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Mit harter Hand gegen Randalierer

Im Blickpunkt

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Von Tobias Schmidt

Der französische Staatspräsident ist stets präsent: Aus China bringt Nicolas Sarkozy Milliardenaufträge für die französische Industrie mit nach Hause, aus dem Tschad befreit er Journalisten, und in Paris ringt er die streikenden Eisenbahner nieder.

Nur in die trostlosen Vorstädte mit ihren zornigen Jugendlichen hat der umtriebige Staatschef seit seinem Amtsantritt im Mai noch keinen Fuß gesetzt. Im Gegenteil: Mit der Verschärfung der Einwanderungspolitik und einer Polizei, die vor allem auf Härte setzt, hat er die Frustration in den „Banlieues“ geschürt.

Das rächt sich nun bitter: Nach der tödlichen Kollision zweier jugendlicher Motorradfahrer mit einem Streifenwagen sind Unruhen in den Pariser Vorstädten entflammt, die an den Flächenbrand aus dem Herbst 2005 erinnern. Hunderte Jugendliche lieferten sich in mehreren Problemvierteln brutale Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften. Die Gewalt kennt kaum noch Grenzen. Dutzende Autos und öffentliche Gebäude gingen in Flammen auf. 77 Polizisten wurden bisher verletzt, die meisten durch Schüsse aus Schrotflinten.

Gestern kündigte Sarkozy an, hart gegen die Randalierer vorzugehen. Das erinnerte Bewohner der Vorstädte an seine Äußerungen vor zwei Jahren. Als Innenminister hatte er die Kinder arabischer Einwanderer als Abschaum bezeichnet, gegen den man mit Kärcher-Hochdruckreinigern vorgehen müsse. Auch deshalb weisen Kritiker Sarkozy eine Mitverantwortung für das vergiftete Klima zwischen Sicherheitskräften und Jugendlichen zu. Seit den Unruhen im Herbst 2005 ließ er die Anzahl der Beamten in den Problemvierteln noch verringern. Nach Ansicht von Experten helfen Elektropistolen, Gummigeschosse und Videoüberwachung nicht weiter. Nur wenn die Polizei wieder eine Balance zwischen dem Kampf gegen die Kriminalität und dem Dienst an den Bürgern finde, könne sie das Vertrauen zurückgewinnen.

Hinzu kommt, dass der Präsident vor einer breiten Parlamentsdebatte über die Krise zurückschreckt. Sarkozys Kritiker sprechen von einer „Vogel-Strauß-Politik“, die keine Probleme löst.

Bislang versuchte der Präsident die Sympathie der Einwanderer durch Symbole zu gewinnen. Er holte drei junge Frauen in seine Regierung, die als Idol für die ausgeschlossene Jugend in den „Banlieues“ dienen sollen: Justizministerin Rachida Dati hat marokkanische und algerische Wurzeln, Staatssekretärin Rama Yade kommt aus dem Senegal. Und die Juniorministerin für Stadtentwicklung, Fadela Amara, hat algerische Vorfahren.

Dennoch ist diesmal ein rascher Ausweg nicht in Sicht. Sarkozys Einwanderungspolitik, über die er kürzlich in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel sprach, trägt repressiven Charakter: Die Zahl der Ausweisungen will er auf 25000 in diesem Jahr erhöhen, die Hürden für den Familiennachzug wurden bereits heraufgesetzt. (AP)