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Musicalstar springt kurzfristig ein

Schauspieler Adrian Becker äußert sich über sein ungeplantes Gastspiel am Zittauer Theater.

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© M. Reh

Von Maria Reich

Das Zittauer Theater hat am Freitag um 19.30 Uhr eine Zusatzvorstellung des neuen Musicals „Cabaret“ ins Programm genommen. Schauspieler Adrian Becker übernimmt darin die Rolle des Conférencier für den erkrankten Zittauer Schauspieler Stephan Bestier. Im SZ-Interview erklärt Adrian Becker, wie es zu dem kurzfristigen Engagement kam, was solch eine Sondersituation mit sich bringt und wie er damit umgeht.

Herr Becker, das Görlitzer Publikum durfte Sie in der Vergangenheit bereits in den Rollen des Roger de Bris in „The Producers“ und als Albin/Zaza in „La Cage Aux Folles“ bewundern. Jetzt geht es für Sie auf die Zittauer Theaterbühne. Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Zittau gekommen?

Für Erwartungen bleibt gar keine Zeit. Am Donnerstagnachmittag rief mich die Intendantin des Theaters Zittau an und hat angefragt, ob ich für einen erkrankten Kollegen einspringen könne. Am gleichen Abend, gegen 21 Uhr, bekam ich ein Video der Inszenierung. Am Freitagmorgen um 5.30 Uhr habe ich mich auf die Reise von Regensburg nach Zittau begeben und stand dort abends um 18 Uhr auf der Bühne. Die einzige Erwartung war dann: Überleben.

Sie haben in den vergangenen Jahren mehrfach die Figur des Conférenciers in „Cabaret“ verkörpert. Was macht für Sie den Reiz an dieser Partie aus?

Ich glaube, der Reiz besteht darin, innerhalb dieser wenig menschlichen Figur in den vielen Songs so viele Facetten ausloten zu müssen, denn er ist satirisch, zynisch, Provokateur und Spiegel der menschlichen Seele. Der Zuschauer muss ihn mögen können, auch wenn er gerade den blanken Arsch zeigt. Außerdem kommt es bei dieser Rolle immer sehr auf die Vision des Regisseurs an. Ich habe diese Rolle einerseits schon als bester Freund von „Sally Bowles“ gespielt, immer noch schwer greifbar, aber trotzdem sehr empathisch und human. In einer anderen Inszenierung war er sehr entmenschlicht, quasi eine Figur aus einer anderen Dimension, ein Wesen, das keinerlei Gefühl zeigt. In Zittau ist ja der Conférencier auch gleichzeitig „Max“.

Sehr viel Vorbereitungszeit blieb Ihnen nicht, da Sie sehr kurzfristig die Rolle des Conférenciers übernommen haben. Wie geht man mit solch einer Stresssituation um? Gibt es Tricks und Kniffe, die Sie uns verraten können?

Ja kann ich. Text lernen, gute Laune einpacken und Augen zu und durch.

In eine schon fertige Produktion zu kommen, heißt immer auch Prioritäten zu setzen – da Probenphasen und Einarbeitungszeit fehlen. Wo setzen Sie Schwerpunkte bei der Umsetzung?

An der richtigen Stelle, die richtigen Worte sagen, ein Gesicht dazu machen und bestenfalls nicht in den Orchestergraben fallen.

Inwieweit konnten die Kollegen und das Leitungsteam in Zittau die Arbeit für sie erleichtern?

Ohne die Kollegen ist so ein „Einspringer“ überhaupt nicht möglich. Während der gesamten Show habe ich Backstage die Regisseurin an meiner Seite. Stellen Sie sich vor, ich wäre eine Handpuppe und die Regisseurin bewegt mich. Das heißt, dass sie mir sagt, auf welches Stichwort ich auftreten muss, wohin ich als Nächstes für den schnellen Umzug rennen muss, welches Kostüm ich zu welcher Szene trage. Außerdem gibt es noch eine Ankleiderin, die für die Umzüge verantwortlich ist. Eigentlich laufe ich nach jedem Song in die Arme einer mir unbekannten Dame, ziehe mich vor ihr bis auf die Unterhose aus und bin gespannt, was mir angezogen wird.

Vergangenen Sonntag standen Sie erstmals mit dem Schauspielensemble des Zittauer Theaters für „Cabaret“ auf der Bühne. Was haben Sie aus der Vorstellung für sich mitgenommen?

Zauberhafte Kollegen. Ohne deren Hilfe wäre das den Bach runter gegangen. Sie müssen wissen, dass ich als „Einspringer“ natürlich nicht zu 100 Prozent das nachspielen kann, was der erkrankte Kollege in sechs Wochen Probenzeit entwickelt hat. Für die gesunden Kollegen bedarf es somit einer großen Flexibilität. Hier fühlte ich mich in Zittau sehr gut aufgehoben. Meine Erfahrung zeigt, dass „Einspringer“ bei Kollegen aus dem Sprechtheater sehr angenehm sind, weil die improvisieren können und mich so auf wunderbare Weise durch die Vorstellung führen. Es war mir eine Freude.

Heute wird es eine Zusatzvorstellung von “Cabaret„ geben. Was geben Sie dem Publikum mit auf dem Weg?

Ich ziehe mich aus. Kommen Sie vorbei.

Weitere Vorstellungen in Zittau: 24. Februar, 16. und 17. März sowie 2. April, jeweils um 19.30 Uhr.