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Rothenburg wird Hochburg der Geocacher

Ein Berliner organisiert diese modernen Schnitzeljagden mit 1.000 Teilnehmern in der Oberlausitz. Er hat noch viele Ideen.

Von Frank-Uwe Michel
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Tino Kittner ist froh, dass die Geocaching-Szene Rothenburg für sich entdeckt hat. Auch an seiner Pension Cubana ist eine Box angebracht.
Tino Kittner ist froh, dass die Geocaching-Szene Rothenburg für sich entdeckt hat. Auch an seiner Pension Cubana ist eine Box angebracht. © André Schulze

Der Tourismus in Rothenburg bekommt Unterstützung. Und zwar völlig unverhofft. Denn: Die Neißestadt entwickelt sich immer mehr zu einer Hochburg der deutschen Geocaching-Szene. Mit Auswirkungen auch auf die Nachbarländer. Dabei profitiert Rothenburg mehr oder weniger von einem Zufall.

"Tino Kittner und ich haben uns vor etwa einem Jahr kennengelernt", erinnert sich Andreas David. Der 22-jährige Berliner, seit Kindesbeinen ein begeisterter Geocacher, ist ständig auf der Suche nach neuen Attraktionen und kam so auch an die Neiße. Die Verbindung hatte ein Team aus Leipzig hergestellt. Bisher am Grenzfluss angebrachte Caches litten unter dem oft schwankenden Wasserstand, die Betreuung der Boxen war deshalb sehr aufwendig. Der junge Mann aus der Bundeshauptstadt wollte das so nicht stehen lassen.

Geocaching ist eine moderne Schnitzeljagd. Eine Art Schatzsuche, bei der die Verstecke der sogenannten Caches - wasserdichter Behälter mit einem Logbuch und kleinen Geschenken - anhand geografischer Koordinaten im Internet veröffentlicht und dann mithilfe eines GPS-Empfängers gesucht werden.

Geocaching-Szene nimmt von Jahr zu Jahr zu

David, im Hauptberuf Gärtner und beim Berliner Grünflächenamt angestellt, kümmert sich in jeder freien Minute um seine Outdoor-Leidenschaft. "Das mache ich inzwischen so intensiv und professionell, dass es für mich fast ein Nebenjob geworden ist." Seit 2010 hat er geschätzte 20.000 Caches gesucht und gefunden. "Im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, was mit dem Hobby alles möglich ist." Zumal die Szene von Jahr zu Jahr mehr Zulauf bekommt. "Irgendwann habe ich begonnen, Strecken auszusuchen, eigene Geschichten umzusetzen und die kleinen Kästchen selbst herzustellen. Wenn man Partner findet, die mitziehen wollen, baut sich das von Jahr zu Jahr auf."

Einer dieser Partner ist jetzt Tino Kittner, der den Kontakt mit dem Berliner Geocacher nicht mehr missen möchte. "Früher habe ich das Laufen und Suchen in der Landschaft aus Spaß selbst mal gemacht. Jetzt bringt es uns ungeahnte Aufmerksamkeit", erklärt der Chef vom Bootsvermieter NeißeTours.

Wie groß die ist, hat der Tourismus-Unternehmer vor ein paar Wochen festgestellt. Mitte Juni trafen sich rund 1.800 Geocacher aus ganz Deutschland, Polen, Tschechien, England und den Niederlanden unter dem Motto "Verrückte Geo-Lausitz" in Weißwasser. Die Abschlussveranstaltung fand am Neißehafen auf Tino Kittners Bootsgelände statt.

Erstmals konnten sich die Teilnehmer mit einem Thema rund um das nicht mehr existente Tormersdorf befassen, das einst am anderen Neißeufer lag. "Wir haben sechs physische und fünf virtuelle Caches entwickelt", erzählt Andreas David. Rund ein halbes Jahr brauchten er und seine Freundin zu Recherchen im Internet, um alte Aufzeichnungen durchzusehen, sich mit Rothenburgern zu unterhalten. Schließlich ließen sie ihrer Fantasie freien Lauf. "Wir wollten das geschichtlich aufarbeiten, damit die Leute, die sich hier auf die Strecke begeben, einen Mehrwert bekommen."

So ist ein Flyer über das frühere Nachbardorf von Rothenburg entstanden, der im Laufe des etwa zweieinhalbstündigen Geocaches eine wichtige Rolle spielt. Denn manche Informationen werden gebraucht, damit die Aufgaben an den einzelnen Stationen gelöst werden können. "Die Leute sind froh, wenn sie nicht nur die Box gefunden haben, sondern auch etwas leisten müssen und obendrauf noch Wissenswertes erfahren."

Bald entstehen neue Touren in Rothenburg

Ans polnische Ufer übergesetzt werden die Teilnehmer mit Tino Kittners Booten. Viele bleiben ein paar Tage, mieten sich in die Pension oder auf dem Zeltplatz ein. Manche wollen zusätzlich noch die Umgebung entdecken. "Es ist die gesamte Region, die davon profitiert", ist er überzeugt. Und das Interesse könnte noch weiter wachsen. Andreas David hat die Erfahrung gemacht, dass es etwa ein Jahr dauert, bis sich neue Cache-Events in der Szene herumgesprochen und etabliert haben.

Wer auf der Suche nach den kleinen Boxen in Zukunft nach Rothenburg kommt, wird außer der Tormersdorf-Runde bald noch einiges mehr entdecken können. So arbeitet der Berliner momentan an einer Uferrunde, bei der es Interessantes zur Tierwelt zu erfahren gibt. Außerdem will er eine Geschichtsrunde unter dem Titel "Die Jahreszahlen von Rothenburg" auf die Beine stellen. Ebenso etwas mit dem Stadtpark, der Kirche und einer historischen Gruft. Mitte August ist David deshalb das nächste Mal in der Stadt, um die Dinge abzugehen und Ideen zur Gestaltung der Caches zu sammeln. "Man darf die Leute nicht enttäuschen. Wenn die Qualität stimmt, kommen sie auch von weiter her." Schon jetzt, meint der geistige Kopf des neuen Rothenburger Tourismus-Booms, würden an den Wochenenden 10 bis 15 Boote mehr auf der Neiße schippern, besetzt mit drei bis vier Geocaching-Teams.