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Mit der Vespa durch die USA

Vier Freunde erleben die Reise ihres Lebens. Inzwischen sind sie in Denver angekommen.

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© Verena Toth

Von Verena Toth

Die drei auffälligen Vespa-Motorroller parken vor einer gnadenlos schweinchen-rosa gestrichenen Fassade eines Coffeeshops, an dem „Drive Thru“ steht. Dieses Bild sagt genau das aus, was die drei deutschen Fahrer der Kultroller derzeit tun: Sie touren auf den Zweirädern quer durch die USA. Gestartet sind die deutschen Fahrer im Westen des riesigen Landes, in Los Angeles, vor vier Wochen. Das Ziel ist New York an der Ostküste, das in weiteren rund vier Wochen erreicht werden soll.

Für die insgesamt mehr als 7.500 Kilometer lange Strecke haben sich Lars Ringel (40 Jahre) aus Leipzig, Michael Blumenstein (38) aus München sowie Marius Wolfram (25) aus Berlin einiges vorgenommen. „Quasi ein Kultur-Check mit zwei Takten“, nennt Dani Heyne (36) die Kulturreise der „etwas anderen“ Art. Der Journalist und Ideengeber für das Projekt lebt im Kriebsteiner Ortsteil Ehrenberg und hat in Mittweida studiert. Der Journalist, der für ein Automagazin arbeitet, komplettiert das Quartett und hat der Abenteuerreise den Namen „Motorliebe“ gegeben.

Die vier Männer schlafen in einem Van, der mit einem Dachzelt ausgestattet ist. Platz ist darin für alles Notwendige, vor allem aber für Ersatzteile, Schlaflager und Verpflegung. Gesteuert wird er von Marius Wolfram. „Allerdings haben wir bei den Klamotten ein wenig sparen müssen“, schmunzelt Dani Heyne. Nicht eine Sekunde haben sie auf ihrem Trip bislang bereut, berichten die vier Männer zur Halbzeit ihrer Reise. Obwohl der Dauerbetrieb die Roller immer häufiger an die technischen Grenzen bringt und die Männer zu teilweise abenteuerlichen Reparaturaktionen gezwungen hat, konnten sie zahlreiche besondere Momente zu ihren Erinnerungen hinzufügen.

Die bisherigen Höhepunkte boten ihnen vor allem die außergewöhnlichen Landschaften. „Die roten Felsen in Moab, einer Stadt im Bundesstaat Utah, waren unfassbar schön anzusehen. Und die Vespa wirkten mitten in dieser atemberaubenden Landschaft surreal.“ Einhellig nennen sie jedoch das Erreichen eines besonderen Gipfels als einen der unvergesslichsten Momente: Mit der Kraft der Zweitakter haben es die Motorsportfans zur Spitze des Pikes Peek geschafft. Die Tour auf den 4.500 Meter hohen Gipfel ist eine legendäre Rennstrecke.

Der Stopp an diesem ganz besonderen Coffeeshop mit dem vielsagenden Namen „Hot Chick a Latte“, mitten in der amerikanischen Großstadt Denver im Bundesstaat Colorado, ist ein fest eingeplanter Programmpunkt und dient natürlich vorrangig der Vorort-Recherche. Denn: „Wir suchen uns auf unserer Tour Ziele aus, die die typische Kultur des Landes widerspiegeln. Wir suchen also nach den berühmten und bekannten Fotomotiven, wollen aber auch Ungewöhnliches und Überraschendes in diesem Land der unbegrenzten Möglichkeiten finden.“

Dass die jungen Damen den heißen Kaffee nur mit knappen Oberteilen und ebenso knappen Shorts bekleidet servieren, sei ein Paradebeispiel für die doppelbödige Moralvorstellung im sonst so prüden Amerika, so eine Erkenntnis. Trotzdem sagen sie: „Wir lassen uns vollkommen unvoreingenommen und erwartungsfrei auf das ein, was uns hier passiert. Und wir werden dabei immer wieder positiv überrascht“, erzählt Michael Blumenstein. Zum Beispiel von unglaublich hilfsbereiten Mechanikern in dem Ort Colorado Springs. „Die Leute hier sind wirklich interessiert und freundlich“, berichten sie über die Erlebnisse in der urigen Schrauberwerkstatt.

Dass sie mit der Ankunft in Denver etwa eine Woche hinter ihrem eigentlichen Zeitplan liegen, ist für die Truppe aber kein großes Problem. „Wir haben auf jeden Fall noch einige Ziele vor uns, die wir unbedingt ansteuern wollen, wie beispielsweise den Mount Rushmore mit den berühmten vier Präsidentenköpfen“, erklärt Dani Heyne. Die Möglichkeit, die Strecke ein wenig abzukürzen, haben sich die Männer ebenfalls offengelassen. „Auf der Vespa entschleunigen wir komplett unser Leben. Schließlich fahren wir mit den Rollern maximal so um die 70 Meilen am Tag (etwa 113 Kilometer). Man fühlt den Wind, spürt die Sonne und empfindet die Umgebung viel intensiver“, erzählt Dani Heyne. Ohne zu zögern, sagt Michael Blumenstein: „Das ist der Trip unseres Lebens. Ganz gleich, was noch passieren wird, ob wir überhaupt mit den Rollern an unserem Ziel ankommen, diese Erfahrung kann uns nichts und niemand mehr nehmen. Daran werden wir immer zurückdenken, das vergisst man nie.“ An Teil zwei ihrer Kulturreise zwischen West und Ost, die sie im nächsten Jahr nach Japan führen soll, verschwenden die vier Männer noch nicht viele Gedanken. Nur eines wissen sie schon jetzt: Die Verständigung wird dort wesentlich schwieriger als in den USA. (FP)