Wirtschaft
Merken

Chemnitzer zeigen, wie man die Sonne zur Wärmewende nutzen kann

Die Fasa AG zeigt, was mit Solarthermie im Wohnungsbau alles möglich ist. Firmenchef Ullrich Hintzen fordert mehr Unterstützung für solares Bauen.

Von Nora Miethke
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
An steilen Fassaden erkennt man die Aktivsonnenhäuser der Chemnitzer FASA AG. Das Bauunternehmen hat sich der Solarthermie verschrieben.
An steilen Fassaden erkennt man die Aktivsonnenhäuser der Chemnitzer FASA AG. Das Bauunternehmen hat sich der Solarthermie verschrieben. © FASA AG

Im Jahr 2025 wird Chemnitz ein Jahr lang „Kulturhauptstadt Europa“ sein. Neben kulturellen Highlights sollen auch Energie und Klima eine große Rolle spielen. Kulturhauptstadt-Touristen werden dann auch die Gelegenheit haben, auf dem Schlossareal, dem Gelände der ehemaligen Schlossbrauerei, eine Vorzeigesiedlung für Wohnungsbau mit Solarthermie zu besichtigen.

Aus Sonnenenergie wird Wärme – das ist das einfache Prinzip der Solarthermie. Meist wird die Energie aus der Sonneneinstrahlung mit Hilfe von Kollektoren auf dem Dach eingefangen, in den Heizungskeller transportiert und dort für die Warmwasserbereitung oder zum Heizen genutzt. Die Technik für Solarthermie gilt als weitgehend ausgereift.

Errichtet hat die Vorzeigesiedlung das Chemnitzer Bauunternehmen Fasa AG in den vergangenen Jahren Stück für Stück. 17 von den insgesamt 26 Wohnhäusern werden zur Hälfte bis fast komplett mit großen Solarthermieanlagen an den Fassaden und Balkonbrüstungen beheizt. Fasa-Vorstandschef Ullrich Hintzen beschäftigt sich seit 20 Jahren mit dem solaren Bauen. Sein im Mai 1990 gegründetes Unternehmen verfolgt zwei Geschäftsbereiche – den Ingenieurbau und den Hochbau. Und im Hochbau bietet Fasa seit zehn Jahren nur noch solares Bauen an.

© FASA AG

Solarthermie hat höheren Wirkungsgrad als Photovoltaik

Wie kann das Haus der Zukunft aussehen? Um diese Frage zu beantworten, haben sich die Chemnitzer den Energieverbrauch in deutschen Wohngebäuden angeschaut. 85 Prozent wird für Wärme und Warmwasser benötigt und nur 15 Prozent für Strom. Das ausschlaggebende Argument für Solarthermie ist laut Hintzen der Wirkungsgrad. Eine Photovoltaik-Anlage kann nur 20 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie in Strom umwandeln, Solarwärme-Kollektoren können bei gleicher Sonneneinstrahlung 70 Prozent in Wärme umwandeln. „Mit Solarthermie kann im Vergleich zur Photovoltaik mehr als Dreifache an Energie gewonnen werden“, erläuterte der Fasa-Vorstandschef bei einem Firmenbesuch von Gerd Lippold, Staatssekretär im sächsischen Energieministerium. Die Fasa AG residiert in einem alten Rechenzentrum von Robotron in Chemnitz.

Beim solaren Bauen kommt es vor allem auf die Architektur an, um die Sonnenstrahlen richtig einzufangen. Die Häuser von Fasa erkennt man an den steilen Dachformen, die fast senkrecht stehen und steilen Fassaden. Durch den steilen Neigungswinkel ist der Solarertrag bei tief stehender Sonne im Winter höher.

© FASA AG

Die ersten Aktivsonnenhäuser, die die Chemnitzer vor 17 Jahren auf der grünen Wiese bauten, erreichten solare Deckungsgrade von bis zu 98 Prozent für die Raumheizung und Warmwasser. Das hat die Bergakademie in Freiberg in einem Gutachten nachgerechnet. Aber das genügte Ullrich Hintzen nicht. Er und sein Team wollen zeigen, dass solares Bauen auch im innerstädtischen Bereich möglich ist. Die Idee zur Vorzeigesiedlung auf dem Schloss-Areal entstand im Jahr 2005 mit dem Kauf der Brauerei-Villa. Seitdem hat die Firma insgesamt 26 Wohnhäuser dort errichtet, davon werden 17 Häuser zu mindestens der Hälfte bis fast komplett mit großen Solarthermieanlagen beheizt.

