Merken

Nach der Flucht in die Pflege

Nationalitäten spielen im Helios-Krankenhaus keine Rolle. Ein junger Mann aus Afghanistan absolviert gerade ein Praktikum.

Teilen
Folgen
© André Braun

Von Heike Heisig

Leisnig. Noor Wasil Noori ist 18 Jahre jung und aus seinem Heimatland Afghanistan geflüchtet, will er dem Kriegsdienst und drohendem Gemetzel entfliehen wollte. Seit vergangenem Jahr lebt er in Deutschland, zunächst in Rochlitz, jetzt in einem Wohnheim in Freiberg. In dieser und der nächsten Woche allerdings wohnt er auf dem Fachwerkhof in Klosterbuch. So hat er einen kurzen Weg in die Helios-Klinik Leisnig. Dort absolviert der junge Mann ein Praktikum. Eigentlich hat er gerade Herbstferien. Er befindet sich in einem berufsvorbereitenden Jahr, nach dem er eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger beginnen möchte. Wo, darüber, hofft er in den nächsten Tagen Klarheit zu erlangen. Denn auch im Krankenhaus in Chemnitz hat er bereits als Praktikant gearbeitet.

Mit der Medizin kam Noor Wasil Noori schon Zuhause in Berührung. Sein inzwischen verstorbener Onkel war Arzt. Ihm habe er manchmal in der Praxis geholfen, unter anderem beim Empfang der Patienten, erzählt er in gutem Deutsch. In Leisnig fühlt er sich gut aufgenommen. Ärzte, Schwestern und Patienten seien freundlich zu ihm. Manche würden interessiert fragen, wo er herkommt und wo er wohnt. Pflegedirektorin Uta Reichel bestätigt, dass die Patienten den jungen Afghanen „sehr positiv aufgenommen haben“. Auf ihre Bitte hin hätten die Schwestern die Patienten schon im Vorfeld vorbereitet, mit ihnen über den Praktikanten und seine Herkunft gesprochen. Noor Wasil Noori ist ebenso frei von Berührungsängsten. Keine Aufgabe, die ihm übertragen wird, lehnt er ab. „Wenn der Wunsch, in der Pflege zu arbeiten, von Herzen kommt, kann man alles machen“, sagt der 18-Jährige.

Er kann sich durchaus vorstellen, sich in Leisnig um eine Ausbildungsstelle zu bewerben. Das muss er wie alle anderen Bewerber bis 31. Dezember tun. „Denn schon im Januar beginnen die ersten Gespräche für das Ausbildungsjahr ab September“, so Uta Reichel. Nooris Wunsch wäre, eine dreijährige Pflegerausbildung in Deutschland auch zu Ende zu bringen. Dass das knapp wird, ist ihm klar. Denn zunächst muss er das vorbereitende Jahr abschließen. Und nur für drei Jahre ist sein Aufenthalt in Deutschland von den Behörden bisher gestattet worden.

Wenn es nach dem jungen Afghanen geht, würde er gern in der Bundesrepublik bleiben, später vielleicht sogar Medizin studieren. Zu seiner Familie hat er seit seiner Flucht keinen Kontakt mehr, sämtliche Telefonnummern funktionieren nicht mehr, erzählt er bedrückt.

Mit Achmed Muktar wird am heutigen Freitag noch ein zweiter Geflüchteter in der Helios-Klinik ein Praktikum beginnen. Dass Flüchtlinge Praktika im Leisniger Krankenhaus absolvieren, ist neu. „Bislang hatten wir uns schon bereit erklärt, sie für ein Freiwilliges soziales Jahr zu beschäftigen“, sagt Uta Reichel. Denn generell hat das Krankenhaus keine Scheu, Personal mit anderer Nationalität einzustellen. „Auf die Herkunft kommt es nicht in erster Linie an, sondern auf die Qualifikation“, so Stefan Möslein, Referent für Unternehmenskommunikation und Marketing. Daher kümmern sich Mediziner aus „aller Herren Länder“ um die Patienten. Ihre Heimatländer sind Äthiopien, Bulgarien, Tschechien, Kroationen, der Iran oder Russland. Und bei Geburten ist ab und an eine Hebamme aus der Ukraine dabei, die bei Grimma lebt.