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Mit Pilzexperten auf Tour

Wer sich mit Pilzen nicht auskennt, kann mit Experten sammeln gehen. Doch es gibt immer weniger Angebote.

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© Uta Büttner

Von Uta Büttner

Radebeul/Coswig. Ist schon das Anfassen eines Giftpilzes gefährlich? Ich weiß, dass es nicht so ist. Trotzdem lasse ich die meisten Pilze im Wald stehen – die mit Lamellen sowieso –, weil ich essbare von giftigen nicht unterscheiden kann. Zu groß ist die Gefahr der Verwechslung. Und so bin ich immer neidisch, wenn Sammler mit großen, gefüllten Körben aus dem Wald kommen. Wem es auch so geht, der muss trotzdem nicht auf eine selbst gesammelte leckere Pilzmahlzeit verzichten – dank Pilzberatern wie Rainer Tietze. Doch leider gibt es immer weniger dieser Experten. Auf den Internetseiten der Deutschen Gesellschaft für Mykologie habe ich nach Pilzberatern – oder wie sie richtig heißen: Pilzsachverständigen (PSV) – im Landkreis Meißen gesucht. Fehlanzeige. Deshalb freute ich mich über das Angebot einer Pilzausstellung und -wanderung der Radebeuler Kristall-Apotheke, das ich entdeckte. Inhaberin Ulrike Dedek verriet: „Wir können das anbieten, weil mein Vater Pilzberater ist.“

Am Treffpunkt im Tharandter Wald angekommen, öffnet der Himmel seine Schleusen. Doch davon lassen wir uns nicht abschrecken. „Wir wollen heute eine küchenmykologische und keine wissenschaftliche Wanderung machen“, sagt Tietze. Um die Pilze besser kennenzulernen, dürfen wir heute alle abschneiden. „Wir schauen sie uns dann gemeinsam an.“ Nach ein paar Metern sieht Tietze mit seinem geübten Auge den ersten Pilz. „Das ist ein Perlpilz. Dieser essbare, sehr schmackhafte Pilz hat nur einen Nachteil, er lässt sich leicht mit dem giftigen Pantherpilz verwechseln. Der Perlpilz hat immer eine Rötung am Hut, die Manschette am Stiel ist gerieft, der Hutrand ist ungerieft.“ Der Pantherpilz habe niemals diese Rötung, ist immer blass, hat eine ungeriefte Manschette und einen gerieften Hutrand.

Dann finden wir einen uns unbekannten Pilz, mit rötlichem Hut. Tietze zufolge ein Täubling. Er gehört zu den artenreichsten Pilzgattungen. Doch nicht alle sind genießbar. Ob er essbar ist, merkt man, wenn man etwa eine Minute auf einem kleinen Stück kaut. „Aber dann ausspucken. Denn viele Pilze sind roh giftig“, warnt Tietze. Dieser ist wahrscheinlich ein Zedernholz-Täubling. Ich kaue ein kleines Stück und denke: Der schmeckt nach nichts. Doch nach einer halben Minute spucke ich ihn angeekelt aus, so scharf ist er.

Am Wegesrand stehen viele kleine orangefarbene Pilze. Die schmecken sehr gut, erfahren wir. Ulrike Dedek sagt: „Die meisten denken, die sind giftig. Und lassen sie deshalb stehen.“ Das ist aber besser, als den Giftnotruf Erfurt des Gemeinsamen Giftinformationszentrum (GGIZ) der Länder Mecklenburg-orpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kontaktieren zu müssen. Dieser ist jeden Tag 24 Stunden im Notfall erreichbar. 2016 gingen 124 Notrufe aus Sachsn ein. So bin ich froh, dass es Pilzberater gibt. Ihre Arbeit ist ehrenamtlich. Das ist wohl auch ein Grund, warum es immer weniger gibt. Es fehle häufig die Zeit, „aber auch meist die öffentliche Unterstützung und Anerkennung“, sagt Peter Karasch, Öffentlichkeitsreferent der Deutschen Gesellschaft für Mykologie.

Inzwischen sind wir nach eineinhalb Stunden völlig durchnässt. Und unsere Körbe gut gefüllt. Auch wenn ich die meisten Pilze immer noch nicht sicher bestimmen kann, ein Pilz wird in Zukunft immer in meinem Körbchen landen: der orangefarbene Fichten-Reizker.

Nächste Pilzwanderung durch den Friedewald am 8. Oktober mit Kerstin Aretz, Treff 8 Uhr Spitzgrundmühle