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Nieskys früherer Waggonbau-Gärtner tritt kürzer

Roland Tschauder gründete einst eines der ersten Unternehmen nach der Wende. Jetzt führt ein Hallenser den Nieskyer Betrieb weiter. Doch ganz kann Roland Tschauder noch nicht loslassen.

Von Steffen Gerhardt
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Roland Tschauder (rechts) hat nach 31 Jahren seine Firma Landschaftsbau Tschauder an Gerald Krämer (links) übergeben.
Roland Tschauder (rechts) hat nach 31 Jahren seine Firma Landschaftsbau Tschauder an Gerald Krämer (links) übergeben. © André Schulze

Roland Tschauder ist nicht mehr sein eigener Chef und der über ein knappes Dutzend Mitarbeiter. Mit dem Jahreswechsel ging der Inhaber von Landschaftsbau Tschauder in den Ruhestand und übergab seinen 31 Jahre lang geführten Betrieb an einen Nachfolger.

Der heute 66-Jährige zählt sich zu den Pionieren der Nieskyer Unternehmerschaft nach der Wende. "Ich bin der erste Waggonbauer gewesen, der ein Gewerbe anmeldete und sich selbstständig machte", erzählt Tschauder. Auch wenn ihm der eine oder andere Kollege den Vogel zeigte, Tschauder traf eine gute und weitsichtige Entscheidung. Zwar konnte Tschauder seinem Beruf treu bleiben, aber nicht mehr seinem Arbeitgeber. "Ich war als Betriebsgärtner angestellt. Zu fünft kümmerten wir uns um das Waggonbaugelände, von der Pflanzung bis zum Laub harken, und im Winter um die Schneeberäumung", berichtet er.

Im Alleingang in die Selbstständigkeit

Doch mit der Wende wurde ihm schnell klar, dass der Waggonbau sich solch eine Abteilung nicht mehr lange leisten konnte. Sein Posten gehörte nicht mit zur Produktion von Güterwaggons. Und so kam es auch. Der Waggonbau gliederte aus, auch seine Gärtner. Aber da hatte Tschauder bereits seinen Gewerbeschein in der Schublade. Im Alleingang legte er 1990 los, seinen ersten Mitarbeiter stellte er zwei Jahre später ein. 1997 zählte seine Firma schon 20 Angestellte.

Roland Tschauders Steckenpferd ist der Teichbau einschließlich Begrünung. Aber auch in der Gewässerpflege ist das Unternehmen aktiv.
Roland Tschauders Steckenpferd ist der Teichbau einschließlich Begrünung. Aber auch in der Gewässerpflege ist das Unternehmen aktiv. © Landschaftsbau Tschauder

So ein schnelles Wachstum boten die Nachwendejahre, aber das hatte auch seinen Preis für den Jungunternehmer, der mit 35 Jahren Firmenchef wurde. Die Berater meinten es nicht immer gut mit ihm und seinem Unternehmen. Ein Betriebssitz musste eingerichtet und Technik angeschafft werden. Auf dem Waggonbaugelände wollte Tschauder bleiben und erwarb von der Treuhandanstalt ein Gebäude, das bisher als Werkstatt und Garage genutzt wurde. Für eine symbolische Westmark konnte er wie andere das Objekt nicht kaufen. "Eine viertel Million D-Mark investierte ich in den Betriebssitz, der mein Eigentum ist." Das soll auch so bleiben, deshalb hat sich der neue Firmeninhaber eingemietet.

Zum Studium nach Halle

Gerald Krämer ist der neue Chef von Landschaftsbau Tschauder. Den Firmennamen führt er weiter, schließlich ist dieser zu einem Markenzeichen über die Region hinaus geworden. Gerald Krämer ist gebürtiger Niedersachse und kam zum Landwirtschaftsstudium nach Halle an der Saale. Dort ist der 48-Jährige hängengeblieben, hat geheiratet und vier Kinder großgezogen. 2003 gründete er sein eigenes Unternehmen, das er parallel weiterführt. "Als Krämer Agrar Consulting sind wir Partner für Investments und unternehmerische Beratung in der Landwirtschaft", beschreibt er seine Beratungsfirma in der seine Frau als Betriebswirtin mitarbeitet.

