Wirtschaft
Merken

Umweltfreundlich Geld anlegen – geht das?

Sogenannte "grüne Finanzprodukte" stoppen die Erderwärmung nicht, sagt ein Finanzprofessor. Den Banken gehe es vor allem um zusätzliches Geschäft.

Von Rolf Obertreis
 3 Min.
Teilen
Folgen
Nachhaltigkeit und Geldanlage – Banken werben damit. Kenner des Kapitalmarktes sind aber mehr als skeptisch.
Nachhaltigkeit und Geldanlage – Banken werben damit. Kenner des Kapitalmarktes sind aber mehr als skeptisch. © Monika Skolimowska/dpa (Archiv)

Frankfurt am Main. "Grüne" Anleihen und andere "grüne" Finanzprodukte halten nicht, was sie versprechen und leisten keinen Beitrag zum Schutz des Klimas, sagt Michael Grote, renommierter Professor an der privaten Frankfurt School of Finance and Management (FS). "Investitionen in grüne Anleihen mögen uns ein gutes Gefühl geben. Aber was mit dem Geld passiert, ist unklar. Es geht sicher nicht in die Reduzierung des CO2-Ausstosses".

Über den Kapitalmarkt werde die Erderwärmung derzeit nicht gestoppt, darauf dürfe man sich nicht verlassen. "Banken geht es mit grünen Finanzprodukten vor allem um ein zusätzliches Geschäft und nicht darum, die Welt zu retten", kritisiert Grote unter anderem auch Aussagen von Deutsche Bank-Chef Christian Sewing. Gütesiegel für vermeintlich grüne Finanzprodukte sind nach Ansicht des Finanzprofessors ebenso fraglich wie Nachhaltigkeitsbewertungen durch Ratingagenturen.

In einer gemeinsamen Studie mit dem US-Finanzwissenschaftler Matthew Zook hat Grote den "grünen" Finanzmarkt untersucht. Er sei auf den ersten Blick eine große Erfolgsgeschichte. Ende 2020 seien weltweit 3,2 Milliarden US-Dollar nach ESG-Kriterien – Ecology, Social, Governance – Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung – angelegt gewesen.

Rendite ist kaum besser

Bei Banken, in der Fondsindustrie, bei Ratingagenturen und in der Politik herrsche ein regelrechter Hype. Dabei sei die Rendite von grünen Anleihen kaum besser als die von normalen Anleihen. Der Vorteil liege gerade mal bei 0,01 Prozentpunkten. Allerdings gibt es auch andere Untersuchungen, die grünen Anleihen einen Renditevorsprung von 0,16 Punkten zuschreiben.

Laut Grote geht es der Finanzbranche nicht in erster Linie darum, mit ESG-Produkten eine positive Wirkung im Kampf gegen den Klimawandel oder soziale Missstände zu erzielen. ESG-Ratings von Agenturen für Finanzprodukte zielten vor allem auf Risiken, die sich aus einer verschärften Regulierung oder steigenden CO2-Preisen ergeben, nicht aber auf eine positive Wirkung der mit dem Geld angestoßenen Projekte und Investitionen.

In seiner Studie kritisiert Grote auch "Greenwashing" durch Fondsanbieter und Fondsmanager. Sie seien oft damit beschäftigt, Fonds ein grünes Label zu verpassen, obwohl sie es meist nicht seien und ganz normale Aktien und Anleihen enthielten.

Sind Spenden sinnvoller?

Fortschritte sieht der Finanzprofessor allerdings darin, dass Banken von ihren Firmenkunden mehr und mehr Angaben zu deren CO2-Emissionen und den damit verbundenen Risiken verlangten. "Das schafft dort Bewusstsein und kann einen Wandel bewirken, weil mit den Emissionen auch Finanzierungsprobleme verbunden sein können."

Laut Grote ist vor allem mehr Transparenz darüber notwendig, was mit grünen Finanzprodukten tatsächlich bewirkt, wie das Geld investiert wird und wo der Mehrwert etwa mit Blick auf den Klimaschutz gegenüber herkömmlichen Anleihen liegt. Zudem dringt er auf eine strengere CO2-Regulierung und höhere CO2-Preise. Er wolle Anlegerinnen und Anlegern nicht entmutigen, sagt Grote.

Aber wer auf ESG achten wolle, solle bei einzelnen Aktien und Fonds sehr genau hinzuschauen. Grüne und Nachhaltigkeitssiegel allein seien nicht ausreichend und eher problematisch. Möglicherweise seien Spenden sogar sinnvoller als der Kauf von irgendeinem vermeintlich grünen Finanzprodukt, sagt der Finanzwissenschaftler.