Neue Bäume für den Friedewald

Moritzburg. Kraftvoll stößt der Mann das lange Arbeitsgerät mit dem schmalen, am Ende spitz zulaufenden Blatt in den Waldboden. Dann noch ein paar geübte Handgriffe und die Erde etwas festgetreten und das nächste Bäumchen im Moritzburger Staatswald ist gepflanzt. Um die 1.000 Stück schaffen Wolfram Berg und seine Frau Ilka am Tag. „Das hängt immer auch vom Boden ab“, sagt Marko Groß, der Leiter des Moritzburger Sachsenforst-Reviers.
Hier am Rand des Naturschutzgebiets Altenteichmoor braucht es etwas mehr Kraft beim Pflanzen. Denn die 40 bis 50 Jahre alten Fichten, die hier im vergangenen Jahr dem Borkenkäfer zum Opfer fielen, haben ein flaches und dichtes Wurzelgeflecht gebildet. Die Bäume wurden zwar abgeholzt, doch ihre Stubben, und damit die Wurzeln, sind noch da.
Dazwischen lässt der Revierförster nun Erlen pflanzen. Die sind schon recht kräftig. Einige strecken ihre ersten Blätter in die Sonnenstrahlen. Ilka Berg behandelt die Mini-Bäumchen trotz ihrer bereits passablen Größe fast wie rohe Eier. „Viele denken, dass es reicht, wenn der Hauptwurzel nichts passiert. Wichtig ist aber, dass die feinen Haarwurzeln nicht austrocknen“, sagt die Pflanzexpertin.
Sie ist daher froh, dass es immer mal wieder regnet und die Sonne nicht gar zu kräftig scheint. So gibt es genügend Pfützen, um die Wurzeln der jungen Erlen feucht zu halten, bis sie im Boden sind. Einen Teil der Bäumchen bringen die beiden am Morgen mit zur Aufforstungsfläche, die anderen holen sie später am Tag vom zentralen Lagerplatz im Friedewald.
Dort hat sich der Bestand inzwischen schon deutlich gelichtet. „Das hochwertige Pflanzgut stammt aus den landeseigenen Forstbaumschulen in Graupa bei Pirna und Heinzebank bei Marienberg“, sagt Marko Groß. Eine dritte befindet sich in Kretscham bei Oberwiesenthal. „Sobald der Frost aus dem Boden war, wurden sie in den Baumschulen maschinell aus der Erde geholt“, erzählt der Forstmann weiter. Hier im Friedewald kamen die Pakete mit jeweils 25 beziehungsweise 50 Stück dann zur Zwischenlagerung in eigens dafür gezogene Furchen. Die Wurzeln wurden vorsichtig mit Erde bedeckt.
82.000 junge Bäumchen
„Bis zum Herbst sollen dieses Jahr in Moritzburg 82.000 Bäume gepflanzt werden“, sagt Marko Groß. Im Vorjahr waren es sogar über 90.000. Insgesamt werden so fast 18 Hektar aufgeforstet. „Bei einem normalen planmäßigen Holzeinschlag wären es um die acht Hektar“, ergänzt der Forstmann.
Doch eine normale nachhaltige Waldbewirtschaftung ist auch im Friedewald nun schon seit mehreren Jahren nicht mehr möglich. Erst sorgten Stürme für riesige Mengen Schadholz, die die planmäßigen Einschlagsmengen bei Weitem übertrafen, dann folgten Hitze und Trockenheit und mit ihr im Verbund die Invasion der Borkenkäfer.
Die Forstleute befinden sich seitdem in einem fast permanenten Wettlauf mit den Schadinsekten. Denn nur eine schnelle Entnahme der befallenen Bäume kann helfen, deren weitere Ausbreitung zu verhindern. Marko Groß ist daher froh, dass das Wetter in diesem Jahr auf der einen Seite deutlich günstiger zum Pflanzen ist und auf der anderen bis jetzt die Entwicklung der Käferbrut ausbremst.
Vor einem Jahr war das anders. Da war es um diese Zeit nicht nur schon deutlich wärmer, sondern auch staubtrocken. In diesem Winter haben Regen und Schnee indes dafür gesorgt, dass die oberen Schichten des Waldbodens im Friedewald noch immer durchfeuchtet sind. „Wir werden die jetzt zwischengelagerten Pflanzen bis zum Ende des Monats ohne Probleme in den Boden bekommen.“ Im Herbst sollen dann noch einmal 1.500 Bäumchen folgen. „Jeweils zur Hälfte Stieleiche und Weißtanne.“
Neben der Schadensbeseitigung im Waldbestand stellt die parallel dazu erforderliche umfangreiche Wiederaufforstung eine große Herausforderung dar. Sowohl finanziell als auch personell. Denn die Neupflanzungen brauchen erheblich mehr Pflege. Und das über Jahre. Da zum Moritzburger Revier nur drei Waldarbeiter gehören, werden viele Arbeiten an externe Firmen vergeben. Wie etwa die Erlenpflanzungen an den kleinen Forstbetrieb der Bergs.
Dennoch ist die erst durch die Sturmschäden und jetzt durch den Borkenkäfer hervorgerufene Situation durchaus auch eine Chance. Der wegen des Klimawandels notwendige Waldumbau kommt so deutlich schneller voran.
Während die Fichte im Friedewald inzwischen fast nur noch vereinzelt vorkommt und auch viele Kiefern-Standorte Opfer der Borkenkäfer wurden, setzt Marko Groß bei den jetzigen Pflanzungen vor allem auf zwei Arten: Stiel- und Roteiche. Sie machen in diesem Jahr mehr als ein Drittel der neuen Bäumchen aus. Mit 15.000 Stück ist auch die Lärche gut vertreten. Hainbuchen, Vogelkirschen und Erlen gehören ebenfalls dazu. Und 4.000 weitere Esskastanien. Mit diesen hat der Forstmann bei ersten Pflanzungen in den vergangenen Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Ein neuer Versuch ist die Elsbeere. Davon werden 200 gepflanzt. „Das ist ein sehr wärmeliebender Baum.“ Vor allem auf trockene Kuppen sollen zudem 1.000 Baumhasel-Pflanzen kommen.
Eine Hecke am Waldrand
Im Schneetreiben wurden Anfang April erstmals auch 600 Sträucher an einen Waldrand bei Steinbach gepflanzt. Sie sollen künftig nicht nur eine Art Schutzmantel für den Wald bilden, sondern auch Tieren und Pflanzen einen Lebensraum bieten. Was bei der Pflanzaktion fehlt, sind Buchen. Viele alte Exemplare haben ebenfalls unter der Trockenheit gelitten. „Dort, wo sie eine Gefahr darstellten, mussten wir ihre Kronen zurückschneiden. Die Stämme bleiben aber als Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere stehen.“ Buchen soll es auch künftig in Moritzburg geben. „Wir haben ausreichend junge Bestände. Dazu kommt noch die natürliche Verjüngung“, ergänzt Marko Groß. Zusätzliches Pflanzen sei daher nicht erforderlich.