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Wechsel im Kollwitz-Haus Moritzburg

Sabine Hänisch leitete den Gedenkort seit der Öffnung 1995. Nun übernimmt Anke Rödel. Sie hat schon einmal hier gearbeitet. Die Erwartungen sind groß.

Von Sven Görner
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Anke Rödel an ihrem neuen Arbeitsort. Die gebürtige Dresdnerin ist seit dem Monatsanfang die Leiterin des Käthe-Kollwitz-Hauses Moritzburg. Der einstige Rüdenhof ist der Sterbeort der bedeutenden Grafikerin und Malerin.
Anke Rödel an ihrem neuen Arbeitsort. Die gebürtige Dresdnerin ist seit dem Monatsanfang die Leiterin des Käthe-Kollwitz-Hauses Moritzburg. Der einstige Rüdenhof ist der Sterbeort der bedeutenden Grafikerin und Malerin. © Arvid Müller

Moritzburg. Es ist ein nahtloser und geordneter Übergang. Das ist gut so. Denn Aufregung gab es um das Käthe-Kollwitz-Haus in Moritzburg seit einem Dreivierteljahr schon reichlich. Zu der vom Freundeskreis organisierten Lesung anlässlich des 154. Geburtstages von Käthe Kollwitz war Sabine Hänisch in der vergangenen Woche noch einmal in ihrer langjährigen Wirkungsstätte. Ihr letzter offizieller Arbeitstag als Geschäftsführerin der Stiftung und Leiterin der Gedenkstätte war der 30. Juni.

Sie baute das Haus mit auf und organisierte über 25 Jahre interessante Ausstellungen und Angebote. Nun hat die Friedewalderin entschieden, sich aus dem Kollwitz-Haus zurückzuziehen. Die Trägerstiftung hatte daraufhin ihre Stelle ausgeschrieben. Wieder als Teilzeitjob mit 70 Prozent, auch die zweite Stelle im Museum hat diese Stundenzahl. Unter den 19 Bewerbungen war lediglich ein Mann. „Einige kannten wir bereits“, sagt Margitta Hensel, die Vorstandsvorsitzende der Stiftung.

19 Bewerbungen, aber nur ein Mann

So auch Anke Rödel, die nun zum 1. Juli übernommen hat. Die Dresdnerin hat einen Abschluss in Kunstgeschichte. Und - sogar schon einmal im Kollwitz-Haus gearbeitet. „Während meines Studiums in Dresden gab es ein Seminar, in dem ein Architekturführer für Dresden und Umgebung erarbeitet wurde“, sagt die 49-Jährige. Da sie ihre frühe Kindheit am Wilden Mann verbrachte, „interessierte mich Moritzburg“. Sie recherchierte zu verschiedenen Bauten im Ort, nur beim früheren Rüdenhof, dem Kollwitz-Haus, ging es nicht so richtig weiter. Also fragte sie im Schloss nach und traf dort auf Margitta Hensel. „So absolvierte ich ein Praktikum im Schloss und später schließlich noch eines im Rüdenhof.“

Nach dem Studium arbeitete die Dresdnerin an verschiedenen Projekten. So baute die das Museum Körnigreich in der Dresdner Neustadt auf, das den 1989 verstorbenen Maler und Grafiker Hans Körnig wieder in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rückte. Nach der Geburt ihres ersten Kindes verließ Anke Rödel das Museum und übernahm eine Einrahmungswerkstatt. „Ich wollte auch mal sehen, was ich am Ende des Tages mit meinen Händen geschaffen habe. Leider trug sich das nicht.“ Zuletzt hat sie sich jetzt in einer etwas verlängerten Elternzeit, wie sie sagt, um ihr zweites Kind gekümmert und auch um das in Coronazeiten in der Schule gestartete ältere.

Nun also startet sie im Kollwitz-Haus als Leiterin selbst durch. In einer für die Einrichtung nicht leichten Zeit. Auch wenn sich die Situation nach großer Aufregung Ende letzten Jahres in den vergangenen Wochen etwas entspannt hat.

Im Oktober hatten die Moritzburger Gemeinderäte zwar einer Förderung der Kollwitz-Stiftung in Höhe von 30.000 Euro zugestimmt, aber gleichzeitig beschlossen, dass diese bis Ende 2021 ein tragfähiges Konzept für ihren Fortbestand vorlegen soll. Anderenfalls würde die Förderung auf den sogenannten Sitzgemeindeteil reduziert werden. Dieser ist erforderlich, damit auch Geld vom Kulturraum kommt. Der hatte in den vergangenen Jahren die Förderung des Kollwitz-Hauses immer weiter zurückgefahren, zuletzt auf 24.700 Euro. Zudem drohte eine weitere Kürzung.

