Neustadt: "Das Verhältnis zwischen Verwaltung und Stadtrat war noch nie so schlecht"
In Neustadt trifft sich der neue Stadtrat am 21. August zu seiner konstituierenden Sitzung. Im ehemaligen Gremium kriselte es zunehmend. Die Stimmung war schlecht. Matthias Mews (CDU) sitzt seit 1994 im Stadtparlament, ist damit der dienstälteste Stadtrat und seit 25 Jahren auch zweiter stellvertretender Bürgermeister. Sächsische.de hat mit ihm darüber gesprochen, was sich aus seiner Sicht in dem neuen Gremium ändern müsste.
Herr Mews, sie hören es sicherlich nicht gern, aber Sie sind mit ihren 57 Jahren dann tatsächlich dienstälteste Stadtrat in Neustadt. Was heißt das für Sie?
Jetzt sprechen Sie aber ein Thema an. Dienstältester Stadtrat ist für mich kein Privileg. Ich fühle mich deutlich jünger im Kopf. Nach vorn schauen, Gas geben, Zielorientierung, Nachhaltigkeit, betriebswirtschaftliches Denken wird unter Beachtung sozialer Komponenten immer wichtiger. Verhältnismäßigkeiten und Sinnhaftigkeit einschätzen zu können und so weiter sollten keine Fremdwörter sein. Auch frische Ideen und neue Perspektiven sind kein Status allein von jüngeren erstmaligen Kandidaten, von denen es leider, was mich schon etwas gewundert hat, keiner in den Stadtrat geschafft hat. Da gehört schon etwas mehr dazu. Eine gesunde Mischung von jüngeren und erfahreneren Stadträten und Stadträtinnen im Miteinander, gern auch fraktionsübergreifend, weil wir dieses Amt einzig und allein im Sinne unserer Stadt und unserer Bürger ausführen dürfen, ist der richtige Weg.
Schon seit Längerem kriselt es offensichtlich im Stadtrat selbst, aber auch im Verhältnis zwischen Stadtrat und Bürgermeister. Was muss sich ändern?
Die Sacharbeit muss ganz oben stehen, dennoch darf und muss ordentlich diskutiert und auch gestritten werden. Geäußerte Kritik hat nichts mit einem persönlichen Angriff zu tun. Persönliche Befindlichkeiten und Vorurteile haben im Stadtrat nichts zu suchen, auch wenn zu bestimmten Punkten unterschiedliche Meinungen existieren. Des Weiteren muss deutlich mehr Transparenz in das höchste Entscheidungsgremium Stadtrat. Auch wenn es gleich wieder einen Aufschrei gibt, muss ich leider feststellen, dass das Verhältnis zwischen Verwaltung und Stadtrat noch nie so schlecht war, wie in den knapp letzten beiden Legislaturperioden. Das Bindeglied zwischen Verwaltung und Stadtrat existiert nicht mehr. Wenn sich etwas im nächsten Stadtrat positiv ändern soll, müssen Führung, Visionen, Motivation, Ideen, Vertrauen, Kompetenz wieder gelebte Leitbilder für die Stadträte und Stadträtinnen sein.
In der letzten Ratssitzung des alten Gremiums hat die Fraktion NfN genau das angesprochen und dem Bürgermeister vorgeworfen, dass er gegen die Gemeindeordnung verstoße, in dem er nicht ausreichend informiere. Welche Konsequenzen müssten aus ihrer Sicht nun folgen?
Die Frage mit den Konsequenzen sollte eher an die betreffende Person gerichtet werden, denn es geht nicht allein um eine nicht ausreichende Information. Ich wünsche mir hier grundsätzlich Einsicht vom Bürgermeister, gerade auch deshalb, weil es auch seine liebgewonnene Heimatstadt Neustadt in Sachsen ist. Es ist nur ein Thema, was nun mal im öffentlichen Teil angesprochen wurde. Es sind einige, vor allem langjährige Stadträte und Stadträtinnen, die schon ein oder zwei andere Bürgermeister erlebt und in den letzten Jahren den amtierenden Bürgermeister im nicht öffentlichen Teil von Stadtratssitzungen deutlich und klar kritisiert haben. Weil wir in dieser Stadt aktuell bei dieser Art von Führung oder eher keiner Führung, Tun und Handeln keine positive Entwicklung sehen. Das Problem ist, wenn man nicht Schach spielt, sondern nur "Mühle" kann.
Das Gespräch führte Anja Weber.