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Schweinepest: Weitere Zäune quer durch den Landkreis Meißen

Kilometerlange Barrieren sollen das weitere Ausbreiten des Virus verhindern. Offenbar ist dieses aber nicht durch Wildschweine nach Radeburg gelangt.

Von Sven Görner
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Entlang der S 81 zwischen Dresden und Großenhain wird ein Schutzzaun zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinpest gebaut. Derzeit wird am Auer gearbeitet. Doch es ist nicht der einzige.
Entlang der S 81 zwischen Dresden und Großenhain wird ein Schutzzaun zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinpest gebaut. Derzeit wird am Auer gearbeitet. Doch es ist nicht der einzige. © Matthias Schumann

Moritzburg. Der hüfthohe Zaun glänzt in der Sonne. Wie ein Band aus Metall schlängelt er sich erst nördlich, dann östlich immer an der Staatsstraße 81 entlang. Inzwischen hat das kilometerlang Knotengeflecht-Bauwerk, von der Dresdner Stadtgrenze kommend, den Moritzburger Ortsteil Auer erreicht. Zur Überraschung der beiden Forstleute Daniel von Sachsen und Marko Groß.

Letzterer ist der Leiter des Moritzburger Staatswaldreviers. Dieses erstreckt sich auf der vom Auer aus gesehenen linken Seite der Straße nach Moritzburg. Der Wald auf der anderen Seite gehört zur Wettinischen Forstverwaltung, deren Chef Daniel von Sachsen ist. Beide wussten von dem Zaunbau nichts und fragten wie die SZ bei der Unteren Forstbehörde im Landkreis nach.

Laut dem Leiter des Landkreisreviers Süd, Ralf Schnabel, wird der Zaun zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) gebaut. Diese war im Landkreis Meißen zum ersten Mal am 8. Oktober 2021 bei einem erlegten Wildschwein nahe Radeburg festgestellt worden. Inzwischen gibt es im Kreis Meißen 40 nachgewiesene Fälle. Als Präventionsmaßnahme waren von der Landesdirektion Sachsen zunächst zwei Schutzzonen um den Fundort festgelegt worden. Später wurde dann ein relativ kleiner Bereich um das Zentrum des Infektionsgeschehens als Kerngebiet festgelegt und umzäunt.

Schutzzonen deutlich erweitert

Mit der neusten Anordnung vom 19. Januar waren die Schutzzonen noch einmal deutlich erweitert worden. Zugleich sei damit die Entscheidung verbunden gewesen, den Bau der ASP-Schutzzäune zu erweitern, um eine Ausbreitung nach Westen so vermeiden. Finanziert werden diese vom Freistaat Sachsen. Für die Umsetzung im Landkreis ist die Untere Forstbehörde zuständig. Der Landkreis-Revierleiter weiß daher auch, dass der Zaun entlang der S 81 nicht am Auer endet, sondern bis Großenhain fortgeführt wird.

Und das ist noch nicht alles. „Einen zweiten Zaun wird es von der Landesgrenze zu Brandenburg entlang der B 101 bis Meißen geben und von dort auf der anderen Elbseite an der S 177 bis Wilsdruff.“ Bis wann beide Zäune fertiggestellt sind, hänge vor allem von der Leistungsfähigkeit der beauftragten Firmen ab. Auch dort gebe es immer wieder Krankheitsfälle. „Das Ziel ist aber, so schnell wie möglich“, ergänzt Ralf Schnabel.

Die Überlegung bei den jetzigen Zäunen sei, noch mehr vorbeugend gegen die Ausbreitung der für Menschen zwar ungefährlichen, für Schweine aber meist tödlichen Schweinepest zu tun. Denn wenn es einen weiteren Fund eines infizierten Tieres gibt, ist es schwierig, kurzfristig neue Zäune zu bauen.

