Merken

Neues Leben im Vierseithof

Ein Bauer aus Franken richtet die Gebäude in Leutewitz Stück für Stück her. Nicht nur für die Landwirtschaft.

Teilen
Folgen
© Lutz Weidler

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Sonnenblume ist allgegenwärtig in Edgar Sauers Vierseithof. Ob aus den Beeten vor der Scheune, in den Vasen im Seitengebäude oder an der Fassade gegenüber – überall strahlt dem Besucher das freundliche Gelb entgegen. Das kommt nicht von ungefähr, hat Sauer doch schon in seiner fränkischen Heimat seinen Lebensunterhalt mit Sonnenblumen bestritten. Dann zog es ihn in den Osten. Aus ganz pragmatischen Gründen, erzählt der 60-Jährige. „Ich habe nach einem zweiten Standort gesucht, für den Fall, dass es am ersten einmal zu größeren Ausfällen kommt. Die sollen sich ergänzen können.“ Bei Riesa fand der Bauer schließlich das perfekte Klima: „Entscheidend ist die frühe Wärme, da geht es hier eigentlich immer im Frühjahr los.“

Im Gebäude eröffnete jetzt eine Tagespflege.
Im Gebäude eröffnete jetzt eine Tagespflege. © Lutz Weidler

Im Jahr 2007 kaufte der Landwirt einen Vierseithof in Leutewitz. Falls die Anwohner jemals mit Skepsis auf den Zugezogenen geschaut haben sollten, wurden sie wohl eines Besseren belehrt. „Der Vorbesitzer hat schon damals zur Bedingung gemacht, dass der Hof nicht verfällt“, erklärt Edgar Sauer. Der neue Besitzer hielt Wort: Stück für Stück kehrt das Leben zurück auf das Grundstück an der Leutewitzer Dorfstraße. Rund 40 Hektar Land bewirtschaftet Edgar Sauer, baut Schnittblumen und Futter für den Milchhof Prausitz an, hält außerdem noch einige Angus-Kühe entlang der Elbe – und braucht trotzdem längst nicht die komplette Fläche des Hofs dafür. „Eigentlich brauchen wir nur die Scheune. Deshalb habe ich lange nach einer sinnvollen Nutzung für die Gebäude gesucht.“

Die hat der Landwirt mittlerweile gefunden. Vor wenigen Wochen hat im ehemaligen Stallgebäude die Tagespflege Sonnenhof Elbaue eröffnet. Betreiberin Sylvia Kamjunke habe schon einige Jahre Berufserfahrung. Ehe sie eröffnen konnte, wurde aber lange geplant und umgebaut, erzählt Sauer. „Von der Planung bis jetzt sind drei Jahre vergangen.“ Mittlerweile sind die ersten Senioren da, im früheren Kuhstall sollen einmal bis zu 20 Menschen betreut werden. Es gibt behindertengerechte Badezimmer, einen kleinen Gymnastikraum, vor allem aber auch einen großen Hinterhof mit Terrasse, Blick über die Felder und einem Gemüsegarten. Außerdem eine Küche, in der die Senioren mitarbeiten können. „Sie sollen auch einmal aktiv sein können“, sagt Steffi Kuntzsch. Die Riesaerin sei so etwas wie seine Managerin, sagt Edgar Sauer und lacht.

Kuntzsch ist es auch, die gemeinsam mit Sauers Freundin Anett Pimmé bald für kulturelles Leben im Leutewitzer Hof sorgen möchte. „Abends ist die Hütte hier leer“, erklärt Steffi Kuntzsch. Die Gelegenheit will sie nutzen, im Hof die eine oder andere Veranstaltung zu etablieren. Den Anfang macht das Sonnenblumen-Erntefest am 15. September, ein Barbecue mit Angus-Burger und Tanzabend. Das Fest findet schon zum dritten Mal statt. „Im ersten Jahr habe ich einfach eine Fläche im Sonnenblumenfeld freigemulcht, wo wir dann die Bierzeltgarnituren aufgestellt haben“, erzählt der Landwirt.

„Im zweiten Jahr war das Wetter schlecht, da sind wir dann in den Hof ausgewichen.“ Einen Tag später ist ab 14 Uhr ein kleines Familienfest mit Kaffee und Kuchen geplant, bei dem die Besucher auch Kürbisse schnitzen dürfen. Dabei soll es aber nicht bleiben. Später könnten auch Lesungen und Kabarett-Abende im Hof stattfinden, hofft Steffi Kuntzsch. „Für Leute um die 50 gibt es in Riesa fast nichts, das wollen wir ändern.“

Auch was die Zukunft des Vierseithofs angeht, hat Edgar Sauer noch viel vor. Über der Tagespflege ist noch ein Stockwerk frei. „Dort will ich noch sechs seniorengerechte Wohnungen einrichten und vermieten, mit Küche und Nasszelle.“ Die Bewohner könnten dann je nach Bedarf auch die Angebote der Tagespflege mit in Anspruch nehmen. Später sollen noch weitere Wohnungen im Wohngebäude dazukommen. Die Apartments könnten dann für ältere Leute eine Alternative zu den Wohnungen in der Stadt sein. Danach wäre im Grunde noch das gegenüberliegende Gebäude zu sanieren. „Bis Ende 2020 soll alles rundrum schick sein.“ Viel zu tun also für den 60-Jährigen. Gestresst ist er davon nicht – im Gegenteil: „Ich brauch’ das!“