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Nazigold am Kilometer 65?

Im niederschlesischen Walbrzych hat die Suche nach einem ominösen Panzerzug begonnen. Egal, ob es ihn gibt, die einstige Bergarbeiterstadt gewinnt in jedem Fall.

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© dpa

Von Thomas Schade

Walbrzych. Hobbyhistorikerin Christel Focken hat es geschafft. Sie ist im Team von Piotr Kaper und Andreas Richter, den Schatzjägern von Walbrzych, die im vergangenen Sommer mit ihrem Bodenradar einen verborgenen Tunnel gefunden haben wollen. In dem soll ein Nazizug voller Beutekunst versteckt sein. Nun steht Christel Focken zwischen den Männern am Kilometer 65 der Eisenbahnstrecke nach Wroclaw, sie ist zur Pressesprecherin für Deutsch und Englisch im Team avanciert und erklärt vor der Kamera, wo sich die Einfahrt befindet, von der immer gesprochen werde.

© SZ-Grafik

Mit schwerer Technik wurde in den vergangenen Tagen Wildwuchs entfernt, um das große Abenteuer vorzubereiten, auf das ganz Polen wartet. Am Dienstag begannen endlich die Grabungen, zunächst mit einiger Verspätung, weil der Strom am Grabungsort nicht rechtzeitig abgeschaltet wurde, wie der polnische Nachrichtensender TVN24 berichtete. Gezeigt wird das lange abgespannte Suchfeld. „Wir spüren die Verantwortung auf unseren Schultern lasten“, sagt Koper zum Grabungsbeginn.

In den kommenden Tagen sollen Bagger an drei verschiedenen Stellen bis zu sechs Meter tief graben. Lediglich ein Kamerateam werde die Suche dokumentieren, heißt es. Christel Focken verspricht, aktuelle Bilder würden online gestellt.

Schon vor Wochen wollten die Schatzsucher erste Bohrungen setzen, um nachzuweisen, dass der Tunnel existiert. Doch bürokratische Hürden, so berichten örtliche Medien, hätten das verhindert. Inzwischen seien alle Genehmigungen erteilt. 33 000 Euro haben die Schatzjäger bisher aus eigener Tasche bezahlt. Sponsoren waren abgesprungen, nachdem Experten der Bergbauakademie Krakau erklärten, dass es am Kilometer 65 keinen Zug gebe.

Piotr Kaper und Andreas Richter betreiben gemeinsam eine Firma, die sich eigenen Angaben zufolge mit Bodenuntersuchungen beschäftigt, um Tunnel, Keller, Metallgegenstände zu finden. Im Gespräch mit der Zeitung Die Welt berichtet Richter, dass er aus Dresden stamme, aber schon seit 18 Jahren in Waldenburg (Walbrzych) lebe. Seiner polnischen Frau zuliebe sei er in die Stadt gezogen. Heute betreibt er Ahnenforschung und Erbenermittlung. Das Versteck des Zuges, so berichtet er, habe ihm ein alter Mann verraten, der einen Tag später starb.

Seit die Männer im Sommer 2015 ihre „Entdeckung“ öffentlich machten, ist die einstige niederschlesische Bergarbeiterstadt ein touristisches Ziel. Die Besucherzahlen im nahen Schloss Fürstenstein hätten sich verdoppelt, sagt eine Sprecherin des Museums. Seit vergangenem Herbst gibt es T-Shirts zu kaufen, auf denen eine alte Dampfeisenbahn unter dem Schloss aus dem Berg braust. Goldbarren aus Schokolade und Wodkaflaschen, in denen Blattgold schwimmt, sind auf dem Markt.

Auch weil Schloss Fürstenstein zu einem Hauptquartier Hitlers ausgebaut wurde, hält sich seit Jahrzehnten die Legende vom Nazigoldzug. Seit Wochen ist das Suchgebiet Sicherheitszone. An der Uczniowska Straße, die daran vorbeiführt, überwachen Videokameras das Geschehen. Von dieser Stelle aus können Schaulustige die Suche beobachten. Details kommen von Christel Focken. „Zwei Bagger sind am Werk“, verkündete sie am Nachmittag. (mit dpa)