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Mit Jaroslaw Kaczynskis Rücktritt geht stürmische Ära zu Ende

Jaroslaw Kaczynski, der Chef der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), hat seit Herbst 2005 die politische Szene in Polen beherrscht. Nach 16 Monaten als Regierungschef und der Niederlage der PiS bei der vorgezogenen Parlamentswahl vor zwei Wochen führt er ab jetzt nur noch die größte Oppositionspartei an.

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Von Jacek Lepiarz

Warschau - Der Abschied von der Macht fiel dem Politiker am Montag sichtbar schwer. Er beende seine Mission „mit erhobenem Haupt“, sagte er stolz, bevor er bei seinem Zwillingsbruder Lech, dem Staatspräsidenten, seinen Rücktritt einreichte.

Zusammen mit diesem Ersuchen schenkte er dem Staatsoberhaupt einen dicken Tätigkeitsbericht seiner Regierung. Im Präsidentenpalast zählte er fast eine Stunde lang seine Erfolge auf, vom dynamischen Wirtschaftswachstum und wachsenden Auslandsinvestitionen bis zur Stärkung der internationalen Position des Landes. Seine Regierung habe Schluss gemacht mit einer Außenpolitik, die sich „vor anderen beugte“ und zur „Selbstherabsetzung“ Polens geführt habe.

Die polnischen Nationalkonservativen hatten im Herbst 2005 die Macht mit dem Versprechen übernommen, Korruption zu bekämpfen, sich um die „einfachen Leute“ zu kümmern und eine moralische Revolution durchzuführen. Ihr Ziel war die „IV. Republik“, ein starker Staat, gesäubert von Seilschaften und ehemaligen kommunistischen Geheimdienstagenten. Diese Politik führte zur Spaltung der Gesellschaft.

Kein Wunder, dass Kaczynskis liberaler Nachfolger, Donald Tusk von der siegreichen Bürgerplattform (PO), vor allem „Milderung der Konflikte“ verspricht. „Wenn die Regierung eine gute Politik macht, entschärfen sich Konflikte zu einfachen Unterschieden. Wenn aber die Politik schlecht ist, entstehen aus Unterschieden Konflikte“, sagt Tusk. Es werde keine Revolution und keine Vergeltung geben.

Tusks künftiger Erfolg hängt nicht zuletzt von seinem Verhältnis zum Präsidenten ab. Das Staatsoberhaupt hat dem Wahlsieger bisher nicht gratuliert und in einem Zeitungsinterview gar angekündigt, gegebenenfalls von seinem Vetorecht gegen Gesetze Gebrauch zu machen.

Angesichts des Schweigens des Präsidenten zeigt Tusk demonstrative Gelassenheit. Er spricht sich für die „Kohabitation“ zwischen dem nationalkonservativen Staatsoberhaupt und der liberalen Regierungsmehrheit aus. „Wer zu solcher Zusammenarbeit nicht fähig ist, wird sich politisch und moralisch disqualifizieren“, meinte der künftige Regierungschef. Er bleib aber hart in der Sache: „Weder Präsident, noch die PiS-Politiker werden entscheiden, wen ich in die Regierung aufnehme.“ So hält Tusk auch an Radoslaw Sikorski als Kandidaten für das Amt des Außenministers fest, obwohl Lech Kaczynski Bedenken gegen ihn hat.

Die Außenpolitik wird allem Anschein nach der Bereich, wo es zwischen Tusk und dem Präsidenten, der Aufsichtsrechte hat, zu Reibungen kommen könnte. Tusk erklärte kürzlich in London, das Europa für Polen wichtiger als Amerika ist. Er unterstreicht auch gute Kontakte zur Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für die Kaczynski- Zwillinge ist dagegen Amerika der polnische Verbündete Nummer eins. (dpa)