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Neuer Schlossherr in Ober-Neundorf

Unternehmer Dietrich Kuhn will das Haus sanieren. Aber er bittet um Geduld.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Matthias Klaus

Irgendwann, es war im Sommer, stand Dietrich Kuhn vor dem Schloss in Ober-Neundorf. Wieder einmal. Und er dachte sich: Das ist ja nicht mehr mit anzusehen. Dieses Notdach, das selbst fast ein Notdach benötigt, der bröckelnde Putz ... „Ich weiß, es ist eine große Aufgabe. Aber ich werde das Schloss Ober-Neundorf sanieren“, sagt der Chef der Kuhn Putz und Sand GmbH. Inzwischen hat er das Schloss gekauft. „Ich hatte den Eindruck, der frühere Besitzer war ganz froh darüber, dass er es los ist“, sagt Dietrich Kuhn. Letzter Eigentümer war Gisbert Michael Dahmen-Wassenberg aus der Nähe von Düsseldorf.

Ein großes Problem des Schlosses ist das Dach. Es soll als erstes hergerichtet werden.
Ein großes Problem des Schlosses ist das Dach. Es soll als erstes hergerichtet werden. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Blick ins Innere des Schlosses Ober-Neundorf: Die Bausubstanz ist recht gut erhalten, sagt der neue Besitzer.
Blick ins Innere des Schlosses Ober-Neundorf: Die Bausubstanz ist recht gut erhalten, sagt der neue Besitzer. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Dietrich Kuhn kann sich vorstellen, dass in Zukunft im Schloss Feste und Feiern stattfinden.
Dietrich Kuhn kann sich vorstellen, dass in Zukunft im Schloss Feste und Feiern stattfinden. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Hoffnung auf Fördermittel

Das Notdach, der Dachstuhl – das sind jetzt die dringendsten Arbeiten, die erledigt werden müssen, schildert Dietrich Kuhn. Das Dach muss nun erst einmal dicht gemacht werden. Übernächste Woche soll der Zimmermann kommen, mit den Arbeiten am Dachstuhl beginnen. „Früher war leider kein Termin frei“, bedauert Dietrich Kuhn. Er werde das Gebäude Zug um Zug sanieren, nicht alles auf einmal, sagt der neue Schlossbesitzer. Das könne er nicht. „Ansonsten erschlägt uns das finanziell“, begründet er.

Was das Ganze am Ende kosten wird, kann Dietrich Kuhn heute noch nicht so recht abschätzen. Er hofft auf Fördermittel. Frau Simone und Tochter Lea unterstützen ihn jedenfalls bei seinem Vorhaben. „Vielleicht ziehen wir später ja auch selbst ins Schloss“, sagt Dietrich Kuhn. Seine beiden Damen scheinend da nicht abgeneigt. Ein reines Mehrfamilienhaus, ein Mietshaus, soll das Schloss Ober-Neundorf aber nicht werden. Und schon gar nicht eine Unterkunft für Flüchtlinge.

Das erklärte Dietrich Kuhn jetzt während der jüngsten Ortschaftsratssitzung. Das Haus werde zwar bewohnt. „Aber es soll auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein, für Feste aller Art zum Beispiel“, sagt Dietrich Kuhn. Das Schloss verfügt über große Räume. „Wer Ideen hat, nur zu. Das Schloss wird nicht abgeschottet“, sagt der Unternehmer. Aber das ist Zukunftsmusik. Noch steht er mit den Planungen am Anfang. Der Denkmalschutz hat bei dem historischen Bau ein gewichtiges Wort mitzureden. Das geht bereits bei der besonderen Fassadengestaltung los.

Sie ist in einer Putzkratztechnik ausgeführt, die im 16. Jahrhundert von italienischen Wanderkünstlern nach Böhmen und in die Oberlausitz gebracht wurde. Diese Sgraffitoputzfassade hat in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten am Schloss Ober-Neundorf arg gelitten. Dietrich Kuhn bezweifelt, dass sie wieder komplett hergestellt werden könnte. „Vielleicht funktioniert es ja an einigen ausgewählten Stellen, die dann entsprechend versiegelt werden müssen“, sagt der frisch gebackene Schlossherr. Aber das ist nur eines von vielen Themen, die er in nächster Zeit mit dem Denkmalschutz besprechen wird.

Oberbürgermeister Siegfried Deinege sichert Dietrich Kuhn Unterstützung der Stadt zu. Der Denkmalschutz werde nicht behindern, sondern unterstützen, sagt der Rathauschef. „Auch wenn es manchmal nicht einfach wird, wir werden einen Konsens finden“, verspricht der Oberbürgermeister.

Dietrich Kuhn hat sich Mittwochvormittag in seinem Schloss umgeschaut. „Es sieht von außen zwar schlimm aus. Aber die Bausubstanz ist doch noch ziemlich gut“, findet er. Sein Motto: „Das Ding muss gerettet werden!“ Der wirtschaftliche Faktor stehe für ihn nicht im Vordergrund. Er wolle vielmehr ein Zeichen setzen, für Görlitz, für die Region: „Wenn man will, kann man ein Kulturgut erhalten.“ Auch wenn es dafür Geduld braucht.

„Ich wurde hier mit offenen Armen empfangen“

Das Schloss Ober-Neundorf gehört neben dem Schloss Tauchritz zu den beiden einzigen Renaissanceschlössern in Görlitz. Der heutige Bau stammt aus der Zeit um 1570/80. Fünf bis sechs Jahre, schätzt Dietrich Kuhn, werde die Sanierung wohl dauern. Er hofft, seine Firma in die Sanierung des Hauses mit einbeziehen zu können, vor allem in den kalten Jahreszeiten. Dietrich Kuhn, geboren 1962 am Bodensee, gründete 1993 seine GmbH, die Kiesgrube befindet sich auf einem früheren Feld in Ober-Neundorf, ein paar Hundert Meter vom Schloss entfernt. „Ich wurde hier mit offenen Armen empfangen“, erinnert sich Dietrich Kuhn.

Inzwischen hänge sein Herz an der Gegend. Und er hofft bei der Sanierung des Schlosses auf Hilfe der Anwohner. „Vielleicht hat ja noch jemand Bilder, Unterlagen aus der Zeit von vor 1945?“, hofft er.

Er möchte das Schloss zwar erneuern, „aber nicht verbiegen“, sagt Dietrich Kuhn. Da ist es ihm lieber, eine Wand original zu belassen, als sie der Funktionalität wegen ein paar Zentimeter zu versetzen. „Ein Gebäude wie dieses“, findet der Schlossherr, „darf sein Alter ruhig zeigen.“