Wo der neue Zaun kleinere Wege kreuzt, sollen Tore eingebaut werden. „Bei viel genutzten Hauptwegen im Wald oder auch im offenen Gelände ist das allerdings schwierig, da diese, wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen, auch immer wieder geschlossen werden müssten“, so Ralf Schnabel. Daher werde der Zaun dort auch 100 bis 150 Meter an den Wegen gebaut, damit eine Art Trichter entsteht. So soll das Schwarzwild möglichst daran gehindert werden, auf dem Weg das eingezäunte Gebiet zu verlassen. Ähnlich werde auch bei Straßen verfahren, die ja auch nicht mit einem Tor abgesperrt werden können.

Unter Jägern und auch Forstleuten wird die Wirksamkeit der Zäune allerdings durchaus auch kritisch betrachtet. Denn für ein unter Stress stehendes ausgewachsenes Schwarzwild seien sie kein ernsthaftes Hindernis.

Forscher haben Ausbreitung der ASP untersucht

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt, das die Maßnahmen zur Bekämpfung der ASP koordiniert, hat jetzt zudem die Ergebnisse einer Untersuchung von Forschern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Diese haben anhand der Echtzeitdaten des tatsächlichen Ausbruchsgeschehens mit mathematischen Mitteln verschiedene Ansteckungsszenarien modelliert. Im Freistaat war am 31. Oktober 2020 das ASP-Virus erstmals nachgewiesen worden. Im Landkreis Görlitz. Zwischenzeitlich gibt es 1017 amtliche Nachweise in den Landkreisen Görlitz, Bautzen und Meißen.

Die Wissenschaftler um Dr. Hans-Hermann Thulke kamen zu dem Ergebnis, dass wenn man die Computermodelle mit realistischen wildbiologischen Daten füttert, die so simulierte Seuche im Oktober 2021 stets weiter als 60 Kilometer von der ersten tatsächlichen Fundstelle im Landkreis Meißen bei Radeburg entfernt ist. „Selbst wenn hypothetisch eine viermal schnellere Verbreitung der Infektion simuliert wird als in Sachsen beobachtet, wird dank der im Modell nachgestellten Untersuchungsdichte erlegter Wildschweine die Krankheit zu 100 Prozent entdeckt, bevor der Kreis Meißen erreicht ist“, heißt es weiter in der Mitteilung des Ministeriums zum Ergebnis der Forschungen des UFZ.

Überraschende Schlussfolgerung

„Das am 8. Oktober 2021 in der Nähe von Radeburg unweit der Autobahn A 13 erlegte Tier muss sich also auf einem anderen Weg mit dem ASP-Virus infiziert haben“, lautet daher die Schlussfolgerung der Wissenschaftler. Dafür komme die Übertragung mithilfe des Menschen infrage, zum Beispiel durch nicht ordnungsgemäß entsorgte Speiseabfälle.

Sebastian Vogel, Staatssekretär im Sozialministerium und Leiter des ASP-Krisenstabs, erklärt: „Dieses Modellierungsergebnis bestätigt uns, wie wichtig es nach wie vor ist, dass die Öffentlichkeit mithilft, diese Tierseuche zu bekämpfen.“ Nahrungsreste sollten nicht achtlos weggeworfen, sondern in den dafür vorgesehenen Behältern entsorgt werden. Dies gilt vor allem in Waldnähe für Spaziergänger, Wanderer, Reisende und Fernfahrer. „Andererseits heißt es aber auch, dass unsere Maßnahmen die Ausbrüche im Wildschweinebestand des Landkreises Meißen als eigenständiges Geschehen behandeln müssen. Damit sind die Errichtung der Zäune bei gleichzeitiger Reduzierung des Schwarzwildbestandes und der Bergung verendeter Tiere im Zusammenspiel die einzig möglichen und die richtigen Maßnahmen. Sie wirken und haben bisher eine Übertragung auf Hausschweinbestände verhindert“, ergänzt der Staatssekretär.