Von Alexander Kempf
Für Matthias Schur startet in dieser Woche der vielleicht wichtigste Bauabschnitt seit langer Zeit. Zwischen der Konrad-Wachsmann-Straße und der Schulstraße hat sein Unternehmen in den vergangenen Monaten eines von zwei Mehrfamilienhäusern errichtet. Nun, da der Rohbau fertig ist, sollen die ersten Gespräche mit den neuen Mietern geführt werden. Es wird also ernst. Nun zeigt sich, wie gut die modernen Wohnungen angenommen werden. Der Geschäftsführer macht sich selbst wenig Sorgen. „Es zeigt sich schon jetzt, dass Interessenten schnell sein müssen“, sagt er. Denn die Nachfrage und die Neugier nach den Wohnungen sei vorab bereits groß gewesen.

Und trotzdem sind die nächsten Tage spannend. Denn der Baubetrieb Schur wagt sich auf ein für Niesky neues Terrain. Im Schnitt liegen die Kaltmietpreise in der Großen Kreisstadt zwischen fünf und 5,50 Euro. Die neuen Wohnungen des Baubetriebs werden preislich darüber liegen. Matthias Schur kalkuliert derzeit mit sieben Euro pro Quadratmeter. „Die Preise werden im oberen Bereich liegen, aber wir sind auch mit der Wohnqualität im oberen Bereich“, sagt der Unternehmer. Jede Wohnung ist barrierefrei bis zum Balkon. Außerdem gibt es im Haus einen Aufzug und für jede Wohnung wird mindestens ein Stellplatz garantiert.
Bei den Parkplätzen beweist der Baubetrieb Schur schon heute viel Weitsicht. Denn für die Mieter sind Steckdosen vorgesehen, sodass sie perspektivisch ein Elektroauto aufladen können. Während Niesky also noch darüber debattiert, ob es in der Stadt eine öffentliche Ladestation für Elektroautos braucht, schafft der Unternehmer Fakten. „Ich bin überzeugt, dass die Elektromobilität kommt“, sagt Matthias Schur zuversichtlich. Um das zu unterstreichen, greift er zu seinem Telefon und liest eine aktuelle Meldung vor. Tesla, ein amerikanischer Autobauer, erreiche mit seinem neuesten Modell mittlerweile eine Reichweite von 615 Kilometer. Der Weg zum Massenmarkt ist nicht mehr sehr weit, ist Matthias Schur überzeugt. „Wir haben in naher Zukunft mehr Elektroautos zu erwarten“, sagt der Unternehmer.
Doch ob eine Steckdose am privaten Parkplatz für Mieter mal eine Notwendigkeit wird, bleibt abzuwarten. Noch sind die Verkaufszahlen für Elektroautos trotz staatlicher Förderung überschaubar. Erst wenige Tausend Menschen haben die Prämie bisher tatsächlich beantragt. Ob ab Mai wirklich Mieter mit einem Elektroauto einziehen, das kann dem Bauherrn aber auch egal sein. Zumindest sind die Voraussetzungen dafür geschaffen.
Einen Wunsch hat Matthias Schur dennoch. Er hofft, dass die Klientel in den beiden Häusern bunt gemischt wird. „Natürlich haben wir ein verstärktes Interesse an Familien“, sagt der Geschäftsführer. Denn er hat nicht nur das Haus, sondern auch das Quartier im Blick. Nebenan hat sein Unternehmen bereits das Gebäude der ehemaligen Berufsschule saniert, wo heute ein betreutes Wohnen angeboten wird. Außerdem ist gegenüber ein Neubau entstanden, wo diesen Sommer eine Tagespflege, eine Intensivpflege und eine Ärztin eingezogen sind. Junge Familien würden den Altersschnitt in der Umgebung senken.
Schon bei den Grundrissen wird deutlich, wen der Bauherr bei seinen Planungen als Mieter im Auge gehabt hat. Denn zwischen Konrad-Wachsmann-Straße und Schulstraße entstehen ein halbes Dutzend Vierraumwohnungen. Gerade die sind in der Stadt bisher eher Mangelware und daher entsprechend begehrt. Insgesamt wächst der Nieskyer Mietmarkt mit den neuen Häusern um 21 Wohnungen. Vielleicht gelingt es dem Bauherren sogar, Niesky Zuzug zu verschaffen. Erste Anfragen von außerhalb gebe es bereits. Denn Niesky sei für viele Mieter attraktiv. „Wir könnten noch mehr vermieten“, sagt Matthias Schur, „wenn wir den entsprechenden Wohnraum hätten.“ Gerade Rückkehrer würden hohe Standards einfordern. Sie will der Baubetrieb mit ökologischem Putz und allergikerfreier Farbe überzeugen.
Doch nicht nur private Bauherren investieren in Niesky. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft saniert gerade in der Käthe-Kollwitz-Straße einen Altbau. Auch das sogenannte DEWOG-Haus soll den Nieskyer Mietmarkt um neue Standards bereichern. Die ersten acht Wohnungen, hofft Geschäftsführer Wilhelm Fischer, werden im Frühjahr 2017 fertig. Er rechnet damit, dass die neuen Wohnungen preislich rund einen Euro über dem Nieskyer Durchschnitt von fünf bis 5,50 Euro liegen. Einen offiziellen Mietspiegel für die Stadt gibt es nicht. Auch der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft ist nicht bange, Mieter zu finden. „Wir haben schon viele Gespräche geführt“, so Wilhelm Fischer.