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Moritzburg will Asylheim

Der Gemeinderat lehnt eine Notunterkunft weiterhin ab. Aber das Landratsamt stellt trotzdem eine auf.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Wolf Dieter Liebschner

Moritzburg. Asyl ja, aber so wie Moritzburg das will. Das ist das Fazit einer Sondersitzung des Gemeinderats in der vergangenen Woche (SZ berichtete). Es bleibt beim Moritzburger Nein zu einer Notunterkunft für Asylsuchende in der ehemaligen Heimschule. Die Entscheidung der Gemeinderatsmitglieder fiel einstimmig. Ein entsprechender Brief wurde an Landrat Arndt Steinbach geschickt. Stattdessen stehen sie nach wie vor zu ihrem Beschluss vom Juni dieses Jahres, nach dem in Moritzburg eine Gemeinschaftsunterkunft eingerichtet werden soll.

Die Sondersitzung war notwendig geworden, weil das Landratsamt die in der letzten ordentlichen Gemeinderatssitzung beschlossene Ablehnung einer Notunterkunft als rechtswidrig bezeichnet hatte. Eine Ablehnung wäre nur dann möglich gewesen, wenn das Vorhaben gegen den Flächennutzungsplan der Gemeinde verstoßen würde. Der sieht in dem betreffenden Areal eine Nutzung für soziale Zwecke vor. Dagegen würde eine Asylunterkunft nicht verstoßen. Zudem gibt es befristete Sonderregeln, die die Möglichkeiten zum Einrichten von Asylunterkünften erweitern.

Vollendete Tatsachen

Indes schafft das Landratsamt jedoch vollendete Tatsachen. Denn die ehemalige Heimschule in der Gemarkung Eisenberg, die sich im Eigentum des Landkreises befindet und seit vielen Jahren leersteht, wird in diesen Tagen zu einer Notunterkunft für Asylsuchende umgebaut. Am 18. Dezember, so die aktuelle Information des Landratsamtes Meißen, sollen die derzeitigen Bauarbeiten an und in der früheren Heimschule beendet sein. Die Übergabe an den künftigen Betreiber sei dann für den 21. Dezember vorgesehen. Dort sollen zunächst 64 Flüchtlinge einziehen. Bis März kommenden Jahres, so Bürgermeister Jörg Hänisch, werden weitere 34 Asylbewerber erwartet.

Die Moritzburger Räte fühlen sich vom Landratsamt übergangen. Man sei überhaupt nicht auf die Intentionen des Gemeinderates eingegangen. Die Gemeinderatsmitglieder berufen sich dabei auf Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der sich erst kürzlich gegen die Einrichtung von Notunterkünften in kleineren Orten und Dörfern ausgesprochen hatte. „Notunterkünfte gehören nicht in Dörfer“, sagte denn auch Ratsmitglied Volker John in der Sondersitzung. „Wohnunterkunft ja, aber keine Notunterkunft“, bekräftigte auch Gemeinderat Marcel Vetter. „Das Landratsamt ist überhaupt nicht auf unsere Begründung eingegangen“, beschwerte sich Andreas Timmler. Denn der Unterschied zwischen Not- und Gemeinschaftsunterkunft ist groß. Zwar habe das Landratsamt inzwischen mitgeteilt, dass die in die Notunterkunft Einziehenden sämtlich registriert und medizinisch untersucht sein werden, unklar sei jedoch, ob diese Flüchtlinge schon einen Antrag auf Asyl gestellt haben.

Kaum Integration möglich

Neben den geringeren baulichen Anforderungen, die an eine Notunterkunft gestellt werden, kritisiert der Moritzburger Gemeinderat vor allem, dass die in einer Notunterkunft Lebenden kaum in den Ort integriert werden könnten, weil die Belegung dort zu schnell wechselt. Integration ist nur mit Gemeinschaftsunterkünften möglich, so der Standpunkt der Gemeinderatsmitglieder. „Und wir wollen diese Menschen doch in das Ortsleben einbinden und ihnen den Aufenthalt so gut wie möglich gestalten“, sagte Andreas Timmler. „Aber so werden wir vom Landratsamt kaltschnäuzig abgewiegelt.“ Das Nein zur Notunterkunft sei deshalb folgerichtig. „Wir dürfen unser Gesicht nicht verlieren.“

In Erwartung von Asylbewerbern und Flüchtlingen engagieren sich inzwischen fast 100 Einwohner der Gemeinde im Aktionsbündnis „Vielfalt-Moritzburg“. Die Organisation liegt bei einem achtköpfigen Orgteam. Das hat sich nach dem Vorbild anderer Aktionsbündnisse für selbstständig arbeitende Themengruppen entschieden: Öffentlichkeit/Willkommen, Sprachen, Patenschaften, Begegnung/Feste sowie Aktion/Sport/Vereine.

Wer mitarbeiten oder das Aktionsbündnis unterstützen möchte, kann sich an folgende E-Mail-Adresse wenden:

[email protected]. Die Homepage

www.vielfaltmoritzburg.de ist im Aufbau.