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Wie nachhaltig ist Gold in Deutschland?

Durch Recycling kann das Edelmetall Gold im Wertstoffkreislauf gehalten werden. Im weltweiten Vergleich ist die Quote in Deutschland sehr hoch.

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Ab in die Schmelze. Für die Wiederverwertung spielt es keine Rolle, ob das Gold ursprünglich mal in einer Leiterplatte steckte oder als Ring am Finger. Edelmetalle lassen sich beliebig oft einschmelzen und wiederverwenden.
Ab in die Schmelze. Für die Wiederverwertung spielt es keine Rolle, ob das Gold ursprünglich mal in einer Leiterplatte steckte oder als Ring am Finger. Edelmetalle lassen sich beliebig oft einschmelzen und wiederverwenden. © picture alliance /Uli Deck/dpa

Die Goldindustrie in Deutschland arbeitet fast ausschließlich mit wiederverwertetem Material. Damit unterscheidet sie sich deutlich vom Weltmarkt, wo der Recyclinganteil nach Angaben der Fachvereinigung Edelmetalle mit Sitz in Pforzheim bei rund einem Drittel liegt. "Somit stammt das hierzulande produzierte Gold bis auf Kuppelprodukte aus Kupfererzen zu nahezu 100 Prozent aus Recycling", sagte Geschäftsführer York Tetzlaff.

Das hat damit zu tun, dass Deutschland ein rohstoffarmes Land ist und es zwischen Minengold und recyceltem Gold keine Qualitätsunterschiede gibt. Edelmetalle lassen sich beliebig oft einschmelzen und wiederverwenden. Hinzu kommt der Nachhaltigkeitsaspekt. Studien zeigen Tetzlaff zufolge, dass recyceltes Gold einen um den Faktor 1.000 günstigeren CO2-Fußabdruck hat als Material aus Minen.

"Vor einigen Jahren gab es noch die Einstellung, dass Recycling nicht gut zum emotionalen Faktor Gold passt", sagte der Experte. Doch mit dem Wandel in der Modebranche habe sich auch im Goldbereich etwas getan: Die europäische Schmuckindustrie etwa setze immer mehr auf nachhaltige Produktion durch sogenanntes Re- und Upcycling von Altgold, manche Juweliere böten darüber hinaus spezielle Produktlinien mit sogenanntem Fairtrade-Gold an.

Nachverfolgung ist für Verbraucher schwer

Doch wie seriös sind solche Angaben? Tetzlaff betonte, die hiesigen Scheideanstalten seien mehrfach zertifiziert. Dass die Vorgaben eingehalten werden, überprüften unabhängige Auditoren jährlich. Und 2021 trat eine EU-Verordnung zum verantwortungsvollen Rohstoffbezug in Kraft, in der es unter anderem um den Schutz der Menschenrechte, die Ablehnung krimineller Aktivitäten und Umweltschutz geht. Noch wartet die Branche aber darauf, dass Brüssel wie geplant die entsprechenden Zertifizierungsinitiativen offiziell anerkennt.

"Als Verbraucher hat man leider kaum Chancen nachzuverfolgen, woher die Rohstoffe in Endprodukten, sei es IT oder Schmuck, kommen", sagt hingegen Michael Reckordt, Rohstoffexperte beim Verein PowerShift, der sich für eine ökologisch-solidarische Energie- und Weltwirtschaft einsetzt. Eine Ausnahme sei zertifiziertes Fairtrade-Gold, da es hier meist kurze Lieferketten und direkte Lieferbeziehungen gebe. "Ansonsten kennen nur Unternehmen – teilweise – ihre Lieferketten." Zertifikate erhöhen laut Reckordt zwar die Glaubwürdigkeit. Zu fragen sei aber immer, was zertifiziert wurde und wer befragt wurde.

Gold ist Gold

Gold wird schon seit ewigen Zeiten wiederverwertet. "Über 90 Prozent von dem Gold, das jemals in der Menschheitsgeschichte gewonnen wurde, sind immer noch im Umlauf", sagte Tetzlaff. Weltweit mache Altgold etwa aus Schmuck, Medaillen und Münzen 90 Prozent des recycelten Goldes aus. Der Rest stamme aus der Industrie. So steckten alleine in einem Handy im Schnitt 30 Milligramm davon, sagte der Fachmann. Eine Sprecherin der ESG Scheideanstalt in Rheinstetten, die sich auf Ankauf, Recycling und Verkauf von Edelmetallen spezialisiert hat, erklärte: "Es wird immer mehr Gold in der Elektroindustrie verarbeitet. Die Lebenszyklen von Geräten werden immer kürzer, daher wird immer mehr Gold aus Elektronikschrott zurückgewonnen." Hingegen merke man bei Zahngold, dass seit Jahren kaum noch Goldkronen eingesetzt werden. Anders bei Schmuck: "In den 70er- und 80er-Jahren wurden in Deutschland große Mengen Goldschmuck gekauft und klassisch verschenkt", teilte sie mit. "Dieser Schmuck wird seither aufbewahrt, weitergereicht oder vererbt und bei gut stehendem Goldpreis zu Geld gemacht."

Nur echt mit Prägung: Die Reinheit des Goldbarrens muss auf dem Produkt kenntlich gemacht werden.
Nur echt mit Prägung: Die Reinheit des Goldbarrens muss auf dem Produkt kenntlich gemacht werden. © Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa

In deutschen Scheideanstalten wird das angelieferte Altgold Tetzlaff zufolge geschmolzen und zunächst exakt analysiert, danach mittels chemischer Prozesse mit einem Mix aus Salz- und Salpetersäure, dem sogenanntem Königswasser, "geschieden". Anschließend werde es wieder in seine reinste metallische Form umgewandelt, so entstehe Feingold der höchsten Reinheit von 99,99 Prozent.

Weil Gold meist mit anderen Materialien wie Silber, Kupfer und Zink verbunden ist oder in Legierungen vorkommt, ist das teils ein hochkomplexer Prozess. Mit speziellen Analyseverfahren zur Bestimmung enthaltener metallischer Bestandteile und Verunreinigungen könne man sogar überprüfen, ob es Herkunftshinweise auf bestimmte Minen gibt.

Für die Wiederverwertung spiele es keine Rolle, ob das Gold ursprünglich mal in einer Leiterplatte steckte oder als Ring am Finger: "Gold ist Gold. Und durch den Kreislauf des Goldes bekommt Altgold ein neues Leben", sagte Tetzlaff. Auch das Spektrum der Abnehmer ist breitgefächert und reicht von der Schmuckindustrie über private Investoren und Zentralbanken bis hin zu Herstellern zahnmedizinischer Produkte. "In Zeiten von Minuszinsen und Inflation investieren viele Kunden in Edelmetallsachwerte", teilte die ESG-Sprecherin mit. Bei Investmentgold wie Barren und Münzen stiegen die angebotenen wie auch die nachgefragten Mengen seit Jahren. (dpa)