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Museum gratis für alle

Leipzig will ab 2021 den Eintritt in die städtischen Museen abschaffen. Außerdem soll ein Zentraldepot entstehen.

Von Birgit Grimm
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Eine 3. Klasse im Museum der bildenden Künste Leipzig. Die Kinder sitzen im Klingersaal und erfahren etwas über Max Klinger und über Ludwig van Beethoven, den Klinger in einer großen Figur (l.) verewigt hat.
Eine 3. Klasse im Museum der bildenden Künste Leipzig. Die Kinder sitzen im Klingersaal und erfahren etwas über Max Klinger und über Ludwig van Beethoven, den Klinger in einer großen Figur (l.) verewigt hat. © Waltraud Grubitzsch/dpa

Der Leipziger Stadtrat hat am Mittwochabend beschlossen, dass die Dauerausstellungen der städtischen Museen ab kommendem Jahr besucht werden können, ohne Eintritt zu bezahlen. Dieser für alle Museumsfreunde erfreuliche Beschluss ist der erste Schritt zu einem Museumskonzept, das die Stadt langfristig erarbeiten will.

Leipzig wäre damit Vorreiter in Sachsen und auch in Deutschland. Freien Eintritt gibt es hierzulande bisher nur im Folkwangmuseum Essen. Dessen Mitarbeiter freuen sich seit 2015 über wachsende Besucherzahlen. Sie wissen aber auch, dass sie den Gratisbesuch der ständigen Ausstellung nur erlauben können, weil die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung dieses Projekt großzügig bis Jahresende 2012 finanziert. Ab 2022, dem Jahr des 100-jährigen Gründungsjubiläums des Museums, will die Stadt die Weiterführung des freien Eintritts sichern.

Das dürfte auch für Leipzig eine große Herausforderung werden, denn diese Regelung betrifft nicht nur das Museum der bildenden Künste, das jetzt schon jeden Mittwoch kostenfrei zu besuchen ist. Sie gilt dann auch für das Stadtgeschichtliche Museum mit dem Alten Rathaus, dem Haus Böttchergäßchen, dem Museum zum Arabischen Coffe Baum und dem Schillerhaus sowie für die Museen im Grassi, also für das Museum für Angewandte Kunst und das Musikinstrumentenmuseum. 

Das Leipziger Bach-Museum öffnet jeden ersten Dienstag im Monat und die Galerie für Zeitgenössische Kunst jeden Mittwoch kostenfrei. Kühn ist auch, dass der Beschluss gefasst wurde, obwohl der Finanzierungsbedarf dafür noch nicht klar umrissen ist.

Vorschlag in Dresden

Das Völkerkundemuseum, das sich ebenfalls im Grassi befindet, bekäme damit ein Problem: Es gehört zu den Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen (SES). Der Freistaat lehnt den generellen Gratisbesuch ab, bietet aber Kindern und Jugendlichen unter 17 Jahren freien Eintritt und diverse andere Ermäßigungen wie zum Beispiel freien Eintritt am Geburtstag des Museumsbesuchers. 

Aber wie will man am gemeinsamen Ticketschalter im Grassi künftig den Besuchern erklären, dass in einem Teil des Hauses Eintritt genommen wird, im anderen Teil aber nicht? Die Besucher interessiert nicht, wer der Träger des Museums ist. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, zu denen die SES gehören. kennen das Problem und diskutieren derzeit, wie sie es lösen können.

Die kommunalen Museen in Dresden haben bei der Stadt beantragt, künftig Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre freien Eintritt gewähren zu können. Gisbert Porstmann, Direktor der Städtischen Museen, sagte: „Wir hoffen, dass noch in diesem Frühjahr über diesen Antrag abgestimmt wird.“ Eine schnelle und klare politische Entscheidung ist allerdings nur eine Seite der Medaille. Die andere: Wie werden die sinkenden Einnahmen der Museen ausgeglichen? Gibt es auch in Dresden und Leipzig Sponsoren wie in Essen? Zahlt die Stadt?

Acht zukunftsweisende Schwerpunkte

Steigende Besucherzahlen erfreuen jeden Museumschef weltweit. Porstmann weist auf die dadurch entstehenden höheren Kosten hin: „Wenn mehr Kinder in einem von Kindern stark besuchten Museum wie den Technischen Sammlungen freien Eintritt haben, dann entstehen höhere Kosten, weil wir unter anderem mehr Aufsichten und mehr Reinigungspersonal brauchen. Deshalb möchten wir zunächst mit einer Probephase starten und den Mehraufwand genau beziffern, bevor die Politik entscheidet, wie es weitergeht.“

Die neue Leipziger Museumskonzeption beinhaltet insgesamt acht zukunftsweisende Schwerpunkte von Provenienzforschung bis Zentraldepot. Letzteres ist wohl ein Wunsch aller Leipziger Museen, weil sie aus den Nähten platzen. Ein Zentraldepot, zumal, wenn es nach den Bedürfnissen der Museen an einem zentralen Ort und mit Platz für die Zuwächse gebaut wird, hat klare Vorteile und bringt Sparpotenziale mit sich. Auch die Restaurierungswerkstätten könnten dort zusammengeführt werden, was vermutlich vor allem für die kleineren Häuser größere Vorteile und mehr Sicherheit bringt.