Merken

Mit Posaunen und Trompeten

Der Bläserchor Kittlitz besteht seit 200 Jahren. Inzwischen sind die Musiker rar geworden – sie suchen Verstärkung.

Teilen
Folgen
© Thomas Eichler

Von Constanze Junghanß

Tief Luft holen. Lippen umschließen Metall. Und dann schallt „Himmel, Erde, Luft und Meer...“ in der Kittlitzer Kirche. Die Mitglieder vom Posaunenchor geben die Melodie vor. Kirchenbesucher stimmen ein. Gottesdienst und Erntedankfest werden an diesem Tag gemeinsam mit den Schwesterkirchgemeinden Lawalde, Löbau und Bischdorf-Herwigsdorf gefeiert. Die Kirche ist bis beinahe auf den letzten Platz gefüllt. Kürbisse, Kränze, Gemüse aus dem Garten und selbst einige Sechserpacks Bier – hübsch drapiert in Weidenkörben – sind vor dem Posaunenchor aufgebaut. Die Erntedankgaben bekommen jedoch nicht die Musiker. Sie sind für die Senioren des Altersheimes in Weißenberg gedacht. Der Kittlitzer Posaunenchor hat sich allerdings einen großen Blumenstrauß verdient. Den gibt es zum Abschluss, Beifall für die Bläser inklusive.

In einem Gotteshaus ist eine solche Sympathiebekundung eigentlich sehr ungewöhnlich. Doch diesmal passt das. Der Posaunenchor aus Kittlitz feiert ein rundes Jubiläum. Seit 200 Jahren gibt es die Bläser im Ort. Gegründet anno 1817 und zwar am 31. Oktober. Anlass dafür war seinerzeit das 300. Reformationsjubiläum. Bei diesem hat die „endunterzeichnende Gesellschaft“ – das waren mehrere Herrschaften der Kittlitzer Pfarrei – beschlossen, das Erlernen der Posaunenmusik und anderer kirchlicher Musik in der Gemeinde aufzunehmen. Neun Bläser waren es zur Gründungszeit. Doch mehr Informationen aus dieser Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg wurden bisher noch nicht gefunden. Der Krieg ließ fast alle Posaunenchöre im Land verstummen. Nach dessen Ende gab es überall Neugründungen. Nun auch mit der Möglichkeit, dass Frauen und Mädchen die Instrumente bedienten. 1951 passierte das in Kittlitz. Der damalige Diakon Weichert initiierte den Neubeginn des Posaunenchores. Erster Auftritt nach dem Krieg war zu Ostern 1952.

Ilona Schulze weiß das Gründungsdatum und die Hintergründe deshalb so genau, weil vor Jahren im Pfarrarchiv ein Statut des Musikchores aufgefunden wurde. Die „Managerin“ des Posaunenensembles leitet die Gruppe seit mehr als 20 Jahren und erzählt: „Im Moment sind wir noch sechs Mitglieder.“ Das sind nicht viele, wie sie sagt. Doch immerhin: Spielen können sie in dieser Formation. Zu den Gottesdiensten ebenso, wie bei Fest- und Kirchentagen. „Zu denen sind wir deutschlandweit unterwegs“, berichtet die 56-Jährige. Im Chor wirken neben den Posaunen auch die Tuba und Trompeten mit. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn sich weitere Interessenten finden, um den Fortbestand des Posaunenchores zu sichern. Und um vielleicht wieder das Geburtstagsständchen für die runden Jubilare in Kittlitz anbieten zu können. Denn das sei leider nun aufgrund der fehlenden Mitwirkenden nicht mehr möglich.

Einmal wöchentlich jeden Mittwochabend ab 19.30 Uhr wird im Kittlitzer Pfarrhaus unter der Regie von Ralph Schmidt geprobt. Der ehemalige Musikschullehrer bringt den Bläsern die Stücke unter fachkundiger Anleitung bei. Nicht nur Kirchenmusik gehört zum Repertoire. Chorleiterin Ilona Schulze: „Wir spielen zum Beispiel auch Swing, Volkslieder und Moderne.“ Selbst Stücke von Bob Dylan können den Blechblasinstrumenten entlockt werden.

Seit 1988 pflegt die Kittlitzer Kirchgemeinde eine Partnerschaft zu einem Posaunenchor aus der Hannoverschen Landeskirche. Beheimatet ist der Chor in Tarmstedt-Wiestedt bei Bremen. Mit Brieffreundschaften fing es an, erinnert sich Frau Schulze. Nach der Wende gab es dann gegenseitige Besuche. Und über die Jahre hinweg entstanden teils ganz persönliche und für beide Seiten wichtige Freundschaften. Die Tarmstedt-Wiestedter waren beim Jubiläum in Kittlitz ebenfalls mit dabei und bereicherten den Gottesdienst mit ihrer Musik. Tags zuvor gab es mit den Gästen einen Ausflug auf den Löbauer Berg. Unterhalb vom Gusseisernen Turm packten die Kirchenmusiker ihre Instrumente aus und verteilten die Töne direkt über der dem Berg zu Füßen liegenden Stadt Löbau. Ein Konzert unter freiem Himmel also. „Besucher der Gaststätte haben sich darüber sehr gefreut und wir hatten einige Zuhörer“, freut sich Ilona Schulze.

Die Pfarrerin der Kirchgemeinde Kittlitz-Nostiz, Elisabeth Süßmitt, ist jedenfalls für das ehrenamtliche musikalische Engagement in ihrem Gotteshaus dankbar und lobt das sehr gute spielerische Können der Blechbläser-Truppe.