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Mit Glashütte auf hoher See

Zwei große Schiffsuhrenhersteller arbeiten im Müglitztal. Das ist aber nicht der einzige Grund für die neue Sonderausstellung im Uhrenmuseum.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte. Neue Töne im Glashütter Uhrenmuseum. Eigentlich hören die Besucher hier auf Schritt und Tritt Uhren ticken. Im Sonderausstellungsraum gibt es nun – zumindest für diese Einrichtung – ungewöhnliche Geräusche. Aus den Lautsprechern tönen Möwenschreie.

Auf diesem Uhrmachertisch sind wichtige Bauteile einer Schiffsuhr zu sehen.
Auf diesem Uhrmachertisch sind wichtige Bauteile einer Schiffsuhr zu sehen. © Egbert Kamprath
Carsten Petersen von der Firma Wempe half bei der Gestaltung der Schau mit.
Carsten Petersen von der Firma Wempe half bei der Gestaltung der Schau mit. © Egbert Kamprath

Wer den Raum betritt, weiß auch sofort, warum. Denn das Uhrenmuseum wendet sich einer ganz speziellen Art Uhren zu, den Marine-Chronometern. Die äußerst präzisen Uhren werden seit 130 Jahren in Glashütte gefertigt. Viele davon fuhren und fahren an Bord großer und kleiner Schiffe auf allen Weltmeeren.

Den Grundstein in Glashütte legte die Firma A. Lange & Söhne. Sie schickte 1886 die Marine-Chronometer 1 und 3 zur Überprüfung an die Deutsche Seewarte nach Hamburg. Sie bestanden den Test. „Damit begann ein neues Kapitel in der Glashütter Uhrenindustrie“, sagt Sonja Hauschild, Sprecherin des Uhrenmuseums. Vor gut neun Monaten hat sie angefangen, sich mit diesem Thema zu befassen. „Besonders spannend finde ich den Chronometer von Friedrich Vetterlein“, sagt sie. Diese 1917 geschaffene Uhr ist für ihren Vetterlein’schen Reiter bekannt. „Das ist eine kleine Klemme da oben an der Spirale“, sagt Frau Hauschild. Der Aufsatz sorgt dafür, dass diese Uhr noch genauer geht. Unklar ist, warum diese Innovation nicht von anderen Uhrmachern aufgegriffen und weiter entwickelt wurde.

Das ist nicht das einzige Rätsel, das die Ausstellungsmacher nicht lösen konnten. Unklar blieb auch, was aus dem Uhrmacher Vetterlein wurde, der an der Glashütter Uhrmacherschule ausgebildet wurde, später in der Stadt arbeitete und dann nach Berlin ging. Dort verlieren sich seine Spuren. „Die Uhr haben wir vor 15 Jahren von seinem Enkel erworben. Der lebt in Südafrika“, sagt Museumsleiter Reinhard Reichel. Weitere Kontaktaufnahmen scheiterten bisher. „Leider“, ergänzt er. Einen besseren Draht hatte der Museumschef zu anderen Uhrenbesitzern. Sie stellten ihm ihre Uhren als Exponate zur Verfügung. Sie machen gut die Hälfte aller Zeitmesser aus, die in der Sonderausstellung „Glashütte an Bord“ zu sehen sind, sagt Reichel. Wertvolle Stücke hat die auch in Glashütte ansässige Firma Wempe beigesteuert. „Sie hat uns auch finanziell unterstützt“, sagt Reichel.

Schiffsuhren sind etwas für Liebhaber

Wempe baut, ebenso wie der Glashütter Uhrenhersteller Mühle, bis heute Chronometer. Und auch das ist in der Ausstellung zu sehen. Wempe hat eine moderne Hauptuhrenanlage mit Nebenuhren, Weltzeituhrenanzeige und Karte aufgebaut, die auf großen Schiffen mitfährt. Sie steht auf blauer Auslegware, auf der für diese Ausstellung ein Schiffskörper nachgezeichnet wurde, der den Namen Lina trägt. „Ein kleiner Spaß“, sagt Frau Hauschild. Lina hieß die Frau des wohl berühmtesten Glashütter Chronometerherstellers, Paul Stübner (1860-1946). Auch er wird vorgestellt, genauso wie sein Bruder Fridolin und seine Kollegen Gustav Gerstenberger, Herbert Weydig und Paul Thielemann.

Zur linken Hand des Eingangs zeigt das Museum, aus welchen Teilen eine Schiffsuhr hergestellt wird. Ihre Montage erforderte viel Geschick. Denn schon 1885 wurde festgelegt, dass sie nur 0,3 Sekunden am Tag abweichen dürfen, berichtet Reinhard Reichel. Diese Präzision war wichtig, damit die Uhren zur Navigation auf hoher See eingesetzt werden konnten.

In den letzten Jahren hat die Bedeutung des klassischen Schiffsuhrenbaus abgenommen, weil die Reedereien auf GPS umgerüstet haben. Dennoch werden diese präzisen Uhren weitergebaut. Käufer sind unter anderem Liebhaber, die Jachten besitzen. Aber auch Armbanduhrenhersteller haben sich von den präzisen Großuhren inspirieren lassen. Wie, auch das ist ab Freitag im Uhrenmuseum zu sehen.

Das Uhrenmuseum ist täglich 10-17 Uhr geöffnet.