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Mordeten Neonazis auch in Sachsen?

Im Freistaat gibt es zwei ungeklärte Mordfälle, bei denen sich offenbar Hinweise auf eine Verbindung zum rechtsradikalen Milieu finden.

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© Archiv/MoPO Dresden/Satelmajer

Von Andrea Schawe

Gibt es neue Erkenntnisse zu alten Ermittlungen? Zwei Mordfälle, die zwischen 1990 und 2011 verübt worden sind, könnten einen bislang unbekannten rechtsextremistischen Hintergrund haben. Das hat eine Antwort des sächsischen Innenministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Miro Jennerjahn ergeben. Nachdem die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bekannt geworden waren, hatten die Innenminister der Länder eine Überprüfung ungeklärter Verbrechen angekündigt. Dabei sollten Straftaten wie etwa Mord und Totschlag auf rechtsextremistische Hintergründe untersucht werden. „Von den überprüften 190 Fällen sind zwei als relevant erachtet und dem Bundeskriminalamt gemeldet worden“, heißt es nun von Innenminister Markus Ulbig (CDU).

Der Mord an den Gebrüdern Silbermann gehört dazu. Am 11. November 1995 wurde der damals 24-jährige Sven Silbermann auf einem Sportplatz am Dresdner Emerich-Ambros-Ufer tot aufgefunden. Vier Tage später fand man die Leiche seines zwei Jahre jüngeren Bruders Michael im Mittelteich bei Moritzburg. Beide waren nicht vollständig bekleidet und wiesen Stichwunden auf. Die Brüder waren der Polizei wegen verschiedener Eigentumsdelikte bekannt, hatten zu Jugendbanden gehört und offenbar auch Kontakt zur rechtsradikalen Szene. Sven Silbermann war 1991 im Zusammenhang mit der Misshandlung einer schwangeren Vietnamesin als Tatverdächtiger vernommen worden.

Die nach dem Tod der Brüder gegründete Sonderkommission „Silbermann“ ermittelte im Rotlichtmilieu und hatte Mitglieder einer Jugendbande als Täter im Visier.

Auch der Mord an der damals 66-jährigen Vera Marotz konnte bisher nicht geklärt werden. In der Nacht zum 20. Oktober 2004 hatte eine Polizeistreife auf der Landstraße zwischen Grödel und Nünchritz einen umgekippten Handwagen und daneben die Leiche der Frau gefunden. Die Ermittler schlossen einen Unfall aus, die Nünchritzerin hatte Verletzungen im Gesicht und Rippenbrüche erlitten. Die Polizei fand am Tatort DNA-Spuren einer jungen Frau, 5 400 Personen wurden überprüft. Die Ermittler hielten es damals auch für möglich, dass der oder die Täter aus dem Drogenmilieu kommen oder die in der Bevölkerung „Katzenjule“ genannte Frau zufällig Zeugin von Vandalismus geworden war und deshalb sterben musste.

Die beiden Fälle seien anhand des von der AG Fallanalyse des Gemeinsamen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus entwickelten Indikatoren-Kataloges relevant. „Die Anhaltspunkte, die gerade diese Fälle uns haben melden lassen, können wir natürlich nicht benennen“, sagt der Sprecher des Innenministeriums, Martin Strunden. Das würde die Ermittlungen gefährden. Die Fälle werden seit Januar 2013 vom Bundeskriminalamt untersucht. „Dies bedeute jedoch nicht, dass es sich dabei tatsächlich um rechtsextremistisch motivierte Straftaten handelt“, schreibt Ulbig. Die Untersuchungen auf Bundesebene dauerten an und sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.