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Nachbarn gegen Wohnungsleerstand

In Zittau leben mehr Polen und Tschechen als früher. Zdenka Marikova will noch mehr rüberholen.

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© Mario Heinke

Von Mario Heinke

Zittau. Zdenka Marikova arbeitet seit Jahresanfang im Immobilienbüro von Alexander Wittig. Die Tschechin spricht gut Deutsch und kennt einige Immobilienmakler hinter der Grenze, die keine einzige Mietwohnung mehr im Angebot haben. Ihr Chef Alexander Wittig ist selbst mit einer Tschechin verheiratet und weiß um die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt rund um Liberec (Reichenberg). Er will die steigende Nachfrage aus dem Nachbarland mit dem üppigen Wohnungsangebot in Zittau zusammenbringen, wo bekanntlich rund 4000 Wohnungen leer stehen.

„Die Mieten in Zittau sind inzwischen niedriger als im Raum Liberec“, sagt Zdenka Marikova. Im vergangenen Jahr zogen Bewohner von Hradek nad Nisou nach Zittau, dafür gibt es handfeste Gründe. „Wir können nicht alle Interessenten für Mietwohnungen befriedigen, weil alle 144 Wohnungen, die wir zur Verfügung haben, voll belegt sind“, erklärte der stellvertretende Bürgermeister von Hradek nad Nisou, Pavel Farsky, gegenüber der tschechischen Zeitung „iDnes.“ Die Zeitung berichtet in einem Artikel über die Bemühungen der Stadt Zittau, Menschen aus den Nachbarländern als Einwohner zu gewinnen.

In einem persönlichen Gespräch mit Pavel Farsky erfuhr Wittig, dass im Gewerbegebiet Hradek nad Nisou 400 neue Arbeitsplätze von den Unternehmen geschaffen werden. „Irgendwo müssen die Mitarbeiter wohnen“, sagt er und ergänzt: „Zittau ist nah dran und bietet sich geradezu an.“ Seine Mitarbeiterin soll nun vor allem dabei helfen, bestehende Berührungsängste, Sprachbarrieren und Vorurteile abzubauen. In Deutschland sei alles teuer – das ist so ein Vorurteil, dass sich bei den Nachbarn hartnäckig hält, obwohl die Realität anders aussieht. Frau Marikova berät ihre Landsleute bei allen Fragen, die für einen Umzug oder auch für die Arbeitsplatzsuche in Deutschland nötig sind. Das beginnt beim rechtssicheren Mietvertrag, der Anmeldung bei Behörden und endet beim Erklären der vielen kleinen Unterschiede im Alltag, beispielsweise dem korrekten Mülltrennen.

Wie in anderen europäischen Ländern kaufen die Tschechen öfter ihre Wohnung als die Deutschen. Die Sozialhilfe ist im Nachbarland sehr niedrig, deshalb ist der Drang, bis zum Renteneintritt Wohneigentum zu erwerben, in Tschechien viel größer ausgeprägt als bei uns, sagt Wittig.

Der Zittauer möchte nun eine Internetplattform aufbauen, auf der interessierte Tschechen alle Informationen finden, die sie benötigen, um in der Mandaustadt eine Wohnung zu mieten oder Immobilien zu kaufen, das alles mit vielen Informationen, Tipps und Ansprechpartnern, auch für die Arbeitssuche.

Schon jetzt sind aktuelle Stellenangebote auf dem Internetportal jobs-oberlausitz.de in Polnisch und Tschechisch abrufbar, wenn ein Nutzer aus diesen Ländern auf die Webseiten geht. Alexander Wittig sucht nun Mitstreiter, die sich bei dem Projekt aktiv einbringen. Er möchte außerdem einen Vermieterstammtisch in Zittau organisieren, weil er die steigende Nachfrage nicht allein decken kann. „So viele Wohnungen hab ich gar nicht im Angebot“, sagt er. Mitarbeiterin Zdenka Marikova ist auch bereit, private Hauseigentümer in Zittau bei den Verhandlungen mit ihren Landsleuten zu unterstützen. Zwecks Terminvereinbarung ist sie telefonisch erreichbar. Alexander Wittig sucht nun noch Verstärkung, möchte eine Assistentin oder einen Assistenten der Geschäftsleitung einstellen.

Medienwirksam zog Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) im Mai 2016 für ein paar Tage nach Liberec (Reichenberg). Im Gegenzug logierte der Stellvertretende Liberecer Primator ein paar Tage in Zittau. Beide Stadtoberhäupter wollten mit der Aktion im Allgemeinen auf das Leben in einer gemeinsamen Region und im Besonderen darauf aufmerksam machen, dass sich von Wohnungsmangel geplagte Liberecer im nahen Zittau, wo es genügend freie Wohnungen gibt, niederlassen können. So mancher Zittauer hatte damals nur ein müdes Lächeln für die symbolträchtige Aktion übrig. Wie sich nun zeigt, war die Häme wohl etwas verfrüht, denn auf dem Zittauer Wohnungsmarkt tut sich etwas, das zeigen die Zahlen. Lebten 2013 noch 137 Tschechen und 147 Polen in Zittau, so waren zum Jahresende 2017 bereits 228 Tschechen und 282 Polen in Zittau gemeldet. Das geht aus dem Melderegister der Stadt Zittau hervor.

Kontakt Immobilienbüro Wittig: 01723513845