspolitische Höhepunkt der Dresdner Kammer und Abschluss eines monate- oder jahrelangen Karriereweges. Rund 2 000 Gäste sind Zeugen jener besonderen Weihe. Eltern werden Tränen in den Augen haben aus Freude und Stolz auf ihr Kind – manche auch im Wissen, dass ihr Lebenswerk fortgeführt wird.

Der Meisterbrief gilt als Qualitätssiegel auch des sächsischen Handwerks. Er hat eine lange Tradition, steht bei Kunden für verlässliche Beratung und Ausführung von Leistungen, aber auch für gut ausgebildeten Nachwuchs. Deutschlands duales Ausbildungssystem wird weltweit als wirksames Rezept gegen Jugendarbeitslosigkeit gepriesen.

Dennoch wird der Meister immer wieder infrage gestellt – auch von der EU. 2004 hatte die rot-grüne Bundesregierung 53 von 94 Handwerksberufen für zulassungsfrei erklärt. Mehr Wettbewerb war das Ziel und – wegen damals hoher Arbeitslosigkeit – die Förderung von Selbstständigkeit und Beschäftigung. In der Folge explodierte die Zahl der Unternehmen, etwa bei den Fliesenlegern: oft Ein-Mann-Betriebe ohne Ausbildungslizenz und mit geringer Lebenserwartung. Heute werden die Rufe nach einer politischen Rolle rückwärts lauter.

Dennoch bleibt der Meister bedroht. Der Feind heißt Demografie. 2013 waren noch 408 Absolventen gezählt worden. Nach jährlichem Rückgang sind es nun noch 260: darunter 38 Frauen. Sie vertreten 25 Handwerksberufe, kommen meist aus Sachsen aber auch aus zehn weiteren Bundesländern. Der Preis für die imageträchtige Urkunde ist hoch: Sie kostet nicht nur Tausende Euro, sondern auch Zeit, Nerven – manchmal die Beziehung.

Die SZ stellt drei erfolgreiche Absolventen vor. Trotz ihrer verschiedenen Gewerke eint sie Mut, Fleiß, Ausdauer – und der Stolz auf ein attraktives Handwerk.