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Neues Kapitel an der Kirschallee

Vor zwei Jahren wurde in Neustadt das Ende der Fortschritt-Ruinen eingeläutet. Ein Blick zurück – und nach vorn.

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© Dirk Zschiedrich

Von Katarina Gust

Neustadt. So hohen Politbesuch gibt es in Neustadt normalerweise nur, wenn der Bürgerball ruft. Doch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wollte nicht das Tanzbein schwingen. Er schaute sich an der Kirschallee in Langburkersdorf um. Fast auf den Tag genau zwei Jahre ist das inzwischen her. Tillich kam und mit ihm startete ein millionenschweres Projekt: Die Revitalisierung der Industrieruinen an der Kirschallee. Innerhalb von 24 Monaten hat sich das Gelände komplett verändert. Ein Blick zurück auf die wichtigsten Etappen und darauf, was nun vor Ort passiert.

Heute ist von den Fortschritt-Überbleibseln nichts mehr zu sehen. Das ehemalige Asylbewerberheim und zwei andere Wohnheime sind verschwunden. Auf der Freifläche wird seit Anfang August wieder gearbeitet. Es müssen tonnenweise Erde bewegt werden, um das Ge
Heute ist von den Fortschritt-Überbleibseln nichts mehr zu sehen. Das ehemalige Asylbewerberheim und zwei andere Wohnheime sind verschwunden. Auf der Freifläche wird seit Anfang August wieder gearbeitet. Es müssen tonnenweise Erde bewegt werden, um das Ge © SZ/Katarina Gust
Im März dieses Jahres ragen nur noch die Seitentürme der „Schwarzen Kuh“ in den Himmel. Drum herum haben sich Schuttberge gebildet. Das Material wurde von Spezialfirmen aufbereitet, zum Beispiel Stahl aus dem Beton getrennt. Es kann dadurch wiederverwende
Im März dieses Jahres ragen nur noch die Seitentürme der „Schwarzen Kuh“ in den Himmel. Drum herum haben sich Schuttberge gebildet. Das Material wurde von Spezialfirmen aufbereitet, zum Beispiel Stahl aus dem Beton getrennt. Es kann dadurch wiederverwende © Dirk Zschiedrich

Das Ende der Fortschritt-Ruinen

August 2014

Mit einem Plakat fängt alles an. Ministerpräsident Stanislaw Tillich gibt den offiziellen Startschuss für die Revitalisierung der Industriebrachen. An seiner Seite steht Neustadts Bürgermeister Manfred Elsner (FDP), mittlerweile ist er im Ruhestand. Gemeinsam enthüllen sie ein Banner, das für das geplante Gewerbegebiet wirbt. Die erhoffte Finanzspritze hat Tillich noch nicht dabei. Er kündigt jedoch an, dass der Freistaat das Vorhaben finanziell unterstützen will.

April 2015

Die Waldschlösschenbrücke in Dresden hat die „Kleine Hufeisennase“, in Langburkersdorf sind es dagegen Waldeidechsen, die eine Extrawurst bekommen. Die seltenen Tiere hatten sich auf dem brachliegenden Gelände angesiedelt. Bevor die „Schwarze Kuh“, ein Hochhaus des Landmaschinenkombinates Fortschritt, abgerissen werden konnte, mussten die Eidechsen umgesiedelt werden. Die Tiere wurden dafür eingefangen und an den Freibadesee am Rugiswalder Weg umgesetzt. Dort wurde zuvor ein neues Habitat für die scheuen Tiere angelegt.

Juli 2015

Eine der wichtigsten Hürden ist genommen. Der Bebauungsplan für die Kirschallee wurde genehmigt. Etwa 700Seiten dick ist das Dokument. Das Landratsamt als zuständige Behörde hatte sich innerhalb von nur zwei Wochen durch den Papierkram gekämpft, die Unterlagen durchgesehen, geprüft und schließlich abgenickt. Bevor der Abriss begann, wurden die leer stehenden Hallen und Gebäude jedoch noch dicht gemacht. Die sogenannten Vergrämungsmaßnahmen sollten verhindern, dass sich geschützte Vogelarten oder Fledermäuse wieder in den Ruinen ansiedeln. Öffnungen in Gebäuden, die als Schlupflöcher dienen könnten, wurden deshalb geschlossen.

November 2015

Jetzt geht es richtig los. Mit einem symbolischen Baggeraushub begannen die Bauarbeiten an der Kirschallee. Neustadts neu gewählter Bürgermeister Peter Mühle (NfN) hatte sich dafür persönlich hinters Steuer eines Baggers gesetzt. Gleichzeitig nahm er den langersehnten Fördermittelbescheid über rund 6,15Millionen Euro entgegen. Das Geld stammt aus der Wirtschaftsförderung des Freistaates. Etwa 85 Prozent der Gesamtkosten sollen damit gedeckt werden. Der Scheck war damit die größte Summe an öffentlichen Geldern, die Neustadt seit Mitte der Neunzigerjahre bekommen hatte. Damals flossen rund elf Millionen D-Mark in den Neubau des Freizeitbades Monte Mare.

Februar 2016

Das letzte Stündlein der sogenannten Schwarzen Kuh an der Kirschallee in Langburkersdorf hat geschlagen. Mitte Februar startete der Abriss des DDR-Typenbaus. Zwei ehemalige Wohnheime, in denen einst Fortschritt-Gastarbeiter gelebt haben, und das benachbarte Asylbewerberheim wurden ebenfalls platt gemacht. Rund 40000 Tonnen Abrissmaterial sind in dieser Zeit zusammengekommen. Ein Teil des gebrochenen und aufbereiteten Materials wird wieder verbaut.

August 2016

Die Abrissbagger sind verschwunden, andere Bagger haben übernommen. In dem nun folgenden Kapitel werden die entstandenen Freiflächen an der Kirschallee höhenmäßig angeglichen. Dafür müssen Tonnen von Erde bewegt werden. Der Anfang ist bereits gemacht. Ziel ist es, das rund 14 Hektar große Gebiet in vier ebene Bauquartiere aufzuteilen. Sie messen rund 16000, 19000 und 41000 Quadratmeter. Die Quartiere werden später auf unterschiedlich hohen Ebenen liegen. Dazwischen sind massive Stützwände notwendig. Bis zum Jahresende soll die erste Fläche fertig sein. Das Grundstück kann dann von einem ersten Investor bebaut werden. Wer sich hier niederlassen könnte, ist offiziell aber noch nicht bekannt.

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