Bootstourismus auf der Neiße bald mit neuem Angebot

Seit Wochen kein ergiebiger Regen. Die Wolken, die es tatsächlich in die Oberlausitz schaffen, lassen nur vereinzelte Tropfen durch. In der Neiße wächst Grün, wo sonst Wasser fließt. Schlechte Zeiten für den Bootstourismus könnte man meinen. Doch die drei Anbieter in Görlitz, Rothenburg und Hirschfelde sind ganz unterschiedlich davon betroffen.
Bei Boats & Friends in Görlitz hat die Saison erst im Juni begonnen. Seitdem ist laut Geschäftsführer Stefan Menzel aber Sparflamme angesagt. "Im ersten Halbjahr mussten wir andere Prioritäten setzen." Zwei weitere Geschäftsfelder hatten Vorrang. Die Stadtrundfahrten durch Görlitz in Gang zu halten, sei wichtiger gewesen, sagt er. Außerdem habe er im April in der Theaterpassage ein neues Café zum Laufen gebracht. "Da hatten wir für die Bootstouren erst einmal keine Zeit."
Die ist auch jetzt knapp. Aber Menzel hat seine Prioritäten inzwischen neu verschoben. Abgearbeitet würden aktuell all jene Bootstouren, die im Vorfeld gebucht wurden, erklärt er. Mit Einschränkungen durch Niedrigwasser habe das aber nichts zu tun. Um mit den Schlauchbooten durch die Gegend zu schippern, reiche es noch. Das Augenmerk des umtriebigen Tourismusunternehmers liegt derzeit hauptsächlich auf einem anderen Projekt. Menzel will schon bald Touren mit einem Fahrgastboot anbieten. Kapazität: maximal 31 Gäste sowie je zwei Bootsführer und Besatzungsmitglieder.
31 Fahrgäste sollen auf der Neiße schippern
Rund ein Jahr dauert der Genehmigungsprozess inzwischen schon. Umfangreiche Auflagen mussten abgearbeitet werden. Alle notwendigen Papiere sind jetzt da, mit der Zulassung der Landesdirektion rechnet der Görlitzer im September, spätestens im Oktober. Danach soll es auch gleich losgehen auf der Neiße. Dass es dafür zu wenig Wasser geben könnte, befürchtet er nicht. "Wir sind künftig zwischen den Wehren an Obermühle und Altstadtbrücke unterwegs. Da schwankt die Wassertiefe zwischen 50 und 70 Zentimetern." Das ergebe ausreichend Puffer. Denn das voll beladene Boot liege nur bei einem Tiefgang von 20 bis maximal 30 Zentimeter.
Dabei profitiert Stefan Menzel von einer neuen gesetzlichen Regelung, die zwischen Sportboote mit maximal 12 Personen und Fahrgastschiffen ab 36 Personen die Kategorie Fahrgastboot geschoben hat. In diesen Gefährten dürfen mehr als 12 und weniger als 36 Personen befördert werden. "Das Modell, das wir zum Einsatz bringen, ist wahrscheinlich das erste offiziell genehmigte seiner Art."
In seiner Bauweise ist das Boot angelehnt an die Spreewaldkähne: Lang, schmal und mit minimalem Tiefgang. Elf Meter Länge, mit Überdachung und aus Alu - das sind die wichtigsten Parameter. Angetrieben wird es von einem Elektromotor, der für die Rundfahrt auf dem tiefen Teil der Neiße zwischen den beiden Wehren etwa eine Stunde braucht. "Das haben wir alles schon ausprobiert", sagt Menzel voller Zuversicht. Mit dem neuen Angebot will er sowohl Touristen als auch Einheimische erreichen, die ihre Heimat auf völlig neue Weise entdecken wollen.
In den nächsten Monaten wird auch die Anlegestelle auf polnischer Seite umgebaut. Die erforderlichen Genehmigungen sind jetzt da. Ein größerer Bootsanleger, mehr Platz für Schlauchboote und das Fahrgastboot, dazu ein Biergarten mit weiteren touristischen Angeboten sollen entstehen.

Tino Kittner hat mit seinen Schlauchbooten bei Neiße Tours in Rothenburg auch ohne derartige Neuerungen gut zu tun. "Wir sind froh, dass das Profil der Neiße in unserem Abschnitt für genügend Wassertiefe sorgt. Wegen der Trockenheit aussetzen mussten wir noch nicht." Im Gegenteil: Nach 2021, dem "bisher besten Jahr", bahnt sich ein neues Spitzenjahr an. "Die Nachfrage ist groß", sagt Kittner und hofft auf viele Gäste auch für den Rest der Saison.
Natürlich lässt er angesichts des ausbleibenden Regens Vorsicht walten. "Normalerweise werden unsere Boote mit sechs Personen besetzt. Wir lassen jetzt maximal vier rein", erklärt er. Dadurch - und wegen der geringeren Strömung - sind die Boote etwas langsamer auf dem Fluss unterwegs. Auf Steinen aufsitzen kommt trotz aller Vorsicht und umsichtigen Lenkens ab und zu mal vor. Gefahr, dass dadurch Löcher aufreißen, besteht aber nicht. "Es gibt einen Unterfahrschutz. Das heißt: Der Gummi in den Booten wurde extra verstärkt."
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Das ist auch bei den Engemanns im Hirschfelder Ortsteil Rosenthal nötig. Wenn ihre Boote denn im Wasser sind. Sie sind jene unter den drei Anbietern, die das schwierigste Stück Neiße befahren, auf dem wegen zu geringer Tiefe immer wieder Pausen eingelegt werden müssen. "Der Pegel muss bei 1,35 Meter stehen", sagt Rosemarie Engemann. Im Moment sei er aber weit darunter. 1,24 Meter - was sich jedoch schnell ändern könne. Schon seit 16. Juli hat hier kein Boot mehr die Ausleihstation verlassen. Und auch zuvor gab es tageweise Aussetzer. Auf der Internetseite heißt es deshalb: Bitte informieren Sie sich vor Ihrer Anreise über die aktuelle Situation. "Es müsste mal eine Woche durchweg regnen", hofft die Firmenchefin. "Ein kurzer Guss, wie wir ihn ab und zu mal hatten, verbessert unsere Lage nicht."

Rosemarie Engemann sieht zwei Gründe, warum die Situation in der Neiße in Hirschfelde, Görlitz und Rothenburg so unterschiedlich ist. "Wir haben hier viele flache und steinige Passagen. Der Fluss ist breit und liegt ruhig in seinem Bett." Stromabwärts gebe es Wehre und damit auch Staustufen. Dadurch nehme die Tiefe des Gewässers zu. Schließlich verstärke sich die Neiße auch mit einigen Zuflüssen. So kommt zum Beispiel aus Pließnitz und Witka - wenn auch aktuell sehr spärlich - noch zusätzliches Wasser hinzu.