Das Käthe-Kollwitz-Haus ist der einzige noch existierende authentische Aufenthaltsort der Künstlerin.
Das Käthe-Kollwitz-Haus ist der einzige noch existierende authentische Aufenthaltsort der Künstlerin. © Norbert Millauer
Vor zwei Jahren wurde in einem Nebengebäude die neue Druckwerkstatt eingerichtet.
Vor zwei Jahren wurde in einem Nebengebäude die neue Druckwerkstatt eingerichtet. © Norbert Millauer
Seit 1995 gibt es die Gedenkstätte im einstigen Rüdenhof. Im Obergeschoss befindet sich eine Ausstellung.
Seit 1995 gibt es die Gedenkstätte im einstigen Rüdenhof. Im Obergeschoss befindet sich eine Ausstellung. © Norbert Millauer

Eine vom Gemeinderat in Auftrag gegebene Studie ergab, dass sich die Zuwendungen der Gemeinde in naher Zukunft auf Beträge zwischen 58.000 und 88.000 Euro erhöhen müssten, um notwendige Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten vornehmen zu können. Aufgrund der weit über Moritzburg hinausgehenden Bedeutung des Kollwitz-Hauses als einziger noch vorhandener Aufenthaltsort der bedeutenden Grafikerin und Malerin sehen die Gemeinderäte den Freistaat stärker in der Pflicht. Erklärtes Ziel ist eine dauerhafte institutionelle Förderung, die ein Drittel der Kosten deckt. Die klare Ansage in der Ratssitzung war, gegebenenfalls auch eine Schließung des Hauses in Kauf zu nehmen. Ein weiterer Träger und wichtiger Geldgeber der Stiftung ist die Kreissparkasse Köln, die ihr Engagement zuletzt ebenfalls auf 30.000 Euro erhöht hat.

Die drohende Gefahr für das Kollwitz-Haus sorgte deutschlandweit für Beachtung. Eine an den Landtag gerichtete Online-Petition fand über 6.000 Unterstützer. Mit dem im Mai beschlossenen Haushalt des Freistaats stehen aus Haushaltsmitteln für dieses und nächstes Jahr nun jeweils 30.000 Euro für die Gedenkstätte zur Verfügung. Mit der Option, den gleichen Betrag auch noch einmal im darauffolgenden Jahr für Projekte nutzen zu können, wie Ministerin Barbara Klepsch bei ihrem Besuch Mitte Juni in Moritzburg sagte. Wie es danach weitergeht, ist allerdings offen.

Und auch der Kulturraum Meißen - Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat durch eine Neureglung der Vergabekriterien ein weiteres Abschmelzen der Zuwendungen gestoppt. Für dieses Jahr stehen damit 27.240 Euro zur Verfügung, im nächsten dann sogar 30.000 Euro.

Einrichtung mit großem Potenzial

Nachdem Anke Rödel nun ihren neuen Job übernommen hat, kann auch die ins Leben gerufene Arbeitsgruppe ihre Arbeit beginnen. Neben Vertretern der Stiftungsgremien gehören dieser unter anderem auch die Leiterin der Landesstelle für Museumswesen, die Direktorin des Dresdner Kupferstichkabinetts und die Leiterin des Kölner Kollwitz-Museums an. „Wir wollen für den Gemeinderat bis Jahresende sichtbar machen, dass sich etwas tut“, sagt Margitta Hensel.

Anke Rödel sieht im Kollwitz-Haus ein großes Potenzial. Dazu zählt sie ausdrücklich auch die Nebengebäude mit Druckwerkstatt und dem aktuell geschlossenen Café sowie das Außengelände. „In der Arbeitsgruppe sollte auch das Raumkonzept überdacht werden, um aus dem Kollwitz-Haus noch viel stärker einen Begegnungsort zu machen“, sagt sie. Und die neue Leiterin nennt ein ambitioniertes Ziel: die Aufnahme in das Blaubuch der kulturellen Gedächtnisorte. „Die Barlach-Stiftung in Güstrow und die Hauptmann-Orte gehören schon dazu. Das Kollwitz-Haus würde gut in diesen Kreis passen.“

Die neue Museumsleiterin sagt aber auch, dass es ohne Investitionen nicht gehen wird. „Wenn uns große Häuser für Ausstellungen Blätter zur Verfügung stellen sollen, muss in Sicherheit, Brandschutz und Klimatechnik investiert werden. Perspektivisch wäre auch ein Anbau sinnvoll.“ Zu ihrer Vorgängerin Sabine Hänisch sagt Anke Rödel: „Es ist eine Kunst gewesen, dass sie das Haus mit wenigen Mitteln so über die Zeit gebracht hat.“