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Mundschutz aus dem Erzgebirge

Ärzte und Krankenhäuser haben Engpässe bei Masken zum Schutz vor dem Coronavirus. Textilhersteller in Sachsen reagieren.

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Solveig Brändl vom Textilunternehmen Brändl in Geyer zeigt Schutzkleidung und eine Mundschutzmaske, die hier im Unternehmen gefertigt werden.
Solveig Brändl vom Textilunternehmen Brändl in Geyer zeigt Schutzkleidung und eine Mundschutzmaske, die hier im Unternehmen gefertigt werden. © Symbolfoto: dpa/Hendrik Schmidt

Geyer/Dresden. Mit Silberfäden gegen multiresistente Keime: Ein Unternehmen aus dem Erzgebirge hat ein spezielles Gewebe entwickelt, das Bakterien und Co. den Garaus machen soll. Bislang war das technische Textil aus Sachsen vielen Krankenhäusern zu teuer. "Doch jetzt wachen auf einmal alle auf", sagte Jörg Brändl der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Coronakrise. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Textilunternehmens aus Geyer kümmert sich um Produktion und Vertrieb des Anti-Keim-Stoffs.

Angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Virus merken demnach vor allem Kliniken und Krankenhäuser, dass sie in puncto Hygiene dringend mehr tun müssen. "Aktuell entwickeln wir unter Hochdruck einen Mundschutz und OP-Bekleidung aus unserem Material." In dem Spezialstoff sind laut Hersteller Fäden aus reinem Silber eingewebt. Durch die natürliche Luftfeuchtigkeit werden Silber-Ionen freigesetzt, die sich an multiresistenten Keimen (MRSA) anlagern und deren DNA angreifen. Damit vermehrten sich die Erreger nicht weiter, erläutert Brändl. Die antibakterielle Wirkung wurde in einer mehrmonatigen Praxisstudie der Uniklinik Dresden insbesondere für Duschvorhänge aus diesem Material bestätigt.

Jörg Brändl, Geschäftsführer des gleichnamigen Textilunternehmens in Geyer.
Jörg Brändl, Geschäftsführer des gleichnamigen Textilunternehmens in Geyer. © dpa-Zentralbild

Weil Silber allein aber gegen Viren nichts ausrichten könne, arbeitet Brändl aktuell mit Norafin, einem Hersteller technischer Spezialvliesstoffe aus Mildenau (Erzgebirgskreis), an einem neuartigen Vliesgewebe für Mundschutzmasken. In Verbindung mit dem Silber-Gewebe soll ein solcher Mundschutz dann quasi als "All-in-one-Lösung" vor Viren, Bakterien und multiresistenten Keimen schützen.

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Derweil satteln nach Auskunft des Branchenverbands vti auch weitere sächsische Textilbetriebe auf Mundschutzmasken um. Statt Plauener Spitze fertigt etwa die Stickerei Reuter aus dem vogtländischen Auerbach seit dieser Woche Masken. Die ersten Auslieferungen sind demnach für April vorgesehen.

Auch die Firma Biehler aus Limbach-Oberfrohna - vor allem bekannt als Hersteller für Radsportbekleidung - produziert bereits wöchentlich bis zu 5.000 wiederverwendbare, weil waschbare Mundschutzmasken, zum Teil ebenfalls mit einer Silberbeschichtung der Fasern. Einziger Haken: Aufgrund der Schnelligkeit haben all diese Produkte bislang keine medizinische Zertifizierung.

Dennoch könnten die Textilmasken "made in Sachsen" weitere Probleme lösen: Der Müll durch Einwegprodukte ist das Eine. "Das Andere ist der fehlende Nachschub. Denn Einwegprodukte aus Asien sind bislang der Standard. Bestes Beispiel sind Patientenhemden, die nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden", erläutert Jörg Brändl. Ein Hemd aus "BacteriaEx" - so der Markenname - könne man hingegen 200 Mal waschen.

Die Idee für den Anti-Keim-Stoff hatte das Traditionsunternehmen Spengler & Fürst aus Crimmitschau. Neben hochwertigen Bekleidungsstoffen und einer Maßkonfektion setzt der Mittelständler inzwischen verstärkt auf technische Textilien. Wie so viele in der Branche: Laut vti macht dieses Segment bereits weit mehr als die Hälfte des Umsatzes der ostdeutschen Textilbranche von zuletzt 1,8 Milliarden Euro aus.

Die Corona-Pandemie sorgt indessen für neue Verbindungen in der Textilindustrie: "Es wurden inzwischen verschiedene Netzwerke gegründet, um Hersteller zentraler Zulieferprodukte mit Fertigungsfirmen zusammenzubringen", sagte eine Sprecherin des Gesamtverbandes der deutschen Textilindustrie auf Anfrage. Sowohl national als auch europaweit würden sich neue Lieferketten zur Herstellung von Schutzausrüstung bilden. Ob diese dann auch in medizinischen Einrichtungen eingesetzt werden, hänge allerdings von staatlichen Marktüberwachungsbehörden und Beschaffungsstellen ab.

Im erzgebirgischen Geyer werden noch in dieser Woche die ersten Muster-Mundschutzmasken genäht. Anlaufen werde die Auslieferung dann im April, so Jörg Brändl. Verschärfte Hygienemaßnahmen sollen die fortlaufende Produktion sichern. (dpa)