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Nebenkläger kritisieren Behörden im Prozess gegen Gruppe Freital

Das Gericht habe wenig Interesse gezeigt, die Tathintergründe und das Umfeld der Angeklagten zu beleuchten.

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Von Andrea Schawe

Dresden. Die Angeklagten hätten eine „rechtsextreme, rassistische und menschenverachtende Gruppierung“ gebildet. Daran gebe es für die Nebenkläger des linksalternativen Wohnprojektes in Dresden-Übigau keinen Zweifel, sagten sie am Freitag in ihren Plädoyers im Prozess gegen die Gruppe Freital.

Seit März müssen sich vor dem Oberlandesgericht sieben Männer und eine Frau unter anderem wegen Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Im Oktober 2015 sollen sie das Wohnhaus in der Overbeckstraße mit Steinen, Sprengsätzen und Buttersäure angegriffen haben. Vertreter des Generalbundesanwaltes beantragten Haftstrafen zwischen fünf und elf Jahren.

Die Bewohner kritisierten, dass wichtige Hintergründe der Taten wie mutmaßliche Kontakte mit Polizisten und die Vernetzung mit ausländerfeindlichen Protestbündnissen im Prozess nicht beachtet wurden. Sie nutzten ihre Plädoyers auch für einen Appell: Rechtsextremen müsse widersprochen werden, die Gesellschaft müsse sich mit den Opfern solidarisieren.

Der Anwalt der Nebenkläger, Oliver Nießing, warf dem Gericht vor, nicht zur Vertrauensbildung zu den Geschädigten beigetragen zu haben. Der Staatsschutzsenat hatte gegen eine Bewohnerin ein Ordnungsgeld verhängt, weil sie sich in ihrer Zeugenaussage weigerte, die Namen der Mitbewohner zu nennen, um sie vor einer Gefährdung durch Rechtsextreme zu schützen. „Einem der Täter hat die Staatsanwaltschaft während der Ermittlungen Anonymität zugesichert“, sagte Nießing.

Auch er kritisierte die Behörden. Hinweise auf Tatmotive seien als „nicht verfahrensrelevant“ eingestuft worden, Polizeibeamte hätten eine vollständige Aussage wegen fehlender Genehmigungen verweigert, die Gruppe sei von Ermittlern und Staatsanwaltschaft unterschiedlich eingeschätzt worden. „Inwiefern es hier Staatsversäumnisse oder Staatsverschulden gab, wurde in diesem Verfahren nicht aufgeklärt“, sagte der Rechtsanwalt. (SZ/sca)