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Atommüll-Endlager: Ende März sieht Oberlausitz klarer

Dann werden die Methoden vorgestellt, mit denen das Granitgestein näher untersucht werden soll. Gebohrt wird erst in einigen Jahren - wenn das Gebiet um Löbau dann noch dazugehört.

Von Frank-Uwe Michel
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Ob die Oberlausitz zum Standort des deutschen Atommüll-Endlagers wird, muss sich erst noch herausstellen. In Kürze werden die nächsten Schritte vorgestellt.
Ob die Oberlausitz zum Standort des deutschen Atommüll-Endlagers wird, muss sich erst noch herausstellen. In Kürze werden die nächsten Schritte vorgestellt. © SZ-Archiv

Der Donnerstag nächster Woche könnte für die Oberlausitz zwar nicht der entscheidende Tag auf dem Weg zum eventuellen Atommüll-Endlager sein. Interessant dürfte er aber allemal werden. Denn dann stellt die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) die Methoden vor, mit denen das kristalline Wirtsgestein untersucht werden soll. Zu dem gehört nämlich auch der Lausitzer Granit rund um Löbau, bis in den Landkreis Bautzen hinein. Ab 18 Uhr gibt es eine Videokonferenz, zu der sich jeder Interessierte zuschalten kann.

Doch was ist bei diesem Format zu erwarten? Gibt es Unterschiede zu den Untersuchungsmethoden beim Steinsalz oder im Ton, die allesamt zu jenen geologischen Formationen gehören, in denen das Endlager für hoch radioaktive Abfälle errichtet werden kann? 27.000 Kubikmeter davon gibt es in Deutschland momentan. Verteilt sind sie auf 1.900 Castorbehälter, die in 16 verschiedenen Zwischenlagern stehen, deren Genehmigungen überwiegend um das Jahr 2045 auslaufen. Mit jedem Tag, an dem Atomkraftwerke laufen, nehmen die strahlenden Reste weiter zu.

Bohrtrupps könnten in zwei bis vier Jahren kommen

Deshalb ist bei der Endlagersuche durchaus Eile geboten - egal, ob es nun in der Oberlausitz oder irgendwo anders entsteht. Erst einmal wird weiter nach Datenlage untersucht. Das heißt: Man nutzt Erkenntnisse, die schon vorhanden sind. "Dabei geht es in erster Linie um Beschaffenheit und Dichtheit des Materials", erklärt BGE-Sprecherin Dagmar Dehmer. Denn: Ziel sei es, jenen Bereich in der ausgewählten Gesteinsstruktur zu finden, "der die Abfälle vollständig umschließen kann."

Ob das der Granit nördlich von Löbau sein wird, steht weiter in den Sternen. Fest steht nur, dass sich die Zahl der möglichen Gebiete im Laufe der Untersuchungen auf idealerweise zehn reduzieren soll. "Es können aber auch fünf oder 15 sein, die dann für die übertägige Erforschung übrig bleiben", erklärt Dehmer weiter. Bei "übertägig" rücken dann auch Bohrtrupps an. Die Sprecherin rechnet mit zwei bis vier Jahren, ehe das der Fall sein wird.

Vielleicht hat sich das Thema für die Oberlausitz dann aber schon erledigt. Denn jedes Gestein, aus dem Radionuklide entweichen können, wird sukzessive aussortiert. Die Fachfrau von der BGE macht dazu ein Beispiel auf: Sollten sich Castoren mit ihrem gefährlichen Inhalt nach vielleicht 1.000 Jahren anfangen aufzulösen, "dann müssen wir sicher sein, dass die Strahlung in dieser Gesteinsformation verbleibt." Immerhin soll das Endlager für eine Million Jahre Sicherheit bieten.

© SZ Grafik

Experten bezweifeln, dass der Granit in der Lausitz für ein atomares Endlager geeignet ist. Bernd Delakowitz, der früher Umweltrecht an der Hochschule Zittau/Görlitz lehrte, hatte schon kurz nach der Veröffentlichung des ersten Zwischenberichts der BGE im Oktober 2020 Steinsalz als geeignetstes Medium herausgestellt, gefolgt von Ton und kristallinem Gestein - wie Granit. Dieser sei strukturell meist recht zerklüftet und besitze eine gewisse Bergfeuchte. Wasser sei jedoch der größte Feind für eine dauerhafte Endlagerung. In der Stellungnahme der Landkreise Görlitz und Bautzen im Juli 2021 führte der Fachmann zudem aus, dass der sogenannte "Lausitzer Block" kein geschlossener und kompakter Komplex, sondern in unterschiedlichen geologischen Zeitaltern entstanden und damit nicht homogen gewachsen sei.

Ähnlich sah es Wolfram Kudla von der Bergakademie Freiberg. Auch er gab schon zu Beginn der Endlagersuche an, Steinsalz sei die beste Wahl und kristallines Gestein nur bedingt für hoch radioaktive Abfälle geeignet. Nämlich nur dann, wenn ein mehrere 100.000 Jahre dicht haltender Behälter verwendet werde. Der aber sei in Deutschland bisher nicht entwickelt worden.

Modellregionen werden demnächst untersucht

Soweit herauslehnen will sich die mit der Endlagersuche beauftragte Bundesgesellschaft für Endlagerung verständlicherweise nicht. Sie hat zu jeder der drei infrage kommenden Gesteinsarten eine Modellregion ausgewählt, um Untersuchungsmethoden zu entwickeln. Beim Salz sind es sogar zwei - der Salzstock Bahlburg im Landkreis Harburg und das Thüringer Becken, das Gebiete in Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umfasst. Beim Ton geht es um den sogenannten Opalinuston in Baden-Württemberg und Bayern. Und beim kristallinen Gestein wird das "Saxothuringikum" näher unter die Lupe genommen. Es erstreckt sich über Teile von Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen. Auch der Lausitzer Granit ist mit dabei. Die gewonnenen Erkenntnisse werden dann in allen Gebieten angewendet.

Für die Videokonferenz zur "Methodenentwicklung Kristallines Wirtsgestein" am 31. März, ab 18 Uhr, kann man sich im Internet auf www.bge.de anmelden.