Von Kay Haufe
Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) hat einen Plan: Wenn am 26. Mai 2019 die Kommunalwahl stattfindet, will er neue Strukturen einführen. Statt der zehn Ortsämter und neun Ortschaften soll es sieben Stadtbezirke geben: Mitte umfasst dann die Altstadt und Johannstadt und wird 56 943 Einwohner haben, Nordwest mit Pieschen und der Neustadt hat 103 719 Bürger, zu Nord gehören neben Klotzsche, Hellerau und Wilschdorf auch die Ortschaften Langebrück und Schönborn mit 31 033 Einwohnern. Der Stadtbezirk Dresden-Ost setzt sich zusammen aus Loschwitz, Wachwitz, Pillnitz, Bühlau, dem Weißen Hirsch, Leuben sowie Schönfeld-Weißig, hier leben dann 72 842 Einwohner. Etwas mehr sind es in Südost mit Blasewitz, Striesen und Gruna mit 88 097 Bürgern. Dresden-Süd wird der einwohnerstärkste Bezirk, er umfasst Prohlis und Plauen mit 114 920 Bürgern. 85 644 sind im Stadtbezirk West zu Hause, der neben Cotta aus den Ortschaften Cossebaude, Mobschatz, Oberwartha, Altfranken und Gompitz besteht. So der Plan, über den in den nächsten Wochen in den Ortschafts- und Ortsbeiräten diskutiert wird. Die SZ sprach mit Peter Lames, warum er die bisherige Strukturform ändern will und welche Folgen dies hätte.
Herr Lames, funktionieren die jetzigen Verwaltungsstrukturen so schlecht, dass sie radikal umgekrempelt
werden müssen?
Bisher gibt es unterschiedliche Formen der Mitbestimmung. Im Gegensatz zu den Ortschaftsräten dürfen sich die Ortsbeiräte nicht aus eigener Initiative mit einem Sachverhalt beschäftigen und dem Stadtrat dazu Vorschläge unterbreiten. Sie bekommen auch kein Geld pro Einwohner, über dessen Verwendung sie entscheiden können. Hinzu kommt, dass nur die Ortschaftsräte direkt gewählt werden. Die geänderte Sächsische Gemeindeordnung, die seit dem 1. Januar in Kraft ist, gibt die Möglichkeit, die Verwaltungsstruktur neu zu gestalten. Ich finde, alle Dresdner sollten perspektivisch gleiche Mitbestimmungsrechte haben und ihre Gremien sollten alle demokratisch legitimiert sein. Deshalb die Vorlage meines Geschäftsbereiches.
Allerdings gelten die meisten Ortschaftsverfassungen noch bis 2029 oder 2034. Die können Sie doch nicht einfach aushebeln.
Das will ich auch nicht, aber perspektivisch sollte die Stadt zusammenwachsen und nicht jeder in engen Grenzen denken. Wir sollten frühzeitig diskutieren, welche Weichenstellung wir in der territorialen Struktur wollen. Meiner Auffassung nach ist es nicht einzusehen, dass beispielsweise in Cossebaude oder Schönfeld-Weißig stärker mitbestimmt werden kann als in Cotta.
Bewohner von Ortschaften haben größtenteils eine starke Identität. Es gibt Befürchtungen, die könnte in der großen Stadt verloren gehen.
Ich brauche doch nicht jeder identitätsstiftenden Einheit eine Verwaltung zu geben. Löbtauer sind Löbtauer und Gorbitzer sind Gorbitzer, auch wenn sie – auch jetzt schon – in einem Ortsamtsbereich leben.
Das klingt gut, aber ein Beispiel aus Schönfeld-Weißig, wo seit Jahren Geld für den Ausbau der Weißiger Landstraße in Gönnsdorf bereitgestellt wird, zeigt, dass Entscheidungen für die Stadt bisher nicht bindend sind.
Was der Stadtbezirksrat als maßgeblich und wichtig einschätzt, sollte umgesetzt werden. Der Schlüssel dafür ist der Haushalt. Wenn das Geld dafür bereitsteht, müssen wir eine Verwaltungskultur pflegen, nach der die Beschlüsse aller demokratischen Stadtbezirksgremien umgesetzt werden. Das örtliche Votum muss künftig starke Durchsetzungsmöglichkeiten erhalten, dafür setze ich mich ein.
Bedeutet die Reduzierung auf sieben Stadtbezirke auch größere Verwaltungseinheiten? Die setzen viele Bürger mit langen Wartezeiten und wenig Transparenz gleich.
Nein, es sollten keine Doppelstrukturen zu städtischen Ämtern entstehen. Vielmehr muss die Stadtbezirksverwaltung in der Lage sein, den Räten alle notwendigen Informationen zu verschaffen, die es für Entscheidungen braucht. Und das im Blasewitzer Ortsamt langsamer gearbeitet wird als woanders, weil hier schon weitaus mehr Bürger betreut werden, sehe ich nicht. Vielmehr besteht mit der neuen Stadtbezirksstruktur die Möglichkeit, wirksam mitzugestalten. Mit beispielsweise zehn Euro pro Einwohner, wie es die Ortschaften heute schon bekommen, könnten die Stadtbezirke jedes Jahr entscheiden, wo sie etwas direkt gestalten oder als Co-Finanzierung mit der Stadt etwas gestalten. Das stärkt die örtliche Kompetenz. Kleinere Einheiten hätten teilweise so wenig Geld, dass es gerade für das Anbringen von zwei Papierkörben und nicht viel mehr reicht.
Würden mit der neuen Struktur Rathäuser oder Bürgerbüros wegfallen?
Die Bürgerbüros bleiben bestehen, obwohl ich nicht sicher bin, ob sie auch überall gut ausgelastet sind. Wir müssen beobachten, wie sich die Frequenz mit der zunehmenden Digitalisierung entwickelt. Und in den Rathäusern wären Stadtbezirksverwaltungen oder solche Stellen wie zum Beispiel Beratungsstellen unterzubringen, die vor Ort wirken.
Fakt ist aber, dass wir das zentral ansiedeln sollten, was von zentraler Bedeutung ist. Ein Beispiel: Die Beschaffung von Möbeln und Material wird für ganz Dresden von einer Abteilung gesteuert, die im Ortsamt Loschwitz sitzt. Das ist nicht sinnvoll und sollte geändert werden.
Einsparungen am Personal wird es damit auch nicht geben?
Wie gesagt, die Verwaltung muss funktionieren. Da kommt eher was dazu, als einzusparen.
Sie sprachen anfangs an, dass die Stadtbezirksbeiräte auch direkt gewählt werden sollen. Ist das bis zur Wahl 2019 zu schaffen?
Der Gesetzgeber stellt es zur Wahl, aber für mich ist die Direktwahl absolut gerechtfertigt. Wir haben die Vorlage jetzt eingebracht, damit eine Direktwahl erfolgen kann, wenn sich der Stadtrat dafür entscheidet. Auch wenn es eine organisatorische Herausforderung ist, auf die wir hinweisen.
Für die örtlichen Gremien könnten auch Mitglieder von ortsansässigen Vereinen und Initiativen kandidieren. Würde hingegen der Stadtrat wie bisher die Mitglieder benennen, so kämen nur solche zum Zuge, die auch bei der Stadtratswahl angetreten sind.
Das Gespräch führte Kay Haufe.