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Neue Ideen unter alten Hüten

Nach Fury In The Slaughterhouse wollen es die Wingenfelder-Brüder noch mal wissen. Im August kommen sie nach Dresden.

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Von Steffen Rüth

Wenn Kai Wingenfelder daheim an der Ostsee nahe der dänischen Grenze zum Elternsprechtag anrückt, um zu hören, wie sich seine zehn und vierzehn Jahre alten Kinder (die Älteste ist mit der Schule schon fertig) so schlagen, wundert er sich jedes Mal aufs Neue: „Ich staune, wie verspießert die meisten der anderen Eltern sind“, sagt der Sänger. „Ich habe ja ohnehin den Eindruck, dass ich noch ein irgendwie total junger Kerl bin. Aber im Vergleich mit den anderen Eltern merke ich das noch viel stärker.“

Wingenfelder wird nächstes Jahr 60. Das mit dem Jungsein ist also relativ. Aber er ist eben auch Rock ’n’ Roller, quasi bereits auf Lebenszeit, und als solcher lässt er den Alterungsprozess trotz kahlem Schädel galant an sich vorbeilaufen. „Wir haben immer noch einen echt schrägen Humor, immer noch unglaublich viel Spaß auf der Bühne und machen nur, worauf wir Bock haben. Wir sind hochzufrieden, und deshalb fällt uns das Jungbleiben besonders leicht.“

Durst aufs größte Bier der Welt

Nachzuhören ist die Sache mit der gefühlten und gelebten Jugend auf „Sieben Himmel hoch“, dem vierten Album, das Kai und sein sieben Jahre jüngerer, Gitarre spielender Bruder Thorsten unter dem gemeinsamen Nachnamen veröffentlichen. „Verlieb dich nicht in mich“ steckt voll von romantischem Augenzwinkern, „Mitten im Leben“ pocht vor Lebensfreude, und in „Frau von Welt“, fabuliert Kai fröhlich vom „größten Bier der Welt“, das er nun unverzüglich trinken wolle.

Zugleich unterstreicht die eingängige Nummer auch die andere Seite der Wingenfelders, die auf „Sieben Himmel hoch“ deutlicher als früher herausgearbeitet wird: die politische. „Klar, gehen wir wählen. Aber am Ende wird es genauso weitergehen“, singt Kai Wingenfelder beinahe resigniert. Aber im Titelsong zum Beispiel sagt er auch: „Es ist niemals falsch, das Richtige zu tun“ oder „Alles wird nur so gut, wie wir es wollen“. Wingenfelder war einst Juso-Vorsitzender in Hannover, wo er aufwuchs und lange lebte. Sein Herz schlägt für Werte wie Solidarität, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit. „Sieben Himmel hoch“, diese grundehrliche und poprockig-erdige Platte, ist zwanzig Songs lang und wurde von den Brüdern während und nach einem kaum mehr für möglich gehaltenen Triumph aufgenommen.

Im letzten Jahr füllten sie mit ihrer nur noch sporadisch aktiven, aber dank Klassikern wie „Won’t Forget These Days“ immer noch sehr präsenten Erstband Fury In The Slaughterhouse dreimal hintereinander die 12 000 Leute fassende Arena in Hannover bis auf den letzten Platz. Anlass war das 30-jährige Bandbestehen. Mit entsprechendem Rückenwind ging man anschließend deutschlandweit auf Tour und schaffte es mit einem Fury-Best-Of auf den dritten Platz der Albumcharts. „Das war natürlich ganz toll“, sagt Wingenfelder. „Wer rechnet schon auf seine jungen alten Tage mit so einem Triumph?“ Und so soll es noch lange weitergehen. Die Stimmung unter den Brüdern ist super. Kai Wingenfelder: „Thorsten und ich können uns total auf den Sack gehen und sind auch schon handgreiflich gegeneinander geworden. Aber wir sind extrem eng verbunden, beide ein bisschen ruhiger geworden und ergänzen uns echt cool.“ Das werden sie auf der Tour beweisen, die sie auch nach Dresden führt.

Das Album: Wingenfelder, Sieben Himmel hoch. Starwatch Entertainment

Das Dresden-Akustik-Konzert: 25. August, 19.30 Uhr, Konzertplatz Weißer Hirsch; Karten unter 0351 866600