Altenberg. Nebel zog auf, leichte Windböen fegten durch die Sparkassen-Arena im Altenberger Ortsteil Zinnwald. Die äußeren Bedingungen für die jungen Biathleten bei den vor wenigen Tagen dort ausgetragen Eröffnungswettkämpfe des Skiverbands Sachsen waren nicht einfach. Dennoch konnten sich gleich mehrere Talente vom Nachwuchsbundesstützpunkt Altenberg in dem 104 Starter starken Teilnehmerfeld in die Siegerlisten eintragen, darunter auch Biathleten vom SSV Altenberg, der mit der SG Schellerhau einen gemeinsamen Talente-Stützpunkt bildet. Für manch Biathlonhoffnung wie die noch vor Kurzem im Eisschnelllauf aktive Rosa Strobel sprang sogar der erste Sieg überhaupt heraus.

Und schon am Sonnabend geht es dort mit mehreren Nachwuchsrennen beim Sparkassen-Cup weiter. Tags darauf finden die Biathlon-Wettbewerbe der Kinder- und Jugendspiele des hiesigen Kreissportbundes statt. Natürlich werden auch dort wieder junge Sportler des SSV um gute Platzierungen und Titel kämpfen. Die einst erfolgreiche Abteilung erfreut sich nach mehrjähriger Durststrecke immer größerer Beliebtheit und ist mit der Mountainbike-Sparte die mitgliederstärkste des Vereins.
Beim SSV ist man noch immer stolz auf die Tradition. Stolz darauf, dass einst hier, im Hofmannsloch, der moderne Biathlon als selbstständige Sportdisziplin auf deutschem Boden ins Leben gerufen wurde. Biathleten des SSV und des Vorgängervereins Dynamo Zinnwald holten bei Weltmeisterschaften 32 Medaillen und sammelten insgesamt 13 WM-Titel. Unvergesslich dabei der Sieg von Dieter Speer. Er wurde bei der WM 1971 im finnischen Hämeenlinna als erster Deutscher Weltmeister im Biathlon. Obendrein erkämpften sich die Osterzgebirgler neunmal olympisches Edelmetall, darunter dreimal Gold.
Aufwärtstrend sichtbar
Der Verein
Nach der Wende sorgten Katja Beer, Anne Preussler, Peggy Wagenführ, Carsten Pump und Ute Niziak für Furore, schafften es aber nicht bis an die absolute Weltspitze. Als bei Olympiasieger Michael Rösch Erfolge ausblieben, mangelte es beim SSV schon an neuen Toptalenten. Der Spaß und das Interesse am Biathlon ist aber inzwischen – wie bei weiteren Vereinen in der Region – wieder größer. „Das hat sich einmal mehr zuletzt bei den Auftaktwettkämpfen gezeigt“, erklärt Gunther Kaden, der im November beim SSV als Vereinsvorsitzender bestätigt wurde. „Vor allem Michael Rösch zieht eigentlich immer. Er kommt vorbei, ist sehr engagiert hier, in seinem Heimatverein, der Kontakt ging nie verloren.“
Rösch wurde in Altenberg zum Weltklasse-Athleten, bei seinen ersten Olympischen Spielen 2006 in Turin war der mehrfache Junioren-Weltmeister der Jüngste in der siegreichen deutschen Staffel. Nach Olympia-Gold folgten noch drei WM-Bronzemedaillen mit der Staffel.
Der ganz große Wurf blieb aber danach aus. Seine Leistungen stimmten nicht mehr. Das Karriere-Ende wendete der mittlerweile 34-Jährige aber ab und kann sich nach einem Wechsel in die belgische Nationalmannschaft und einer gelungenen Crowdfunding-Geldsammel-Aktion auf die zweite Olympia-Teilnahme freuen – sein Start in Pyeongchang ist gesichert.
Und der SSV wird dort noch mit einem weiteren Ass aus dem Verein vertreten sein, freut sich Kaden. Die 25-jährige SSV-Rennrodlerin Aileen Frisch startet für die Gastgeber. Wie die Sächsin mit südkoreanischem Pass bestätigt, hat sie die Olympia-Qualifikation geschafft. Auch ihrem verletzten Fuß geht es nach dem Sturz beim Weltcup in Altenberg vor sechs Wochen besser. Nun erfüllt sich die ehemalige U 23-Weltmeisterin nach ihrem Rücktritt 2015 und dem Comeback für Südkorea im zweiten Frühling den Olympia-Traum.
Kaden mag es nicht kommentieren, dass die zwei Athleten – anders als etwa bei Diana Sartor, Skeleton-Weltmeisterin von 2004 und zweifache Olympia-Vierte, – erst für andere Nationen starten müssen, um sich das zu ermöglichen. Dessen ungeachtet drückt er Rösch wie Frisch fest die Daumen – und hört sich sehr stolz an. „Vor allem Micha hat sich super entwickelt, wir helfen ihm, wo wir können.“
Das beruhe auf Gegenseitigkeit – und auch Röschs Vater Eberhard sei der SSV zu großem Dank verpflichtet. Der Ex-Biathlet wurde dreimal Weltmeister, gewann bei Olympia 1980 in Lake Placid Silber mit der Staffel und Einzel-Bronze. Später leitete er den Biathlonbundesstützpunkt in Altenberg und betreute dann viele Jahre Sportstätten der Stadt. Der 63-Jährige ist auch jetzt als Rentner engagiert, organisiert und betreut Turniere. „Er hat noch jede Menge Ideen, die er umsetzen will“, sagt Kaden.
Wiederbelebung des Kindersports
Der Verein selbst hat in diesem Jahr ebenfalls einiges geplant. Zum einen sollen viele jüngere Mitglieder, die nach dem Wegfall des Kindersports im vorigen Jahr ausgetreten waren, bestenfalls zurückgeholt werden. Die Betreuerin sei damals ausgefallen. Auch dank des Einsatzes von Vereins-Vize-Präsidentin Sarah Sartor soll die Kindersport-Sparte wiederbelebt werden.
Schon jetzt sind mehr als ein Drittel der rund 230 Mitglieder des SSV Kinder und Jugendliche. Mehrere Pläne sollen umgesetzt werden mit Unterstützung von Tino Weinberg als neuem 2. Vizepräsidenten und Rico Arnold als neuem Jugendleiter. So ist im Mountainbike (MTB) eine neue Radsportfreizeitgruppe geplant, eine Perspektivtruppe soll die weiterhin leistungsorientierte MTB-Gruppe des Vereins ergänzen, der einst mit Matthias Mende einen international erfolgreichen Athleten stellte.
Zudem bietet der SSV Schach an, auch an der Altenberger Grundschule. „Das läuft gut, da ist etwas in Bewegung“, sagt Kaden. „Viele, die Schach spielen, gehen auch zum Biathlon.“ Die Breite der Sportangebote soll der Öffentlichkeit in diesem Jahr besser präsentiert werden. Nachdem der Internetauftritt des Vereins einer Frischekur unterzogen wird, ist auch ein Aktionstag geplant. Vielleicht kann der Klub dann mehr Talente begeistern und an frühere Erfolge anknüpfen. Noch zählt der SSV jedenfalls weiterhin zu den erfolgreichsten Wintersportvereinen der Republik.