Von Manfred Müller
Landkreis. Während der diesjährigen Brutsaison der Rauch- und Mehlschwalben war Lutz Runge unermüdlich unterwegs. Der Chef des Nabu-Regionalverbandes Großenhainer Pflege suchte Grundstücksbesitzer auf, die den eleganten Flugkünstlern in ihren Nebengebäuden Nistmöglichkeiten anbieten. Das ist nicht selbstverständlich, denn wo Schwalben ihre Jungen aufziehen, machen sie ziemlich viel Dreck.
Wer dennoch ein Fenster zum ehemaligen Waschhaus offenlässt und den Vogelkot regelmäßig wegräumt, ist dem Naturschutzbund eine kleine Ehrung wert. Er bekommt die sogenannte Schwalbenplakette verliehen, der man gut sichtbar an Haus und Hoftor anbringen kann. „Man glaubt gar nicht, wie viel Aufmerksamkeit manche Landbewohner dem Schwalbennachwuchs widmen. „Da werden Lehmtümpel angelegt, an denen sich die Tiere Baumaterial holen können, künstliche Nester angebracht und richtige Statistiken über den Nachwuchs geführt.“ Eine ähnliche Anerkennung wie die Schwalbenplakette gab es in den vergangenen Jahren bereits bei der Aktion „Fledermaus komm ins Haus“. Auch hier dürfen sich engagierte Naturfreunde ein Schildchen an die Scheunenwand schrauben.
Verlierer: Bodenbrüter und Lurche
Kulturfolger wie Schwalben und Fledermäuse sind aber ein kleiner Teil der schutzbedürftigen Fauna in der Großenhainer Pflege. Die intensive landwirtschaftliche Nutzung bereitet vielen heimischen Arten zunehmend Probleme. Verlierer sind eindeutig die Bodenbrüter, die kaum noch Flächen finden, wo sie ungestört ihre Jungen aufziehen können. Oder die Lurche, deren Rückzugsgebiete immer mehr schrumpfen. Deshalb bemüht sich der Naturschutzbund um geeignete Flächen, die er dann aufkauft, renaturiert oder zumindest naturnah zu erhalten versucht.
Seit den 1990er Jahren hat er in der Elbe-Röder-Region bereits mehr als 200 Hektar gesichert. Allerdings ist die staatliche Förderung für solche Projekte weitgehend versiegt, so dass private Spender für den Flächenkauf immer wichtiger werden. Im Sommer dieses Jahres gab es in dieser Hinsicht Grund zu großer Freude. Die Großenhainerin Brigitte Riemer überwies eine ansehnliche Summe, mit der der Nabu-Landesverband den Pferdeteich bei Freitelsdorf erwerben konnte.
Der Teich ist der wichtigste oberirdische Wasserversorger des benachbarten Vierteichmoors, das durch den fallenden Grundwasserspiegel auszutrocknen droht. Seit Jahren wird die acht Hektar große Fläche trockener und hat ihre ökologische Funktion nahezu gänzlich eingebüßt. Der Moorkörper mineralisiert, senkt sich ab, wächst mit Schilf zu und verlandet schließlich. Wertvolle Pflanzen wie Moosbeere und Zwerg-Seerose verschwanden, auch Moorfrösche und Waldwasserläufer fand man bald nicht mehr.
Das soll sich nun ändern. Mit dem Kauf des Teich-Areals wird es möglich, seine Wasserzuführung wieder instandzusetzen. Damit könnte dem Nabu-Regionalverband gelingen, was in all den Jahren keine der zuständigen Behörden geschafft hat – die Wiederherstellung eines außerordentlich wertvollen, geschützten Lebensraumtyps. „So viel Geld haben wir noch nie von einem privaten Spender überwiesen bekommen“, freut sich Lutz Runge.
Interesse an Feuchtwiesen
Der Nabu-Regionalchef hält stets Ausschau nach Flächen, auf denen sich mit relativ wenig Aufwand günstige Bedingungen für den Artenschutz herstellen lassen. Verlandete Teiche, Kiesgruben, Feldgehölze, vor allem aber vernässte Wiesen zählen zu dieser Kategorie. „Viele Flächeneigentümer sind mittlerweile in die Jahre gekommen und verkaufen ihr Grundeigentum an Landwirtschaftsbetriebe“, erklärt Lutz Runge. „Die interessieren sich kaum für Feuchtwiesen, weil sie diese nur schwer bewirtschaften können.“ Für den Naturschutz aber eignen sich solche Flächen ideal. Gerade hat der Nabu wieder zwei erworben – am Linzer Wasser unterhalb der Tiergartenteiche. Er besitzt hier bereits Land und will ein größeres Areal schaffen, wo sich Laubfrösche, Knoblauchkröten und Kammmolche ungestört vermehren können. Vielleicht, so Runge, siedle sich irgendwann sogar ein Biber an.