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Neue Details im Fall al-Bakr

Die JVA-Bedienstete, die den toten Syrer in seiner Zelle fand, war Afghanistan-Veteranin.

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© dpa

Von Karin Schlottmann

Dresden. Nach dem Selbstmord eines terrorverdächtigen Syrers in einer Leipziger Gefängniszelle haben die Landtagsfraktionen Konsequenzen gefordert. Rechts- und Innenausschuss haben in einer sechsstündigen Sitzung Behörden- und Polizeichefs sowie Vertreter des Bundeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes befragt. Die SZ schildert die wichtigsten Ergebnisse:

Mehr Mitarbeiter in den Gefängnissen

Darin waren sich alle Fraktionen einig: Die Personalausstattung der Gefängnisse muss verbessert werden. 50 zusätzliche Stellen seien im aktuellen Haushaltsentwurf vorgesehen, sagte Klaus Bartl (Linkspartei). „Die lange Phase des Stellenabbaus, bei der besonders Polizei und Justiz geblutet haben, ist vorbei“, forderte für den kleinen Koalitionspartner SPD deren innenpolitischer Sprecher Albrecht Pallas.

Der Polizeieinsatz war fehlerhaft

Zwar habe die Polizei ein geplantes Sprengstoffattentat in letzter Minute verhindert, dennoch seien Fehler gemacht worden, räumte der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Hartmann ein. Dass al-Bakr bei dem Zugriff in Chemnitz entkommen konnte, hat auch bei der CDU für Kritik gesorgt. Ein Grund dafür war, dass nicht alle Beamten das Foto des Verdächtigen kannten.

Während des Großeinsatzes standen zwei bewaffnete Polizisten etwa zehn Meter vor al-Bakr. Sicher identifizieren konnten sie ihn nicht. Sie forderten ihn auf Deutsch und Englisch auf, den Rucksack abzunehmen und sich zu entkleiden. „No, no, no“, habe er geantwortet, dann sei er davongerannt. Auch ein Warnschuss hielt ihn nicht auf. Die Verfolgung scheiterte an der zu geringen Zahl an „Schnell-Läufern“, hieß es im Ausschuss.

Bei der Fahndung ging Zeit verloren

Die Grünen werfen der Einsatzleitung vor, wertvolle Zeit vergeudet zu haben. Der Verfassungsschutz habe der Polizei die exakte Adresse der Terrorwohnung genannt. Dennoch hätten die Beamten nicht sofort zugeschlagen, sondern zunächst diverse andere Wohnungen überprüft. Sachsens Polizei ist auf Terroranschläge nicht vorbereitet, resümierten Valentin Lippmann (Grüne) und Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt.

Misstrauen einer JVA-Bediensteten

Auf die Frage, warum eine Mitarbeiterin der JVA die Zelle al-Bakrs öfter kontrollierte als vorgeschrieben, schob Anstaltsleiter Rolf Jacob den Übereifer einer Berufsanfängerin vor. Tatsächlich handelte es sich bei der Mitarbeiterin um eine ehemalige Soldatin mit Afghanistan-Erfahrung. Die 34-jährige frühere Gruppenführerin der Bundeswehr verfügt über spezielle Kenntnisse im Umgang mit islamistischen Selbstmordattentätern und begegnete dem Verhalten des Häftlings offenbar mit größerer Aufmerksamkeit und Sensibilität.