Wie kommt nun ein Hallenser Landwirtschaftsberater zu einem Nieskyer Landschaftsbaubetrieb? "Durch meine Ausschreibung", sagt Roland Tschauder. Über die Industrie- und Handelskammer schrieb er die Betriebsführung zum 1. Januar dieses Jahres aus - 31 Bewerbungen landeten auf seinem Schreibtisch. Gerald Krämer kam in die engere Auswahl und erhielt den Zuschlag.

"Wir haben viel Gemeinsames", sagt Krämer über die beiden Unternehmen. So gehören forstwirtschaftliche Dienstleistungen ebenso zu seinem Repertoire wie der Waldumbau und das Bewirtschaften von Agrarböden. Seine Auftraggeber sind vorrangig Agrarbetriebe. Bei Roland Tschauder setzen sich die Kunden aus Privatleuten, Firmen und Einrichtungen, Kommunen und der Deutschen Bahn zusammen. Wobei durchschnittlich 70 Prozent aller Aufträge von der Bahn kommen.

Mit eigener Technik ist der Landschaftsbau Tschauder auf den Bahngleisen unterwegs, um die Böschungen von Bewuchs freizumachen.
Mit eigener Technik ist der Landschaftsbau Tschauder auf den Bahngleisen unterwegs, um die Böschungen von Bewuchs freizumachen. © Landschaftsbau Tschauder

Fester Posten ist die Deutsche Bahn

Das Geschäft mit der Bahn kam bereits 1992 zustande, als sich Roland Tschauder um die Pflegearbeiten entlang der Bahnstrecken bewarb. Seitdem ist er ein fester Geschäftspartner der Deutschen Bahn und sein Nachfolger wird das fortsetzen. Tschauder führt damit nicht nur einen Landschaftsbau, sondern ist mit ihm ein Eisenbahnverkehrsunternehmen. "Ich habe den Lokführerschein in der Tasche", sagt er nicht ohne Stolz. Denn die Arbeiten an deutschen Bahnstrecken sind mit Schulungen und Qualifizierungen verbunden. Zudem muss Tschauder als Subunternehmer die entsprechende Technik bieten können, um arbeiten zu dürfen. 1992 kaufte er seinen ersten Unimog für 670.000 D-Mark. Das ideale Arbeitstier, wie er sagt. Heute sitzt er in seinem fünften Unimog, der sich auch auf Bahnschienen bewegen lässt.

Vom Fleischer zum Gärtner

Roland Tschauder ist gelernter Fleischer, qualifizierte sich zum Baumaschinisten und begann 1981 seine Tätigkeit im Landschaftsbau. Als junger Absolvent wurde der Nieskyer Waggonbau zu seiner Arbeitsstelle als Betriebsgärtner. Der in Klingewalde aufgewachsene Firmenchef kann sich noch gut an den ersten Neujahrsempfang beim damals ebenfalls neuen Oberbürgermeister Wolfgang Rückert erinnern: "Wir waren nur wenige Unternehmer der Stadt Niesky. Seitdem hat sich viel getan in der Stadt."

Dazu hat Roland Tschauder mit beigetragen, auch wenn er mit Aufträgen aus dem Rathaus drei Jahrzehnte lang nicht überschüttet wurde. Aber der "Park der Generationen" geht mit auf seine Initiative und bis heute andauernde Unterstützung zurück. Dort pflanzt jeder Nieskyer Abiturjahrgang einen Baum und legt einen Stein mit seiner Jahreszahl nieder.

Hinzu kommt sein größtes Steckenpferd - der Teichbau. Ganz gleich, ob es der Gartenteich für die Goldfische ist, oder alte Teichanlagen, die zu funktionierenden Wasserflächen neu aufgebaut werden. Die ökologische Gewässerpflege ist sein Ding. Nicht nur in der Bauausführung, auch in der Beratung. Und da Roland Tschauder als Ruheständler noch keine Ruhe sucht, wird der Fachmann sicherlich noch so manchen Teich in die Landschaft oder in die Gärten zaubern wollen.