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Neue Kneipe in altem Saal

Der Umbau der ehemaligen Druckerei „Völkerfreundschaft“ kann nach langen zeitraubenden Verhandlungen beginnen.

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© sächsische zeitung

Von Ulrike Kirsten

Endlich hat das Zittern für die Mitglieder der Zentralwerk Kultur- und Wohngenossenschaft ein Ende. Vor wenigen Tagen haben die Stiftung trias und die bisherige Eigentümerin der ehemaligen Druckerei „Völkerfreundschaft“ in der Riesaer Straße 32, die Dresdner Verlagshaus Immobilien GmbH, den Kaufvertrag über das Gelände unterzeichnet. „Wir sind erleichtert, dass es nun losgehen kann“, sagt André Hennig vom Zentralwerk.

In dem alten Fabrikgebäude wollen die Genossenschaftler Wohnungen einrichten. Die geplanten Atelierräume für Künstler sind bereits vermietet. Im Saalgebäude in der Heidestraße 2 sollen künftig wieder kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Die Genossenschaft hatte mit einem viel früheren Kauf gerechnet, doch die Verhandlungen um das Gelände zogen sich in die Länge, weil sich Stiftung und Voreigentümer nicht über den Preis einigen konnten. Altlasten auf dem Areal belasteten die Verkaufsgespräche. Gleichzeitig haben Genossenschaft und Stiftung einen Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen. Damit erwirbt die Genossenschaft das Recht, das Areal und die sich darauf befindlichen Gebäude im Rahmen ihrer Satzung zu sanieren und zu nutzen. „Wann wir mit dem Umbau beginnen, ist noch nicht ganz klar, da noch Verträge über die finanziellen Mittel zu schließen sind und viele Leistungen ausgeschrieben werden müssen“, sagt Hennig.

Mit dem Kauf des Geländes erfüllt sich auch für Kristin Matthes, Johannes Quade und Silvio Reichmuth ein lang gehegter Traum. Die eigene Kneipe. „Wir freuen uns, dass wir das jetzt hier machen können, hatten uns aber schon vor dem Projekt entschlossen, zu dritt eine Kneipe aufzumachen, egal wo“, sagt Johannes Quade. Mit ihren Kneipenplänen haben sie indes einen großen Wunsch der Stadt erhört. Als die Genossenschaft das Zentralwerk-Konzept im Rathaus vorstellte, war das sofort begeistert, merkte aber an, dass eine Kneipe in Pieschen doch besonders dringend gebraucht werde. Zwar ziehen seit Jahren immer mehr junge Menschen ins Viertel. Doch Gastronomen hat das bisher nicht verstärkt in den Stadtteil gelockt.

Schon in den nächsten Tagen wollen die drei mit den Arbeiten im ehemaligen Karl-Hermann-Saal, der zum großen Komplex des ehemaligen Goehle-Werkes gehörte, beginnen. Nach dem Krieg wurde dort eine Druckerei aufgebaut, in der später auch die Sächsische Zeitung gedruckt wurde. In einem Seitenbereich des Saales soll die Kneipe eingerichtet werden. „Wir haben Freude daran und machen das nicht einfach, weil wir nichts anderes finden oder machen könnten“, sagt Kristin Matthes, die Philosophie studiert. Silvio Reichmuth arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität, ist Archäologe und Sprachwissenschaftler, Johannes Quade promoviert. „Wir möchten einen Ort schaffen, wo man gern seine Zeit verbringt, sich Freunde und Fremde treffen und man gesellig ein Bierchen trinken kann“, sagt die 30-Jährige. Um genügend Gäste müssen sich die drei künftigen Kneipenbetreiber schon vor der Eröffnung keine Sorgen machen.

„Die Künstler, die später ihre Ateliers hier haben und die Genossenschaftsmitglieder, die später im Mitteltrakt wohnen, kommen bestimmt schon mal regelmäßig vorbei“, sagt Johannes Quade. Schon allein, weil sich viele vom Verein Friedrichstadtzentral kennen. Der 36-Jährige ist eines der Gründungsmitglieder. Seit Jahren betreuen sie bereits die Bar bei Veranstaltungen des Friedrichstadtzentral.

Die eigene Kneipe ist für Kristin, Johannes und Silvio also nicht bloß eine Schnapsidee. „Wir machen seit fünf Jahren zusammen die Bar bei solchen kulturellen Ereignissen. Wir kennen uns also schon ein bisschen aus“, sagt Johannes Quade und grinst. Vorerst wollen sie den Laden monatlich öffnen für Konzerte, Lesungen, Ausstellungen. Am 31. Januar soll die Reihe „Dynamis“ starten. „Wir werden vieles in Eigenregie sanieren. Daher wollen wir uns noch nicht konkret festlegen, wann wir öffnen werden. Eine Weile wird es aber dauern.“

Auch im Saal soll, wie bereits 2014, in den nächsten Monaten wieder getanzt und musiziert werden. Wegen seiner Größe von etwa 900 Plätzen war er in den 1950er-Jahren einer der renommiertesten Orte in Dresden für kulturelle Veranstaltungen. „Wir möchten ihn unbedingt wiederbeleben. Das ist ein wichtiger Bestandteil unseres Konzeptes. Wir würden uns deshalb über weitere Kulturpaten, die für den Erhalt des Saales spenden möchten, sehr freuen“, sagt André Hennig.

Mehr Informationen zu den Kulturpatenschaften für den Saal www.zentralwerk.de/kulturpaten.html