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Neues System in der Notaufnahme

Immer mehr Patienten suchen die Notaufnahme des Bautzener und Bischofswerdaer Krankenhauses auf. Um diesen Ansturm zu bewältigen, führt die Klinik ein neues System ein.

Von Marleen Hollenbach
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Stress in der Bautzener Notaufnahme: Krankenschwester Reinhild Kästner bereitet die Geräte vor. Der nächste Patient wartet schon. An den Oberlausitz-Kliniken steigt die Zahl der Menschen, die in der Notaufnahme behandelt werden.
Stress in der Bautzener Notaufnahme: Krankenschwester Reinhild Kästner bereitet die Geräte vor. Der nächste Patient wartet schon. An den Oberlausitz-Kliniken steigt die Zahl der Menschen, die in der Notaufnahme behandelt werden. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen/Bischofswerda. Viel Zeit kann sich Krankenschwester Reinhild Kästner nicht nehmen. Das Wartezimmer der Bautzener Notaufnahme ist voll. Um alle Patienten versorgen zu können, arbeiten Pfleger und Ärzte im Akkord. Ein Blick auf die Statistik zeigt, wie gefragt die Rettungsstellen der Oberlausitz-Kliniken tatsächlich sind. Seit Jahren steigt die Zahl der Patienten.

Die Notaufnahme in Bautzen hat unlängst sogar einen neuen Rekord aufgestellt. Mehr als 17 600 Menschen wurden 2018 dort behandelt. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren waren es noch lediglich 15 900. Keinen Anstieg aber einen kontant hohen Wert meldet das Bischofswerdaer Krankenhaus. In der Notaufnahme dort werden jährlich etwa 4 700 Menschen versorgt.

Eine Anlaufstelle für alle

„Die Bedeutung der Krankenhäuser ist gestiegen“, erklärt Reiner E. Rogowski, Chef der Oberlausitz-Kliniken. Das klingt positiv. Doch es hat auch einen Haken. Den Kliniken fällt es immer schwerer, den Ansturm zu bewältigen. Eng wird es vor allem an den Feiertagen, wenn statt 60 Patienten plötzlich 200 zur Notaufnahme kommen.

Doch es gibt eine Lösung für das Problem. Für Entlastung soll ein neues System sorgen, das sich in anderen Kliniken bereits bewährt hat. Die beiden Notaufnahmen in Bischofswerda und Bautzen bekommen eine sogenannte Bereitschaftspraxis. Niedergelassene Ärzte besetzen diese Praxen Vor allem an den Wochenenden und an Feiertagen, wenn normale Praxen geschlossen sind, kümmern sie sich dort um leichte Fälle. Wie genau das funktioniert, erklärt der Krankenhaus-Chef. Rogowski spricht von einem Tresen, an dem sich alle Patienten melden – egal, ob sie schwerwiegende oder leichtere Beschwerden haben. „Unser Fachpersonal entscheidet dann, wer in die Notfallaufnahme gehört und wer in die Bereitschaftspraxis geschickt werden kann“, erklärt Rogowski.

Für ihn bietet das neue System einen entscheidenden Vorteil: Jene Patienten, die eigentlich keine Notfälle sind, können demnächst schneller rausgefiltert werden. Die Klinik muss diese Menschen nicht wegschicken, sondern kann sie vom Bereitschaftsarzt untersuchen lassen. Währenddessen haben die Ärzte und Pfleger der Notaufnahme Zeit, sich um die echten Notfälle zu kümmern.

Die Rettungsstellen sind darauf eingestellt, schwerkranke Patienten aufzunehmen. Dazu gehören zum Beispiel jene, die einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt erleiden. Aber auch Menschen, die einen Unfall hatten, sich dabei etwas gebrochen haben oder deren Wunden versorgt werden müssen, sind in der Notaufnahme richtig. „Wer aber schon seit vier Wochen über Rückenschmerzen klagt, der ist kein Notfall“, sagt Rogowski. Etwa jeder dritte Patient gehöre eigentlich nicht in die Notaufnahme, schätzt der Klinik-Chef.

Um zu verdeutlichen, wie schwierig die Situation ist, beschreibt Rogowski zwei Extreme. Zunächst spricht er von einer Frau, die die Notaufnahme wieder verlässt, weil sie sieht, dass die Ärzte viel Arbeit haben. Stunden später hat sich ihr Zustand derart verschlechtert, dass sie doch als Notfall eingeliefert werden muss. Dann berichtet er von einem Mann, der sich nur den unbequemen Weg zum Facharzt sparen will und in der Notaufnahme darauf drängt, sofort behandelt zu werden. „Und dann gibt es noch viele Fälle, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegen“, sagt er.

Modell hat sich bewährt

Der Klinik-Chef geht davon aus, dass die Bereitschaftspraxis noch in diesem Jahr an beiden Standorten eingeführt wird. Ein genauer Termin müsse noch mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen abgesprochen werden. Die KV ist bei diesem Projekt im Boot, weil in ihrem Auftrag die niedergelassenen Ärzte ihren Dienst in den Bereitschaftspraxen abhalten.

Die Oberlausitzer-Kliniken sind nicht die ersten, die das System einführen. In mehreren Krankenhäusern in Sachsen gibt es schon Bereitschaftspraxen – darunter in Niesky und Görlitz. Man habe bislang gute Erfahrungen gemacht, erklärt Katharina Bachmann-Bux, Sprecherin der KV und nennt noch einen Vorteil für die Patienten. Sollte sich ein harmloser Befund zu einem ernsthaften entwickeln, könnte der Patient schnell von der Bereitschaftspraxis zur Notaufnahme wechseln.

Ein ähnliches Modell gibt es auch im Bautzener Krankenhaus schon. In der Notfallpraxis für Kinder arbeiten Mitarbeiter der Klinik und niedergelassene Kinderärzte schon seit Jahren Hand in Hand.