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Notsicherung für Ex-Poliklinik

Der Landkreis hofft weiter auf einen Investor. Warum der Verkauf an die Chinesen scheiterte. Und kommt bald der große Retter?

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Großenhain. Eigentlich sollte seit Dienstag ein Kran vor der ehemaligen Poliklinik auf der Mozartallee stehen. Der Schönfelder Dachdeckermeister Lutz Krause soll das über 100 Jahre alte Gebäude im Auftrag des Landkreises Meißen notsichern. Doch parkende Autos versperren den Stellplatz. Allerdings gibt es auch kein ausgeschildertes Halteverbot. Das verzögert die dringenden Dachdeckerarbeiten. „Durch das Sturmtief Friederike haben wir an der Poliklinik ein echtes Problem“, sagt Frank Däweritz, der Leiter des Kreisamtes für Hochbau und Liegenschaften, Dachziegel sind heruntergefallen. Es kann hineinregnen. „Das Gebäude wird dadurch nicht besser“, so der Amtsleiter. Zwar fegte Friederike bereits am 18. Januar dieses Jahres über Großenhain hinweg, aber Kälte, Frost und zuletzt auch Regen ließen aus Sicherheitsgründen keinen zeitigeren Ausbesserungstermin zu.

Dachziegel drohen herunterzufallen.
Dachziegel drohen herunterzufallen. © Klaus-Dieter Brühl

Seit der Wende steht das 1912 errichtete Gebäude, das ursprünglich eine Lederhandlung und eine Bank beherbergte, leer. 1954 wurde es teilweise zur Poliklinik umgebaut, besaß aber auch mehrere Wohnungen. Däweritz hat den Fall Poliklinik seit der Kreisfusion 2008 auf dem Tisch. „Seitdem versuchen wir, einen Investor dafür zu finden“, sagt er. Das sei nicht so einfach. Denn das Gebäude gehört zu etwa zwei Dritteln dem Landkreis Meißen und zu einem Drittel einer Erbengemeinschaft, die zum Teil auch noch in Brasilien lebt. „Das Grundstück einzeln zu vermarkten, wird schwierig“, so Däweritz. Deshalb wurde damit der Weinböhlaer Immobilienmakler Henry Kienzle beauftragt. Ab und zu gebe es auch Anfragen von Interessenten. Aber stets hätten sich alle Hoffnungen leider in Luft aufgelöst.

So auch vor zwei Jahren, als bekannt wurde, dass Chinesen die ehemalige Poliklinik kaufen wollten. Diese wurden vom Kamenzer Immobilien- und Verwaltungsunternehmen ZF (Zander/Flachowsky) als mögliche Investoren ins Boot geholt. Das bestätigt dessen Geschäftsführer Stefan Flachowsky. ZF ist spezialisiert auf die Vermietung und Verwaltung von senioren- und behindertengerechten Wohnungen. Die ehemalige Poliklinik schien ideal dafür. Sie sollte das erste große Bauprojekt des Kamenzer Unternehmens werden.

Es hatte damals mehrere Objekte in Sachsen in die engere Auswahl genommen. Großenhain gehörte dazu. „Doch wir wollten uns erst mal auf ein Projekt festlegen“, sagt Flachowsky. Am Ende entschieden sich die Kamenzer für die alte Stiftsschule im Freitaler Stadtteil Burgk. „Freital hat relativ schnell Nägel mit Köpfen gemacht“, nennt Flachowsky den Grund, warum ZF der dortigen Stiftsschule den Vorzug gab. Doch zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass das Kamenzer Unternehmen die Burgker Stiftsschule bereits Mitte 2015 kaufte und das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht. Ganz im Gegenteil zur Poliklinik in Großenhain, was deren Verkauf zusätzlich erschwert.

Im Vergleich zur Stiftsschule – sie wurde für 251 000 Euro an ZF verkauft – ist die hiesige Poliklinik allerdings ein Schnäppchen. Immobilienmakler Kienzle versucht auf seiner Internetseite, das „charmante Mehrfamilienhaus“ mit einem Gesamtpreis (also für beide Gebäudeteile von Landkreis und Erbengemeinschaft) mit einer fünfstelligen Summe an den Mann zu bringen. „Wir sind schon daran gehalten, uns an den Verkehrswert zu halten“, sagt Däweritz. Das sei der Landkreis vor allen den Steuerzahlern schuldig. „Ansonsten stehe ich plötzlich bei Mario Barth auf der Bühne“, witzelt der Meißner Amtsleiter. – In der RTL-Sendung „Mario Barth deckt auf“ geht der bekannte Komiker Fällen von Steuerverschwendung nach.

Neue Interessenten

Darüber muss sich Däweritz wohl bald keine Sorgen mehr machen. Wie die SZ Großenhain erfahren hat, gibt es neue Interessenten für die ehemalige Poliklinik an der Mozartallee. Ein Name der möglichen Käufer ist der SZ bekannt, doch der Investor bat, bis zur Abgabe eines Kaufangebotes unerkannt zu bleiben.

Umso wichtiger ist es, dass die Dachdecker die Poliklinik sichern. Denn vielleicht sind hier schon bald mehrere Baufirmen vor Ort, um aus der Investruine ein Schmuckstück zu machen. Dem Großenhainer Stadtbild würde das nur guttun.