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Moritzburg: Museum erhält Kollwitz-Maske

Am Käthe-Kollwitz-Haus wurde am 77. Todestag der Künstlerin zudem eine Stele des Landesfrauenrates enthüllt. Diese ist Teil des Projektes "frauenorte sachsen".

Von Sven Görner
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Diese Porträtmaske von Käthe Kollwitz der Künstlerin Margret Böning aus dem Jahr 1946 gehört seit Freitag zur Dauerausstellung des Kollwitz-Hauses in Moritzburg.
Diese Porträtmaske von Käthe Kollwitz der Künstlerin Margret Böning aus dem Jahr 1946 gehört seit Freitag zur Dauerausstellung des Kollwitz-Hauses in Moritzburg. © Norbert Millauer

Moritzburg. Das Balkonzimmer im Käthe-Kollwitz-Haus in Moritzburg hat seit Freitagabend einen neuen Blickfang: eine Bronzemaske der Kollwitz - geschaffen von der Bildhauerin Margret Böning. Dass dieses Kunstwerk nun in der Dauerausstellung am Sterbeort von Käthe Kollwitz gezeigt werden kann, ist einem Geschwisterpaar aus Bayern zu verdanken.

Die beiden Stifter Ursula Donner und Heinz Koch wollten eigentlich am Freitag bei der feierlichen Enthüllung am 77. Todestag der großen deutschen Bildhauerin und Grafikerin in Moritzburg dabei sein. Doch wie Anke Rödel, die Leiterin des Hauses informierte, sei die 78-jährige Ursula Donner leider kurzfristig erkrankt. Und ihr acht Jahre jüngerer Bruder wollte nicht ohne sie anreisen. Die Maske hatte die Museumsleiterin gemeinsam mit Margitta Hensel, der Vorstandsvorsitzenden der das Haus tragenden Kollwitz-Stiftung, bereits im Oktober in München abgeholt.

Das letzte Dreivierteljahr ihres Lebens hatte die betagte Kollwitz seit dem Sommer 1944 auf Einladung Ernst Heinrich Prinz von Sachsen in Moritzburg verbracht. Im nahe dem Schloss gelegenen Rüdenhof der Familie Graf zu Münster – dem heutigen Museum – waren für sie zwei Zimmer eingerichtet worden.

Die Aufnahme zeigt die Kollwitz gemeinsam mit Margret Böning in deren Elternhaus in Nordhausen. In diesem hatte die betagte Käthe Kollwitz 1943/44 vor ihrem Umzug nach Moritzburg Zuflucht gefunden.
Die Aufnahme zeigt die Kollwitz gemeinsam mit Margret Böning in deren Elternhaus in Nordhausen. In diesem hatte die betagte Käthe Kollwitz 1943/44 vor ihrem Umzug nach Moritzburg Zuflucht gefunden. © Nachlass Kollwitz © Käthe Kollwitz Museum Köln

Zuvor - ab August 1943 - hatte die junge Bildhauerin Margret Böning Käthe Kollwitz in ihrem Elternhaus in Nordhausen beherbergt, da Berlin zunehmend Bombenangriffen ausgesetzt war. Beinahe ein ganzes Jahr währte die innige Hausgemeinschaft, in der Käthe Kollwitz liebevoll umsorgt wurde und intensiv am Familienleben und am künstlerischen Schaffen der 32-Jährigen teilnahm. Immer wieder ermutigte sie die junge Künstlerin zu intensiver künstlerischer Arbeit und stellt sich ihr auch als Modell zur Verfügung. Nach der Übersiedlung nach Moritzburg - da auch Nordhausen nicht mehr sicher genug erschien - zeugt ein intensiver Briefwechsel zwischen Nordhausen und Moritzburg von der herzlichen Verbindung der beiden Künstlerinnen. Die nun in Moritzburg zu sehende Maske schuf Margret Böning 1946 aus der Erinnerung. Es wurden zehn Bronzeabgüsse gefertigt, die sich heute in verschiedenen Sammlungen Deutschlands, Hollands und der USA befinden.

Doch wie kamen die beiden Stifter in den Besitz ihres Exemplars? Sie sind die Kinder der Nabburger Apothekerin Edeltraut Koch, in deren Haus Margret Böning in den Nachkriegswirren ihrerseits wiederholt freundliche Aufnahme fand. Die Künstlerin hatte ihr die Maske geschenkt. Auch Terrakotta-Köpfe der Kinder der Apothekerin seien seinerzeit entstanden. Von der damals vierjährigen Ursula und einem inzwischen verstorbenen anderen Bruder.

Wie Anke Rödel der SZ sagte, sei für Ursula Donner schon lange klar gewesen, dass die Maske einmal im Moritzburger Kollwitz-Haus ihr neues Zuhause finden soll. Das Museum hatte sie in den 1990er Jahren besucht.

Enthüllt wurde am 77. Todestag von Käthe Kollwitz durch den Landesfrauenrat auch eine Stele mit einer Gedenktafel vor dem Museum.
Enthüllt wurde am 77. Todestag von Käthe Kollwitz durch den Landesfrauenrat auch eine Stele mit einer Gedenktafel vor dem Museum. © Norbert Millauer

Die Präsentation dieses interessanten neuen Ausstellungsstückes war am Freitag allerdings nicht das einzige Ereignis. Vor dem Haus wurde zudem durch den Landesfrauenrat eine Stele mit einer Texttafel zum Leben und Werk der Kollwitz enthüllt. Den Text dafür hat Sabine Hänisch verfasst, die das Haus von seiner Eröffnung bis zum Sommer des vergangenen Jahres leitete. Es sei ihr nicht leicht gefallen, sich auf den wenigen Platz und - wie vorgegeben - die reinen Fakten zu beschränken, "wo doch das Leben zwischen den Fakten das Interessante und Spannende ist". Sie hätte sich durchaus auch einen anderen Standort vorstellen können. Etwa am Käthe-Kollwitz-Platz in der Ortsmitte. "Vielleicht würden dort ja sogar noch mehr Leute auf diese bedeutende Künstlerin und das Haus aufmerksam werden. Denn leider können immer mehr Menschen weniger etwas mit diesem Namen anfangen."

Genau das ist ein Anliegen des Frauenorte-Projektes. Bedeutende Frauen ins Bewusstsein der Leute zu holen und ihre Leistungen zu würdigen. Der erste Frauenort in Sachsen wurde im Oktober 2016 in Chemnitz eingeweiht. Für Ernestine Minna Simon, einer Textilarbeiterin und Streikführerin. Im Landkreis Meißen gibt es mit der Moritzburger Stele nun drei Frauenorte. Der in Meißen erinnert an Louise Otto-Peters, der Mitbegründerin der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung und Schriftstellerin. In Radebeul würdigt er die engagierte Kinderärztin Dr. Christa Mannfeld-Hartung.