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Mit dem Tablet durch die Gohrischheide

Normalerweise ist das Naturschutzgebiet am Bahnhof Jacobsthal für Besucher tabu. Für eine neue Tour gibt’s Ausnahmen.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Zeithain. Die Elftklässler sitzen entspannt vor der Ruine der Hasenschänke in Jacobsthal. Genießen die kurze Verschnaufpause im Schatten, bevor es zum Arbeitseinsatz auf den Friedhof nach Zschepa geht, wo Tausende sowjetische Soldaten begraben liegen. Die Schüler aus dem Leistungskurs Geschichte vom St.-Benno-Gymnasium Dresden verbringen gerade eine dreitägige Kursfahrt in der Gemeinde. Aus gutem Grund. Denn schon seit Dezember vergangenen Jahres arbeiten fünf der Elftklässler an einem besonderen Angebot für die Gedenkstätte Ehrenhain. Nachdem es seit kurzem bereits eine Tablettour für jüngere Schüler gibt, entwickelten sie eine interaktive Schnitzeljagd – auch Actionbound genannt – für ältere Schüler ab Klassenstufe neun.

Die Zusammenarbeit und auch die Kursfahrt stehen unter dem Motto „Gesellschaftliches Engagement“, das so durchaus auch vom Lehrplan gefordert wird, sagt Geschichtslehrer Hans-Christian Schmidt, „doch es ist schwierig, das in der Schule umzusetzen.“ Weil die Jugendlichen aber sehr interessiert auf die Vorstellung der Stiftung sächsischer Gedenkstätten reagierten, teilte sich der Kurs in zwei Gruppen und nahm Projekte in der Dresdner Gedenkstätte Münchner Platz sowie im Ehrenhain in Angriff. „Wir hatten Lust dazu“, so die schlichte Erklärung von Johannes-Maximilian Pohl.

Teils im Unterricht, teils in der Freizeit füllten sie die App deshalb mit historischen Inhalten, um damit eine Schnitzeljagd über das ehemalige Kriegsgefangenenlager Zeithain zu erstellen. Die soll es ermöglichen, einen Teil des tatsächlichen Lagergeländes unweit des Jacobsthaler Bahnhofs selbstständig mit dem Tablet zu erkunden. Dabei werden Bilder und Informationen unter anderem zur Entlausungs- oder Arrest-Baracke gezeigt und müssen Fragen beantwortet werden, um zum nächsten Kapitel zu kommen. Die Fragen sind nicht einfach und entsprechen dem Lehrstoff für die höheren Klassen, sagen die Jugendlichen.

Tablet-Tour

Die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain bietet aktuell zwei interaktive Führungen in Form einer Schnitzeljagd an: Sie richten sich einmal an Schüler bis zur Klasse acht und zum anderen an Schüler ab Klasse neun und älter.

Wer Interesse an einer solchen Tour hat, kann sich in der Gedenkstätte anmelden – die Einrichtung stellt leihweise Tablets und Orientierungskarten zur Verfügung. Für Schulklassen ist das Angebot kostenlos, auch eine Fahrtkostenübernahme ist möglich.

www.stsg.de

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„Aber es ist viel ansprechender als ein Museum“, so Johannes-Maximilian Pohl, „und im Prinzip sieht man ja hier nicht viel. Durch den Actionbound wird das Lager überhaupt erst erlebbar.“ Das sei auch wichtig, weil die Opfergruppe der sowjetischen Soldaten kaum thematisiert wird, findet Justus Großpietsch: „Es ist gut, auch diese Seite des Nationalsozialismus kennenzulernen.“ Dass dabei der Spaß und der spielerische Aspekt nicht zu kurz kommen, sei eine gute Nebensache, sagt Ehrenhain-Mitarbeiterin Nora Manukjan. Sie hofft deshalb, dass nun auch vermehrt Schulklassen aus der Region das Angebot wahrnehmen. Für die wäre es gleichzeitig eine Möglichkeit, das Naturschutzgebiet Gohrischheide kennenzulernen. Denn zwar gehört das Lagergelände bei Jacobsthal zur Sperrzone, für diese Tablettouren gibt es aber Ausnahmeregelungen.