Merken

Neue Regeln für junge Flüchtlinge

Das generelle Alkoholverbot und die Ausgangssperre in Bautzen sind aufgehoben. Der Kreis setzt auf andere Wege.

Teilen
Folgen
© Uwe Soeder

Von Jana Ulbrich

Bautzen. Die Sanktionen sind erst einmal wieder aufgehoben. Nach den Auseinandersetzungen zwischen jugendlichen Flüchtlingen und rechtsgerichteten Deutschen auf dem Bautzener Kornmarkt in der vergangenen Woche hatte der Kreis für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Bautzen eine abendliche Ausgangssperre und ein generelles Alkoholverbot verhängt. Das war nicht überall auf Verständnis gestoßen. Unter anderen hatte Polit-Talkerin Anne Will in ihrer Sendung am Sonntagabend in der ARD dem Landkreis einseitige Strafmaßnahmen gegen die Flüchtlinge vorgeworfen. Bei den Ausschreitungen in der vergangenen Woche waren etwa 20 junge Flüchtlinge und 80 Einheimische, darunter viele Angehörige der rechtsextremen Szene, aufeinander losgegangen.

Der zuständige 1. Beigeordnete des Landrats, Udo Witschas, weist die Kritik allerdings entschieden zurück: „Wir sind vollkommen davon überzeugt, dass die Entscheidung in dieser Situation richtig war – auch zum Schutz der Jugendlichen, die in unserer Obhut sind“, sagte er am Dienstag vor Journalisten. Inzwischen hat der Kreis die kurzzeitigen Sanktionen wieder aufgehoben. „Wir gehen davon aus, dass das jetzt nicht mehr nötig ist“, so Witschas. Die Jugendlichen dürfen sich ab sofort jetzt auch wieder nach 19 Uhr außerhalb des Heims aufhalten und niedrigprozentigen Alkohol trinken, so wie es auch das Jugendschutzgesetz erlaubt.

Nur vereinzelt Probleme

Wie bisher gilt ein generelles Alkoholverbot aber weiterhin in allen Einrichtungen, in denen die elternlosen Flüchtlinge untergebracht sind. Auch müssen sie spätestens zur Nachtruhe um 22 Uhr in ihren Heimen sein. „Die Jugendlichen, die zu uns kommen, müssen sich an unsere Regeln halten“, sagt Witschas. Das müsse man auch verlangen können.

Die meisten der 180 Minderjährigen, die zurzeit in den Heimen des Landkreises leben, würden das auch tun, bestätigt Monique Rex vom Jugendamt, die für die Inobhutnahme der unbegleiteten Minderjährigen zuständig ist. Es gebe aber auch einzelne Ausnahmen. Momentan handele es sich um sechs Jugendliche im gesamten Landkreis, die in andere Heime umverteilt wurden, weil sie sich in den bestehenden Gruppen nicht integrieren konnten und nach außen hin große Aggressivität zeigten. Tätliche Auseinandersetzungen wie die in Bautzen oder am vergangenen Samstag in Hoyerswerda seien aber die Ausnahme.

Aggressivität sei auch ein Ausdruck von Traumatisierung und Belastungsstörungen der Jugendlichen, die viel erlebt und durchgemacht hätten, sagt Monique Rex. Einige der Flüchtlinge brauchen deshalb psychologische Betreuung. Deshalb hat der Kreis jetzt auch spezielle Betreuungsmöglichkeiten für traumatisierte Jugendliche in Arnsdorf geschaffen.

Erziehung über das Taschengeld

Heime für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gibt es derzeit in Döberkitz bei Bautzen, in der Stadt Bautzen sowie in Neukirch, Sohland, Radeberg, Brauna und Hoyerswerda. Der größte Teil der 180 Jugendlichen, die in den Einrichtungen betreut werden, ist zwischen 16 und 18 Jahren alt. Die sieben Jüngsten, die zwischen sieben und zwölf Jahren alt sind, sind jüngere Geschwisterkinder. Die Jugendlichen lernen Deutsch und gehen zur Schule.

Ganz reibungslos läuft das Zusammenleben verständlicherweise aber nicht immer, sagt Monique Rex. Außer Ermahnungen hätten die Betreuer aber wenig Möglichkeiten der Sanktionen gegen Jugendliche, die sich nicht an die Regeln halten. Eine erzieherische Wirkung will der Kreis deshalb künftig über das Taschengeld erreichen, dass die Flüchtlinge per Gesetz bekommen. Das soll künftig nicht mehr für den ganzen Monat auf einmal ausgezahlt, sondern je nach Situation wochen- oder auch tageweise an die Minderjährigen zugeteilt werden.

„Wir werden davon in allen Einrichtungen gebrauch machen“, kündigt Udo Witschas an. Geprüft werden soll außerdem, ob den Jugendlichen in allen Einrichtungen zeitlich begrenzte WLAN-Netze zur Verfügung gestellt werden können. Gute Erfahrungen gebe es damit beispielsweise in Neukirch, wo sich die Jugendlichen tagsüber ins Internet einloggen können. Über das Handy haben die Jugendlichen oft den einzigen Kontakt zu Familie und Freunden. In allen Einrichtungen plant der Landkreis zudem Projekte zur Gewaltprävention.