Baudenwirtin geht in Rente

Im Juli werden es 20 Jahre, dass sie die Wirtin vom Monumentberg ist: Helga Perschmann. Das freut sie einerseits, andererseits ist es für sie auch traurig, dass sie nur noch bis Jahresende den "Lausitzblick" führt. Helga Perschmann ist jetzt 67 Jahre alt, und obwohl sie sich um einige Jahre jünger fühlt, wird sie in Rente gehen.
In der Gastronomie ist die rüstige und nicht auf den Mund gefallene Frau seit der Wende tätig. In der Gemeinde Hohendubrau ist sie seitdem bekannt. Angefangen hat es 1991 mit der "Raststätte Perschmann" in Dauban. Dazu kam Helga Perschmann, die zu der Zeit in Weißwasser wohnte, eher zufällig: "Wer auf die Autobahn wollte, musste damals bis nach Bautzen fahren. So auch wir. Unterwegs wollten wir noch Getränke für die Fahrt kaufen, aber es gab keine, weil es entlang der Straße an Läden fehlte, besonders in der heutigen Gemeinde Hohendubrau", erinnert sich die Gastwirtin.
Raststätte in Dauban eröffnet
Also kam ihr die Geschäftsidee, einen Imbiss an einer der Zufahrtsstraßen zur Autobahn zu eröffnen - und das war in Dauban. Gesagt, getan. Zehn Jahre empfing die Raststätte Perchmann Durchreisende und Einheimische. Sie bot zudem einen Getränkemarkt und kleine Dinge für den Alltag. Doch mit der Fertigstellung der Autobahn bis an die Neiße hielten immer weniger Kraftfahrer bei Perschmanns an. Nur von den Einheimischen leben, das rentierte sich irgendwann nicht mehr. Die Gastronomin schaute sich nach einem anderen Objekt um.
Während Helga Perschmann in Dauban noch Bratwürste wendete und Pommes erhitzte, herrschte auf dem Monumentberg bereits eine rege Bautätigkeit. Mit Fördergeldern baute die Gemeinde einen Aussichtsturm und eine Ausflugsgaststätte auf den Berg. Im Mai 2001 wurde beides eröffnet. Was noch fehlte, war ein Pächter für die Gaststätte, die fortan "Lausitzblick" hieß. Frau Perschmann hörte davon und bewarb sich. Bekommen hat das Wirtshaus zunächst ein anderer Bieter. Als dieser zurückzog, war auf einmal Helga Perschmann gefragt. "Und ehe ich mich versah, war ich die neue Baudenwirtin."
Berühmter Schrankenkrieg
Dass sie ein Gasthaus gemietet hat, das sehr von den Launen der Natur abhängig ist, wurde Helga Perschmann erst im Laufe der Zeit bewusst: "Bei Kälte und Regen verirrt sich kaum jemand auf den Berg. Bei Hitze ebenso. Ich denke da vor allem an die letzten Sommer mit 30 Grad Celsius. Da gehen die Leute lieber ins Schwimmbad oder in den Garten als auf einen Berg."
Dazu kam noch eine Festlegung der Gemeinde, nach der keine Fahrzeuge auf dem Monumentberg parken durften. Der "Schrankenkrieg" zwischen Wirtin und Gemeindeverwaltung war entflammt. Die Gemeinde hatte die Zufahrt mit einer Schranke versperrt. Um es ihren Gästen einfacher zu machen, betätigte sich Frau Perschmann oft als Schrankenwärterin und ermöglichte das Hochfahren und auch das Parken ihrer Gäste auf dem Berg. "Dabei wurde ich oft angezählt. Aber ich empfinde es auch heute noch als sehr unfreundlich, wenn die Leute ihre älteren Herrschaften oben ausgeladen haben, den Berg wieder herunterfahren müssen, um anschließend zu Fuß wieder zur Baude zu kommen", sagt die Wirtin kopfschüttelnd. Mit der Wahl des neuen Bürgermeisters für Hohendubrau hatte sich diese Hürde erledigt, er ließ die Schranke abbauen.
Weniger Feriengäste vom Stausee

In der Folgezeit sah sich Helga Perschmann mit einem neuen Problem konfrontiert: Die Feriengäste vom Stausee bleiben aus. "Vor allem in den Sommermonaten kamen viele Gäste vom Stausee zu mir hoch. Aber mit der Algenplage und dem wenigen Wasser in der Talsperre wurden es von Jahr zu Jahr weniger", erzählt die Gastronomin. Über die Runden rettet sie sich mit Familienfeiern und Buffets außer Haus. 50 Menschen haben in der Gaststätte Platz, ausreichend für Hochzeitsfeiern, Familiengeburtstage, Jugendweihen oder Konfirmationen.
Den Berg mit seinem Turm für Familien attraktiver machen, diese Idee wurde bereits 2007 öffentlich in Groß Radisch diskutiert. Es sollte ein Erlebnisspielplatz mit Verbindung zum Kirschendorf Groß Radisch auf dem Berg gebaut werden. Ein Nieskyer Holzgestalter baute das Areal 2010. Seitdem sind öfters Familien auf dem Berg zu sehen, aber weniger in Frau Perschmanns Gaststätte. "Die Eltern haben ja alles im Rucksack. Da ist es schon viel, wenn sie wenigstens Eis für ihre Kinder bei mir kaufen", sagt die Wirtin.
Spielplatz für junge Familien
In ihrer Baude steht die Wirtin meist allein. Es sei denn, es ist Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten oder Weihnachten und Jahreswechsel. Da helfen ihr ihre beiden Jungs und deren Familien mit. "Wenn die Bude voll ist, kann man nicht zugleich kochen, servieren und kassieren." Wobei zu solchen Zeiten Frau Perschmann lieber in der Küche steht. Das hat einen Grund: "An meine Kochtöpfe lasse ich niemanden", sagt die resolute Frau. Braten und Kochen, das ist ihre Welt, obwohl sie eigentlich Bäcker und Konditor gelernt hat. Gearbeitet hat sie in diesem Beruf nie. Zu DDR-Zeiten arbeitete sie in einem Glaswerk in Weißwasser. Verzierte dort Biergläser mit Goldrand - für den Westexport. Bis der Betrieb und seine Belegschaft abgewickelt wurden.
Über das vergangene Jahr spricht Helga Perschmann nicht so gern, geschäftlich ist es ein Reinfall gewesen: Bis Mitte Mai wegen Corona geschlossen. Dann kam der heiße Sommer, wo die Gäste ausblieben, und ab November musste sie wieder schließen. Und das hält bis zur Gegenwart an. Zu Weihnachten und Ostern bot die Wirtin Essen außer Haus an - unterm Strich 20 Portionen und nicht vergleichbar mit dem, wenn die Gaststätte offen ist. Für 2020 hat Helga Perschmann Überbrückungsgeld beantragt. "Das hat auch wunderbar geklappt."
Gemeinde schreibt Gaststätte aus
Jetzt hofft die Gastronomin, dass sie wenigstens in ihrem Jubiläumsjahr wieder Gäste begrüßen darf. "Die Baude ist mein Leben", sagt sie rückblickend. Es ist ihr anzumerken, dass ihr der Abschied nicht leicht fällt. Aber ab Februar 2022 soll es einen neuen Baudenwirt oder -wirtin geben. Die Gemeinde Hohendubrau hat dazu eine Ausschreibung auf den Weg gebracht. Bis zum 31. Juli können sich Interessenten als Pächter für den "Lausitzblick" bewerben.
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