Wie kommen solche Gebäude jetzt durch die Gaskrise? Antwort: Wenn die Bewohner sich auf 25 Prozent der Wohnfläche beschränken würde bei einer Raumtemperatur von 20 Grad Celsius und den Warmwasserverbrauch auf die Hälfte reduziert, „kommen sie über das ganze Jahr“, verspricht Hintzen. Das wäre eine Notlösung, aber damit würden sie über den Winter kommen..

Fasa-Chef klagt: Solarthermie hat keine Lobby

Nur vier Prozent aller Gebäude sind Neubauten. Will man die Energiewende im Gebäudesektor schaffen, braucht man eine Lösung für die Bestandsgebäude. Also beschäftigt die Fasa AG sich auch mit Solarthermie für Gründerzeitbauten, von denen es in Chemnitz, Dresden und Leipzig ganze Straßenzüge gibt.

Das Unternehmen erwarb in einer Straße in Chemnitz drei Gründerzeithäuser, und rüstete sie im Zug der Sanierung auf Solarthermie. Auch hier können bis zu 80 Prozent des Energieverbrauchs aus der Sonneneinstrahlung gedeckt werden. Weiterhin will Hintzen zeigen, dass Solarthermie bei touristischen Immobilien funktioniert. Er kaufte „das hässlichste Haus in Oberwiesenthal“ und baute es zu einem voll ökologischen Ferienhaus um. 2020 gibt es als höchstes Aktivsonnenhaus Ostdeutschlands in Betrieb. Und auch das alte Sporthotel am Fichtelberg will der Bauunternehmer retten. Derzeit wird das Wismut-Bettenhaus umgebaut zu einem Haus mit Ferienappartements, das Ende kommenden Jahres eröffnen soll.

© FASA AG

Der Fasa-Chef ist von den Vorzügen der Solarthermie überzeugt. Doch Fakt ist, dass sie noch keine tragende Säule bei der Wärmeversorgung ist. Für Hintzen liegt der Hauptgrund darin, dass Solarthermie keine Lobby hat. Beim Thema Sonnenenergie sprechen alle nur von PV-Anlagen und Wärmepumpen. „Wir sind in einer Nische unterwegs und das ist schade“, so Hintzen. Folge sei, dass auch die Förderprogramme für Solarthermie nur „Stückwerk“ sind. Während die Förderung für PV-Anlagen über Jahrzehnte hinweg festgeschrieben war, seien die Fördertöpfe für Solarthermie laut Hintzen schon nach sechs Monate oder einem Jahr leer gewesen.

Es gibt keine Kontinuität in der Förderung wie bei der Photovoltaik, deshalb fragen Bauherren solarthermische Lösungen zu wenig nach, so die Kritik. Auch im neuen sächsischen Solarkataster seien sie nicht ausreichend berücksichtigt worden, ist eine weitere Kriti. Wir wünschen uns eine ausgewogenere Förderung zwischen Photovoltaik und Solarthermie“, betont der Fasa-Chef in Richtung Landesregierung.

Er lässt sich von diesen Hemmnissen nicht entmutigen und entwickelt mit seinen 65 Mitarbeitenden eine neue Innovation. Entlang der Autobahn A 72 zwischen Chemnitz und Hof stehen zahlreiche zerstörte Lärmschutzwände. Diese will die Fasa AG ersetzen durch Holzlärmschutzwände aus heimischem Lärchenholz, auf denen man Solarthermiekollektoren befestigt, um Häuser in der Nachbarschaft mit Solarwärme zu versorgen. Für diese Idee gab es vergangenes Jahr des Eku-Zukunftspreis des sächsischen Energieministeriums. Jetzt wartet es auf ein Musterprojekt, um zeigen zu können, wie sich Nachhaltigkeit und Energie kombinieren lassen können.