Von André Anwar
Stockholm. Nach wochenlangen Spekulationen ist es nun offiziell. Der finnische Handy-Pionier Nokia will trotz des Verkaufs seiner Handysparte an Microsoft wieder in das Mobiltelefongeschäft einsteigen. Schon Ende nächsten Jahres könnten die ersten neuen mobilen Telefone auf den Markt kommen. Dann sei die mit Microsoft vereinbarte Sperrfrist für den Wiedereinstieg in das mobile Geschäft abgelaufen, heißt es vom Konzern.
Nokia war lange Jahre der mit Abstand größter Handyhersteller der Welt und hatte für den wirtschaftlichen Aufstieg Finnlands nach der tiefen Wirtschaftskrise in den Neunzigerjahren erhebliche Bedeutung. Doch der Konzern verschlief zunächst den Übergang zum Kamerahandy und dann zu den computerähnlichen Smartphones. Die Allianz mit dem US-Softwaregiganten Microsoft 2011 kam zu spät. Sie missglückte völlig.
Längst hatten der US-Konzern Apple und der koreanische Hersteller Samsung sich erfolgreich auf dem neuen Wachstumsmarkt der intelligenten Handys etabliert. Die Smartphones von Nokia und Microsoft wurden Ladenhüter. 2013 verkaufte der finnische Nokia-Konzern seine Handy-sparte dann gänzlich an Microsoft für 5,44 Milliarden Euro. Nokia mit Hauptsitz im nahe der Hauptstadt Helsinki liegenden Espoo verlor damit rund die Hälfte seines Umsatzes und ein Drittel seiner Mitarbeiter. Ihm verblieb die gut laufende Netzwerkausrüstungssparte, wo es etwa mit dem schwedischen Netzwerkausrüster Ericsson konkurriert.
Dem Microsoft-Konzern, der letztes Jahr den Namen Nokia von den Handys entfernte, doch den Namen „Lumia“ behielt, gelang es nicht, der Konkurrenz Marktanteile abzutrotzen. Erst letzte Woche gab Microsoft bekannt, dass 7 800 Stellen im Handybereich gestrichen werden.
Anscheinend ist Nokia zu dem Schluss gekommen, dass es noch Platz für einen weiteren großen Hersteller auf dem Markt gibt. Nun sucht der Konzern nach Partnern für das Mammutprojekt. Nokias Kriegskasse ist dank dem Verkauf der Handysparte gut gefüllt. Doch der Konzern will nicht die gleichen Fehler wie einst machen. Nokia will dieses Mal organisatorisch schlank bleiben und nur für das Produktdesign und den Markennamen stehen. So sollen Herstellung, Verkauf, Werbung und Kundendienst von anderen Firmen übernommen werden. „Nokia wird ein virtueller Mobiltelefonhersteller“, sagt der finnische Analytiker Lars Söderfjell von der Alandsbank. Nokia werde bei der Software auf Googles Betriebssystem Android setzten. Die Finnen haben bereits 2014 eine vergleichbare Kooperation für den Tabletcomputer Nokia N1 lanciert, der vom taiwanesischen Foxconn-Konzern hergestellt wird. Foxconn ist auch für den Verkauf, die Werbung und den Kundendienst zuständig. Das N1 ist derzeit nur in wenigen Ländern erhältlich.
Auch bei den Handys sei Foxconn ein wichtiger Partner für die Herstellung, so Söderfjell. Allerdings heißt es von Nokia selbst, dass es nach weiteren Partnern für Herstellung, Verkauf und Werbung sucht. „Im Prinzip geht es für Nokia nur darum, ein neues Design zu entwerfen und dann eine Lizenzabgabe von Herstellern zu nehmen“, so Söderfjell.
Gleichzeitig stärkt Nokia auch seine Position im Netzwerkausrüstermarkt. Im April wurde bekannt, dass Nokia den französisch-amerikanischen Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent übernimmt.
Der Konzern könnte im Bereich seiner IP- und Cloud-Dienste auch bei einer Handysparte wichtige Servicefunktionen übernehmen. (dpa)