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Nachwuchs? Fehlanzeige!

Nur mit Mühe und Not findet eine Stahlbaufirma aus Weinböhla noch qualifizierte Azubis. Das war mal anders.

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© Arvid Müller

Von Stephan Hönigschmid

Weinböhla. Wer heutzutage eine Ausbildung macht, hat die Qual der Wahl. Was jedoch für Azubis recht angenehm ist, stellt die Betriebe vor immer größere Probleme. Auch die Firma Stahl- und Maschinenbau Graf aus Weinböhla kann davon ein Lied singen. Erst kurz vor Beginn des gerade gestarteten Ausbildungsjahres konnte sie ihre offene Azubi-Stelle besetzen. „Wir hatten es eigentlich schon abgeschrieben, jemanden für die Lehrstelle als Metallbauer zu finden. Im letzten Moment hat es dann aber doch noch geklappt“, sagt Metallbaumeister Sebastian Fiedler.

Die Erfahrungen des Betriebes spiegeln sich auch in den Zahlen der Riesaer Arbeitsagentur für den Landkreis Meißen wider. Demnach waren Ende Juli noch 366 junge Menschen auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle und 555 Stellen nicht endgültig besetzt. Insbesondere in den Ausbildungsberufen Drucktechnik, Metallbearbeitung, Energietechnik und Hochbau gab es viele offene Angebote.

Noch vor zehn Jahren war das anders. „Damals konnte ich aus bis zu 40 Bewerbungen auswählen“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer von Stahl- und Maschinenbau Graf, Kay Böhme. Heute seien es gerade mal zehn, von denen allerdings einige kurzfristig wieder absagen und andere aufgrund der Qualität nicht infrage kommen. „Es bewerben sich ja auch viele Hauptschüler. Aber ohne gute Noten in Mathe, Physik, Chemie und ausreichenden Deutschkenntnissen, geht es nicht“, so Böhme.

Dennoch kann er diese Linie nicht immer durchhalten. „Von zehn Bewerbern hat heute vielleicht einer gute Noten, weshalb wir manchmal auch ein Auge zudrücken, wenn jemand besonders motiviert ist“, berichtet der 51-Jährige. Damit auch schlechtere Schüler den Anschluss schaffen, muss sich der Betrieb jedoch mächtig ins Zeug legen. Und macht das auch gerne.

„Mit Hilfe der Arbeitsagentur organisieren wir einmal die Woche Nachhilfe. Außerdem nehmen wir uns als Ausbilder viel Zeit, um den Azubis in der Praxis jeden Arbeitsschritt ausführlich zu erklären“, sagt Fiedler. Das sei schon aus eigenem Interesse notwendig. „Wir tun dies für den Betrieb, aber auch, damit das Handwerk erhalten bleibt“, sagt der 25-Jährige, der darauf verweist, dass im Kammerbezirk Dresden 2010 noch 211 Lehrlinge eine Gesellenprüfung als Metallbauer abgelegt haben, während es 2016 lediglich 46 waren.

„Eine Rolle spielt dabei auch, dass immer mehr junge Leute Abitur machen und studieren wollen. Darüber hinaus ist die Bezahlung ein entscheidender Faktor“, sagt Böhme und fügt an: „Als mittelständisches Unternehmen mit 35 Mitarbeitern können wir nicht so viel zahlen wie Großbetriebe. Bei uns fängt jemand mit 500 Euro im Monat an und bekommt zum Schluss 800 Euro.“

Angesichts dieser Misere bei der Rekrutierung und Qualifizierung des Handwerker-Nachwuchses fühlt sich der in Weinböhla und Meißen ansässige Betrieb vor allem von der Handwerkskammer in Dresden allein gelassen. „Die präsentieren sich nur auf Facebook oder im MDR, aber niemand kommt mal vorbei und fragt: Was können wir für euch tun? Wie können wir euch bei der Ausbildung unterstützen?“, ärgert sich Böhme über die fehlende Hilfe.