Leipzig
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Morddrohung wegen Schweinefleisch

Die Kita, die Schweinefleisch vom Speiseplan streichen wollte, wurde massiv bedroht. Leipzigs OB schreibt einen ungewöhnlich deutlichen Brandbrief. 

Von Nancy Riegel
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Die Debatte um das angebliche Schweinefleisch-Verbot hatte sich so sehr aufgeheizt, dass die Polizei bei den Kitas nach dem Rechten schaute.
Die Debatte um das angebliche Schweinefleisch-Verbot hatte sich so sehr aufgeheizt, dass die Polizei bei den Kitas nach dem Rechten schaute. © Sebastian Willnow/dpa

Leipzig. Die Schweinefleisch-Debatte von vergangener Woche wurde nicht nur in den sozialen Netzwerken geführt, sondern gipfelte in Drohungen gegen die zwei betroffenen Leipziger Kitas. Das veröffentlichte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) am Dienstag auf seiner Facebook-Seite. Dem Kitabetreiber Wolfgang Schäfer seien Briefe mit Sätzen wie „Ich werde sie nicht nur krankenhausreif schlagen, ich werde sie töten“ zugeschickt worden, schreibt der Politiker.

Mit ungewöhnlich deutlichen Worten verurteilt Jung in seinem Post die aufgeheizte Debatte und die daraus resultierenden Morddrohungen. „Es ist unverantwortlich, die Essensauswahl einer Kita zum Untergang unserer Kultur hochzustilisieren, wie in den letzten Tagen, von der CDU, der AfD und vor allem aus konservativen Kreisen geschehen.“ Nachdem die "Bild" die Entscheidung der Kita öffentlich gemacht hatte, war eine massive Diskussion in den sozialen Medien ausgebrochen. 

Nach kurzer Zeit veröffentlichten am Dienstag vergangener Woche auch Politiker Statements. CDU-Landes-Generalsekretär Alexander Dierks erklärte, selbstverständlich solle und könne "niemand gegen seinen Willen gezwungen werden, etwas Bestimmtes zu essen. Aber ein Verbot ist der falsche Weg". AfD-Bundestagsfraktionsvize Beatrix von Storch sprach gar von einer "kulturellen Unterwerfung". Burkhard Jung schreibt dazu: „Nein, die Entscheidung der Leipziger Kitas ist keine kulturelle Unterwerfung, sondern eine freie Entscheidung in einem freien Land. Wer das nicht akzeptiert, der akzeptiert die Freiheit nicht und bringt sie sogar in Gefahr.“

Jung veröffentlichte auf Facebook auch ein Foto eines handgeschriebenen Zettels, der der Kita offenbar zugeschickt wurde. „An den Galgen mit dir oder standrechtlich erschießen“, steht darauf. Die Saat der „Gaulands, Weidels und Höckes“ gehe auf, schreibt der Leipziger Oberbürgermeister dazu. „2019 werden Kindergärten bedroht, weil sie den Speiseplan so verändern, wie es nicht in ein kleingeistiges Weltbild passt.“

In Leipzig hatte die Leitung zweier Kindergärten entschieden, künftig aus Rücksicht auf die muslimischen Kinder in der Einrichtung auf Schweinefleisch und Gelatine zu verzichten. Die "Bild" hatte das Schreiben an die Eltern in Auszügen veröffentlicht. Deutschlandweit schrieben Medien über die Entscheidung der Einrichtung. Nach einer massiven öffentlichen Debatte ruderte die Einrichtung wieder zurück. 

Laut Evangelischem Pressedienst (epd) habe die Berichterstattung der "Bild" zu Beschwerden beim Presserat geführt. Zwar sollen Produkte mit Schweinefleisch und Gelatine nicht mehr auf dem Speiseplan der Kita angeboten werden, es sei den Kindern aber beispielsweise nicht verboten, Wiener Würstchen oder Gummibärchen mit in den Kindergarten zu bringen. Der "Bild" wird vorgeworfen, Fakten falsch dargestellt und sowie „eine unangemessene, tendenziöse und hetzerische Darstellung“ genutzt zu haben. (mit dpa, epd)